Ziemlich böse Freunde: Wie wir die Bandidos in Deutschland gründeten (German Edition)
im Kanton Thurgau zusammengeklatscht und ihm danach das Colour abgenommen hätten. Die Schweizer fragten um Hilfe an und es war klar, dass wir die Jungs da unten im Süden nicht alleine lassen konnten. Und so kam es dann, dass wir uns mit acht Mann auf den Weg nach Weinfelden machten, um unserem Bruder sein Colour wieder zurückzuholen.
Dass die Aktion gegen die Angler gerichtet war, machte die Sache natürlich nur noch aufregender, zumal wir in Gelsenkirchen bislang nichts mit den Anglern zu tun gehabt hatten. Man hatte einiges über diesen Verein gehört und der Ruf ihrer amerikanischen Brüder und Vorbilder eilte den europäischen Ablegern selbstverständlich voraus, aber ob das wirklich die superharten Jungs waren, wie alle immer berichteten, wollten wir nun selbst herausfinden.
Bei unseren eidgenössischen Brüdern angekommen, wurde schnell klar, dass die Jungs zwischenzeitlich zu dem Schluss gekommen waren, sich doch lieber nicht mit den Rot-Weißen anzulegen. Das war natürlich ein Ding. Zuerst rufen die Brüder uns aus dem Ruhrgebiet zur Hilfe, wir fahren da rund 600 Kilometer hin, um dann zu erfahren, dass die ganze Sache wieder abgeblasen wird!
Nach kurzer Beratung war die Sache klar: Solche Pfeifen hatten es nicht verdient, das Ghostrider-Patch zu tragen, und so wurden diese Jungs in null Komma nichts zusammengeklatscht und die gelben Ghostrider Schweiz von unserer Delegation dichtgemacht. Den Kofferraum voll mit Ghostrider-Colours, ging es zurück nach Gelsenkirchen, und ich will die blöden Sprüche, die wir uns von unseren Brüdern zu Hause anhören mussten, hier nicht wiedergeben. Wir wurden natürlich nach Strich und Faden verspottet, weil wir mehr als 1000 Kilometer gefahren waren, um dann mit leeren oder fast leeren Händen wieder heimzukehren.
Wir waren heldenhaft und wild entschlossen aufgebrochen, um den Schweizer 81ern die Zündung neu einzustellen, und kamen mit einer Kofferraumladung Ghostrider-Colours zurück, ohne einen Angler auch nur aus der Entfernung gesehen zu haben. Eine Schmach sondergleichen und eine Geschichte – das hatten wir uns geschworen –, die sich nie mehr wiederholen durfte. Das hatten wir im Hinterkopf, als wir 1990 einen Anruf unserer Brüder aus Ulm bekamen. Der nächste Hilferuf, die nächste Fahrt in Richtung Süden. Und dieses Mal durften wir keinesfalls wieder mit leeren Händen nach Hause kommen …
Der Überfall
von Peter M.
Bei der Sache in Ulm gab es natürlich auch eine Vorgeschichte. 1988 hatte es zum ersten Mal richtig Ärger zwischen unseren Brüdern in Ulm und dem »MC Road Gang« aus Mietingen, einem Kaff im Kreis Biberach, gegeben. Die sind jedoch nicht mit unseren Freunden, der Road Gang aus Saarbrücken, zu verwechseln. Eine Messerstecherei, bei der zwei Jungs aus Mietingen etwas abbekommen hatten. So etwas ist unschön, kommt aber in Rockerkreisen schon einmal vor und wird – wie wir es bereits beschrieben haben – untereinander, also auf dem kleinen Dienstweg, geregelt.
Die Herren aus Mietingen kannten aber das in unseren Kreisen geltende Recht, das Gesetz des Schweigens, offenbar nicht. Oder sie hielten ganz einfach nichts von der weltweit verbreiteten Rockerehre, die eben besagt, dass man in Fällen wie diesen weder mit der Polizei noch mit Juristen oder Pressevertretern spricht. Die Road Gang rannte zur Polizei und zwei unserer Brüder wurden wegen dieser Messerstecherei angeklagt. Ein klarer Verstoß gegen die guten Sitten, und so wurden wir von unseren Ulmer Freunden auf einem Treffen in Wuppertal Pfingsten 1990 gebeten, im Süden der Republik ein wenig Nachhilfeunterricht in Sachen Rockerehre zu geben. Eine solche Einladung nahm man natürlich herzlich gerne an.
Der Plan war relativ simpel: Wenn es zu einer Auseinandersetzung mit der Road Gang in Mietingen kommen würde, wäre der Verdacht natürlich sofort auf unsere Ulmer Brüder gefallen. Diese Spur hätte sich dann jedoch in Luft aufgelöst, wenn die Ulmer für den fraglichen Zeitraum ein handfestes Alibi hätten vorweisen können, wenn sie sich also irgendwo öffentlich gezeigt hätten – auf einer Party, in einer Kneipe oder sonst wo. Wir sollten zusammen mit vier weiteren Brüdern vom Chapter Wuppertal die Handarbeit erledigen und lediglich einer der Ulmer wäre als Ortskundiger mit dabei gewesen. So oder so ähnlich geht man nun mal in Fällen wie diesem vor.
Als Termin war der 5. Juni ausgemacht, ein Freitagabend. Wir hatten also im Vorfeld noch rund zwei Wochen Zeit, die
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