Ziemlich böse Freunde: Wie wir die Bandidos in Deutschland gründeten (German Edition)
grandios versohlt und dann per Arschtritt mit den besten Empfehlungen an die Hintermänner aus dem Lokal befördert. Man muss an dieser Stelle wohl nicht weiter betonen, dass es in der Folgezeit zu keinerlei Nachforderungen von Seiten der Russlandinkasso mehr kam …
Was aber hätte ein einfacher, »normaler« Wirt getan? Nun, er hätte vermutlich so bezahlt, wie alle bezahlen, bei denen die freundlichen Herren auftauchen. Und hier kommen wir auf einen weiteren, sensiblen Punkt zu sprechen: Warum schließt sich der eine oder andere Gastronom oder Puffbetreiber den großen, international agierenden Rockergangs an? Weil er dann seine Ruhe hat. Eine Ruhe und Sicherheit, die ihm die Polizei naturgemäß nicht bieten kann.
Um gleich die ersten unschönen Gedanken aus der Welt zu räumen: Nein, die Bandidos bieten keinen Schutz gegen Geld! Und der Bandidos MC betreibt keine Puffs, was ja auch immer wieder gerne behauptet wird. Einzelne Mitglieder unseres Clubs betreiben Bordelle – das ist richtig. Andere wiederum unterhalten Kneipen, Tattoogeschäfte, Dachdeckerfirmen oder Motorradläden.
Im Prostitutionsgewerbe hat sich in den vergangenen Jahrzehnten leider die Unsitte der Schutzgelderpressung eingeschlichen. Ebenso im Bereich der Gastronomie. Kaum ein Wirt wird dies auf Nachfrage so ohne Weiteres bestätigen, aber dass beispielsweise damals diese russischen Schwachmaten in unsere kleine Kneipe in Gelsenkirchen gekommen sind, sagt schon einiges aus. Wir konnten uns damals – verbunden mit einer gehörigen Portion Spaß – wunderbar wehren, aber andere, und das sind die meisten, können das eben nicht.
Ich würde auch den Polizeibehörden keinen Vorwurf machen wollen, denn würden die jeden einzelnen Laden beschützen wollen, der unter Schutzgelderpressungen leidet, könnten die Bundesländer mehrere Hunderttausend neue Stellen ausschreiben. Besonders die Betreiber von Bordellen, Laufhäusern oder Saunaclubs sind vielfältigem Druck ausgesetzt. Da wären zum einen die massiven Schutzgeldgeschichten, und zum anderen müssen diese Leute fast täglich damit rechnen, dass russische, albanische oder sonstige einschlägige Unternehmertypen ihnen irgendwann den Laden abnehmen, sobald er gut läuft.
Ist der Besitzer eines solchen Gewerbes allerdings Mitglied bei den Bandidos oder einem anderen Weltclub, sieht die Lage schon ein wenig anders aus. Da die Herrschaften aus dem Schutzgeld- oder Übernahmegewerbe in der Regel gut informiert sind – von den Dumpfbacken, die uns besucht hatten, einmal abgesehen –, werden sie es sich sehr gut überlegen, bei einem Bandido zu intervenieren. Denn dieser hat genügend Brüder, die ihm von Fall zu Fall zur Seite stehen. Der erwähnte Bordellbetreiber bezahlt auch bei uns kein Schutzgeld, weil er ein Bruder ist und als solcher auf seinen Club zu 100 Prozent bauen kann.
Und auch hier gilt es noch einmal eine klare Grenze zu ziehen: Kein Polizist und kein Journalist würde jemals auf die Idee kommen zu behaupten, dass beispielsweise die CDU in Deutschland Bordelle betreibt, bloß weil vielleicht der eine oder andere Puffbesitzer ein schwarzes Parteibuch besitzt. Oder würde man so etwas öffentlich behaupten? Ich persönlich würde mich auf diese Schlagzeile wirklich freuen!
Bei den Motorradclubs indes geht das. Die großen Clubs werden aufgrund möglicher Vergehen einzelner Mitglieder unweigerlich als kriminelle Vereinigungen hingestellt. Und dann heißt es, die Bandidos unterhalten Bordelle und handeln mit Frauen, Waffen und Drogen. Dieser schwachsinnigen Logik zufolge würde jedes CDU-Mitglied Steuern hinterziehen und illegale Stiftungen in Liechtenstein unterhalten. Jeder Katholik wäre ein Kinderschänder und jeder Polizist ein Totschläger. Merkwürdige und vor allem gefährliche Stereotype, wie wir finden …
Als Unternehmer
von Peter M.
In unserer Kneipe hielten wir uns immer seltener auf. Der Laden war doch einigermaßen schlicht, und auch wenn wir uns zu den normalen Ruhrpottmenschen zählten – auch heute noch –, war es doch ziemlich anstrengend und auch frustrierend, den ganzen Tag mit abgestürzten Gestalten zu verbringen. In diesem Milieu warst du mehr Sozialarbeiter denn Wirt. Und da stehst du dann hinterm Tresen, hörst dir die unzähligen Einzelschicksale an – von Männern, die ihre Jobs verloren haben, oder Frauen, die zu Hause verprügelt wurden, und mittendrin steht eine mehr als 70-jährige besoffene Oma in der Kittelschürze und pisst im Stehen mitten in
Weitere Kostenlose Bücher