Zerwüteter Pakt (German Edition)
vorbereitet zu sein. Gloria griff mit beiden Händen an ihren Hals und wiederholte, was Arsenjo zuvor ihr angetan hatte. Melina wandte sich aus ihrem Griff, doch Gloria wirkte so hasserfüllt, dass sie wild um sich schlug. Damit hatte Melina nicht gerechnet. Gloria schlug so fest auf sie ein, wie sie es selbst nie für möglich gehalten hätte. So dauerte es sogar einige Sekunden, bis sie realisierte, dass Melina sich ins Nichts aus dem Staub gemacht hatte.
Wutentbrannt hielt Gloria inne. Und sofort überkam sie die schleichende Angst, dass der Angriff auf Melina vor ihrem neuen Herrn ein Nachspiel haben würde, bei dem sie wahrscheinlich den Kürzeren zog! Ruhelos legte sich Gloria aufs Bett. Und obwohl sie die Angst vor drei teuflischen Wesen plagte, siegte schließlich die Müdigkeit und sie schlief erschöpft ein.
Gegen halb sieben Uhr abends erwachte Gloria und fühlte sich fit. Irritiert schaute sie auf ihren Radiowecker: Sie hatte nur vier Stunden geschlafen. Reichte einem zwischenirdischen Wesen dieser Schlaf bereits aus? Gloria stand auf, ging ins Bad und zog sich um. Die Striemen an ihrem Hals waren verschwunden und sie erinnerte sich an Kirts Erklärungen, dass auch bei ihm Verletzungen viel schneller heilten als bei Menschen. Diese Tatsache würde ihr Vater allerdings mal wieder nicht verstehen… Gloria föhnte sich die Haare und ging zurück in ihr Zimmer. Sie setzte sich aufs Bett und ließ Revue passieren, was innerhalb der letzten 24 Stunden geschehen war.
Es dauerte ein wenig, ehe sich langsam verdeutlichte, in welch heimtückische Falle sie getappt war. Und erst jetzt wurde ihr richtig bewusst, dass Magnus sie offensichtlich seit Kirts Tod nicht mehr aus den Augen gelassen hatte: Das Buch auf dem Schiff wäre ihr mit Sicherheit nie aus den Händen gefallen… Die rote Schrift… Der Besuch der Wartburg… Gloria begriff plötzlich, dass sie in all ihrem Tun und Handeln von zwei teuflischen Kreaturen begleitet und beeinflusst wurde.
Maribells Warnung hatte man mit Sicherheit belauscht. Und nur weil Maribell Gloria riet, Melina nicht zu glauben, hatte die Hexe mit Absicht von einer Verwandlung abgeraten und gesagt, dass Gloria dafür nicht geschaffen sei. Es hatte nichts mit Fürsorge sondern mit List zutun! Und so mancher Streit mit ihrem Vater wäre nie zustande gekommen… hätten Magnus und Melina nicht ihr Zutun gegeben!
Gloria grübelte nach. Sie dachte an Kirt… an Maribell. Konnte sie es wagen, das Haus zu verlassen? Was würde ihr Vater denken, wenn er nach ihr sah, sie jedoch verschwunden war? Und noch etwas anderes plagte Gloria: Ihr schlechtes Gewissen vor Atume und Maribell. Beide hatten sie gebeten, Ruhe zu bewahren. Gloria strich sich mit den Händen übers Gesicht. Sie war so furchtbar dumm! Die schlimmsten Augenblicke im Leben schienen wohl jene, in denen man sich selbst hasste. Gloria ärgerte sich so sehr, dass sie nicht einmal mehr in den Spiegel schauen wollte. So blöd und naiv konnte man doch gar nicht sein, doch im Nachhinein war man immer schlauer.
Während der gesamten letzten Zeit hatten Melinas Reden und Antworten stets wie Puzzlestücke ins Gesamtbild gepasst. Sie hatte ihre Rolle derart gut gespielt, dass Gloria ihr auf den Leim gegangen war. Gloria setzte sich traurig auf einen Stuhl. Ihr Blick fiel auf das CD-Regal. Kurzerhand sah sie nach der Postkarte, auf der der Namen Arsenjo stand. Tja… Ihr Vater behielt Recht – an dieser Karte klebte das Böse!
Gloria wartete, bis sich Herr Truhst am nächsten Morgen an die Arbeit verabschiedete. Eigentlich hätte auch sie zur Schule gemusst, doch ihr Vater gestand ihr ein, diesen Tag zu Hause bleiben zu dürfen. Das war ihre Chance! Die gesamte Nacht zuvor hatte Gloria im Internet gesurft und sich Landkarten eingeprägt. Dafür musste sie noch nicht einmal durchs Haus schleichen: Lautlos erschien sie stets genau dort, wo sie hinwollte. Sie musste lediglich achtgeben, nicht gesehen zu werden.
Kaum fuhr Herr Truhst aus der Einfahrt, schloss Gloria die Augen und verschwand in die Welt der Seelen. Der Anblick ihrer Schlieren erstaunte sie noch immer… Gloria verließ das Haus und machte sich auf den Weg zum Atlantik. Das Reisen als Seele funktionierte von Mal zu Mal besser und als sie in das kühle Meerwasser eintauchte, fühlte sie sich noch leichter als zuvor. Sie glitt durch die Wellen und suchte den Mittelatlantischen Rücken. Das war allerdings nicht einfach, denn dieser erstreckte sich gigantisch weit über den
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