Ziemlich böse Freunde: Wie wir die Bandidos in Deutschland gründeten (German Edition)
Mitgliedschaft harte Jahre voraus, in denen die Anwärter sich ganz schön reinhängen müssen.
Und dann soll es auch so sein, dass ein Kerl sein Colour mit Stolz und Würde trägt, aber es gibt eine feine, manchmal fast unscheinbare Grenze zwischen Stolz und unangemessener Arroganz oder Dünkelhaftigkeit. Und eines ist hierbei ganz entscheidend: Wer bereits vor seiner Mitgliedschaft in einem Weltclub etwas war, wird ein solches Verhalten später nie nötig haben. Wer sich jedoch ausschließlich über sein Colour – oder in anderen Bereichen beispielsweise nur über seine Uniform – definiert, wird immer ein Arsch bleiben, ob als Rocker oder als Polizist.
Dieser gemeinsame Abend lief also, wie man es erwarten kann, verheerend ab und endete in einem unglaublichen Kater. Mir war sofort klar, dass ich mich auf diesen Typen uneingeschränkt verlassen konnte, und es dauerte nicht lange, da holte mich Les, der damals Vizepräsi der Ghostrider in Gelsenkirchen war, Anfang 1985 rüber in seinen Club, was gar nicht so einfach gewesen war, weil ich zuvor einem Ghostrider in Hannover einen neuen Scheitel gezogen hatte und so was natürlich nicht gerne gesehen war.
Aufs Maul
von Les H.
Es war in der Tat so, dass unsere noch sehr frische Freundschaft nach nur wenigen Wochen auf die Probe gestellt wurde. Die Devils und die Gelsenkirchener Ghostrider waren zusammen beim »ASGARD MC« in Osnabrück zu einer Party eingeladen, und zu der Feier war auch ein Ghostrider Chapter aus Hannover zu Besuch. Bei denen gab es einen Typen, der Popeye genannt wurde und in meinen Augen eine ziemliche Arschbacke war. Große Schnauze, dumme Sprüche, nervige Stimme – einfach eine Figur, die ich nicht leiden konnte und bei der ich mich auch fragte, warum ich eine Pappnase wie diese zu meinen Brüdern zählen sollte. Aber das sind nun mal die Regeln.
Ich beobachtete, dass der Vogel meinem Kumpel Peter von Minute zu Minute mehr auf den Sack ging, und ich dachte noch für mich, dass es nur noch eine Frage der Zeit war, bis es ordentlich schepperte. Plötzlich kam er mit einem Pappbecher um die Ecke und meinte, wir müssten nun alle daraus trinken. Ich hatte keine Ahnung, was da für ein Fusel drin war, aber ich sah, wie Peter mit einem Mal richtig die Galle hochkam. Die ersten drei Typen hatten bereits aus dem Becher gesoffen, als Kollege Ghostrider unserem Peter den Becher unter die Nase hielt.
Ich hör noch, wie er sagte, dass er das noch nicht einmal in der Kirche machen würde, wenn der Weinkelch rumginge. Und dass er sich mit dem angesifften Kelch besser verpissen solle. Und das war dann der Spruch zu viel. Der Kollege machte sich vor Peter groß, fing an, ihn ein bisschen zu rempeln, und dann klingelte auch schon die Abendkasse. So schnell konnte man kaum schauen, wie Peter diesem Vogel eine gepflastert hatte, und dann war erst einmal Ruhe in dem Raum.
Peters Präsi Ayala von den Devils war außer sich. Man war schließlich zu Gast bei einem befreundeten Club und aus seiner Sicht gehörte es sich gar nicht, in solch einem Rahmen einen Ghostrider umzuhauen. Er ging zu Peter hin und nahm ihm noch an Ort und Stelle für diesen Abend seine Colours ab. Daraufhin zog unser Kumpel Charly ebenfalls seine Kutte aus und hielt sie dem konsternierten Präsi unter die Nase. Der Abend war gelaufen.
Peter saß draußen und hatte einen dicken Hals, drinnen redeten alle nur noch über diese Geschichte. Für mich war das natürlich auch irgendwie eine blöde Sache. Einerseits hatte Peter einen meiner »Brüder« umgepölt, auf der anderen Seite ging mir diese Flachpfeife natürlich total am Arsch vorbei. Und gleichzeitig war mir auch klar, dass es nun schwierig, wenn nicht sogar unmöglich werden würde, Peter irgendwann bei den Ghostriders einzuführen.
Na ja, ein paar Wochen später musste auch ich diesem Vogel aus Hannover zu einem anderen Anlass eine aufs Maul geben, woraufhin ich dann zu Peters Präsi gegangen bin, um diesem zu erklären, dass Peter nun wirklich nichts Falsches getan hätte.
Peter hatte seine Colours zurückbekommen, aber längst keine Lust mehr auf die Devil Snakes gehabt und mit dem Gedanken gespielt, den Club zu wechseln, weil es bei den Snakes bereits die ersten Auflösungserscheinungen gab. Er und Charly verließen die Devils kurze Zeit später. Völlig enttäuscht und vor allem desillusioniert. Von Brotherhood war für sie nicht mehr viel übrig. Der Club, so wie Peter ihn mir schilderte, war nur noch ein
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