Ziemlich böse Freunde: Wie wir die Bandidos in Deutschland gründeten (German Edition)
Vieles mochte auch den klimatischen Bedingungen im Süden der USA geschuldet sein, da es in der Gegend ganzjährig einfach sehr viel milder ist und deutlich weniger regnet.
Die Jungs in den Staaten fuhren einfach ganzjährig auf ihren Böcken herum und ein Großteil des Rockerlebens spielte sich tatsächlich – wie im Film – unter lauem Sternenhimmel beim Lagerfeuer im Freien ab. Dazu die endlosen Straßen, die dünn besiedelten Gegenden, auf Maschinen, die bei uns nicht einmal in einer Ausstellung hätten stehen dürfen, ohne Helm dem Sonnenuntergang entgegen. Easy Rider, nur nicht auf der Kinoleinwand – der Film, den wir zu sehen bekamen, war echt. Ein Traum!
Ein weiterer Unterschied, den wir später, als wir mit den amerikanischen Bandidos unterwegs waren, feststellten, war die Tatsache, dass das Clubheim tatsächlich ein Heim war. In den US-Häusern der Outlaws wurde richtig gelebt. Da gab es immer irgendwelche Mitglieder, die dort auch wohnten. Und wenn man von einer Party oder einem Run zurück in seine Heimatstadt kam, ging das Leben in den Clubheimen weiter. Bei uns fährt jeder nach einer Veranstaltung direkt nach Hause. Man war möglicherweise mehrere Tage unterwegs und dann geht es erst einmal heim. In den USA kommen die Jungs von einer zwei- oder dreitägigen Fahrt zurück und dann geht’s erst einmal ins Clubheim. Dort wird dann ein Bierchen aufgemacht und gemeinsam an den Böcken herumgeschraubt. Ölwechsel, Wartungsarbeiten, Kiste aufpolieren, Musik hören, quatschen, abhängen. Das Clubleben in den USA war damals auf einem ganz anderen Level – und was wir dort sahen, gefiel uns richtig gut.
Ohne eine Entscheidung getroffen und ohne ausdrücklich darüber gesprochen zu haben, war jeder von uns von dem »American Way of Life« fasziniert. Und ohne einen konkreten Plan zu verfolgen, war uns spätestens dort klar geworden, dass wir uns verändern wollten. Hin zu einem Weltclub!
1995 sind wir dann mit 17 Mann ins Outlaws-Clubhaus von Daytona Beach eingeladen worden. Die Jungs, die wir in den USA kennenlernten, hatten Stil und waren allesamt schwer in Ordnung. Selbst der Weltpräsident der Outlaws, »Taco«, hatte uns damals willkommen geheißen und wir durften ohne Weiteres 14 Tage in ihrem Clubheim übernachten, als ob es das Selbstverständlichste der Welt gewesen wäre. Nein, über die Outlaws konnten wir wirklich nichts kommen lassen, und das ist alles in allem bis heute so geblieben. Die Sache reifte im Grunde seit unseren ersten Ausflügen über den Großen Teich. Dass wir am Ende nicht zu den Outlaws gingen, hatte nichts mit dem Club zu tun. Es lag vielmehr daran, dass wir in der Zwischenzeit auch ein paar europäische Bandidos kennengelernt hatten und mit denen immer mehr Zeit verbrachten.
Dass wir in der Zeit des sogenannten Rockerkrieges von Skandinavien uns als Ghostrider öffentlich zu den Bandidos bekannten, war in der Szene natürlich ein Statement. Denn das hieß am Ende auch, dass wir mit den Anglern nichts zu tun haben wollten. Die Bones zu der Zeit übrigens auch nicht …
Die Kontakte
von Les H.
Der Wechsel zu den Bandidos brauchte insgesamt drei Jahre Vorlauf. In der Vergangenheit wurde immer mal wieder behauptet, dass wir 1999, nachdem die Bones zu Rot-Weiß gewechselt waren, plötzlich und hektisch Anschluss bei den Bandidos gesucht hätten. Das ist natürlich Quatsch und wäre aus rein praktischen Erwägungen so schnell auch gar nicht möglich gewesen.
Es war damals vielmehr so, dass das Dortmunder Ghostrider-Chapter Mitte der 90er-Jahre bereits erste Kontakte zu den Kopenhagener Bandidos hatte, und zwar zu der Zeit des großen skandinavischen »Rockerkrieges«. Und diese Kontakte führten uns letztlich in die Richtung des Bandidos MC.
Der sogenannte Rockerkrieg begann im Grunde schon Anfang der 80er-Jahre. Da zofften sich in Dänemark die Hells Angels unter dem neuen Namen Undertakers MC mit den Bandidos, die es zum damaligen Zeitpunkt auf europäischem Boden nur in Frankreich gab. Dann ging die Geschichte an anderer Front weiter: In Schweden wollten die 81er die Entwicklung des Morbids MC zu einem Großclub verhindern, woraufhin diese sich auch mit den europäischen Bandidos verbündeten. In Norwegen indes verbündeten sich die Outlaws mit den Bandidos, und so kam es im Januar 1994 in Helsingborg, im Clubhaus der Morbids, zu einer ersten Schießerei, bei der jedoch keiner verletzt wurde.
Im Februar desselben Jahres kam es im schwedischen Helsingborg dann zu einem
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