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Zielstern Beteigeuze

Zielstern Beteigeuze

Titel: Zielstern Beteigeuze Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl-Heinz Tuschel
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an: „Das Gerät auseinandernehmen. Baugruppen überprüfen und auswechseln, wenn auch nur die geringste Abweichung eintritt. Und wenn euch dabei noch etwas einfällt, was die Meßtechnik und Meßgenauigkeit erhöht...“ Sie vollendete den Satz nicht. Statt dessen schloß sie mit einer Bemerkung, die offensichtlich ihrer eigenen Nervosität entgegenwirken sollte: „Laßt euch Zeit, seid gründlich!“
    Diese Aufforderung war zwar bei Ri und Gibbi überflüssig, aber die beiden waren nicht übelnehmerisch, sie faßten sie einfach als gewohnten Hinweis auf. Kiliman aber atmete auf - für ihn, der Atacama mit Sorge betrachtet hatte, war diese Bemerkung ein Beweis, daß die CE sich wie gewohnt auch bei größter Anspannung fest in der Hand hatte.
    Die folgende Stunde schien seinen Eindruck zu bestätigen. Die CE rechnete ununterbrochen, sie überprüfte wohl irgend etwas im Zusammenhang mit den gemessenen Veränderungen; das Ehepaar arbeitete ruhig und besonnen an seinem Auftrag, und Dela wertete Messungen aus, die den Innenraum des stellaren Systems betrafen.
    Was dann geschah, wäre einem Unbeteiligten wohl eher komisch vorgekommen. Es war aber keiner an Bord des Raumschiffs innerlich unbeteiligt: Dela nicht, die sich in diesen Minuten von ihrem langjährigen Vorbild losriß; das Ehepaar nicht, das zu Recht beleidigt war; Kiliman nicht, dessen Sorge um die CE erneut aufbrach - und schon gar nicht Atacama selbst, die von der Hochspannung der Situation in der selbstgewählten falschen Richtung erbarmungslos vorwärts getrieben wurde, bei einer nun schon fast lächerlichen Einengung des Urteilsvermögens. Trotz ihres derzeitigen Unvermögens und trotz der Wahl der falschen Richtung gelang es ihr als erster, das entscheidende Entweder-Oder der gesamten Expedition kurz und klar zu formulieren.
    Die Meßtechniker übergaben das überholte Gerät mit dem Hinweis, sie hätten die Empfindlichkeit, wenn auch geringfügig, erhöhen können. Als Atacama es einschaltete, zeigte es den gleichen, unveränderten Wert wie vorher an.
    „Ihr habt die Empfindlichkeit gesenkt, nicht erhöht“, sagte Atacama.
    Vielleicht wäre die Situation normal geblieben, wenn sie das ungeduldig, ärgerlich, nervös gesagt, geschrien, geflüstert oder geschluchzt hätte. Aber sie hatte das in einem kalten, sachlichen Ton gesagt und mit einer unumstößlichen Gewißheit, die um so provozierender wirken mußte, als ihr jede sachliche Grundlage fehlte - sie konnte eigentlich nur so aufgefaßt werden: Es müsse so sein, weil sie es so wolle.
    Das sprach denn auch Gibralt aus - es fiel ihm nicht leicht, nur die Empörung trieb diesen Gedanken aus ihm heraus, und da er ebenso ungeschickt wie unerfahren war in solcherlei Zusammenstößen, schlüpfte der Gedanke in die vorgeprägte Form des Zitats: „Weil nicht sein kann, was nicht sein darf?“
    „Falls Sie das Gedicht ganz kennen und nicht nur seine Schlußzeile“, sagte Atacama, und das Sie war eine noch deutlichere Zurückweisung als der Inhalt der Worte, „dann werden Sie feststellen, daß sich dort das Dürfen auf juristische Gesetze bezieht, während es in unserm Zusammenhang um Naturgesetze geht.“ Und dann gab sie eine Reihe von Aufträgen, die alle in die Richtung genauerer Messungen gingen und die zeigten, daß sie inzwischen auch gearbeitet hatte.
    Noch einmal hatte sie ihre Autorität gewahrt. Aber nicht einmal sie selbst täuschte sich darüber hinweg, daß ihre Position in den Augen der anderen gelitten hatte, und sie bat Kiliman zu einem persönlichen Gespräch.
    „Warum hilfst du mir nicht?“ fragte sie erregt, als sie allein waren. „Warum greifst du nicht ein, wenn die Disziplin sinkt?“
    „Tut sie das?“ fragte Kiliman. „Tut irgend jemand nicht das, was ihm aufgetragen ist? Also meiner Meinung nach, entschuldige, wenn ich das so kraß sage, hat Gibralt durchaus recht, wenn er deine Provokation zurückweist.“
    „So, meine Provokation“, sagte Atacama, scheinbar ruhig. „Also gut, vielleicht war meine Äußerung provozierend. Vielleicht sind wir aber auch in einer Situation, in der das normale Pflichtbewußtsein nicht mehr ausreicht, in der Erregung gebraucht wird, die zusätzliche psychische Reserven freisetzt! Und womit willst du unsere beiden völlig aufeinander bezogenen Eheleute überhaupt erregen?“
    „Soll das heißen, du hast diese Behauptung im vollen Bewußtsein ihrer Unsinnigkeit aufgestellt?“
    „Natürlich nicht.“
    „Dann suchst du also jetzt ihre

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