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Ziemlich böse Freunde: Wie wir die Bandidos in Deutschland gründeten (German Edition)

Ziemlich böse Freunde: Wie wir die Bandidos in Deutschland gründeten (German Edition)

Titel: Ziemlich böse Freunde: Wie wir die Bandidos in Deutschland gründeten (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Maczollek , Leslav Hause
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schlichtweg wundern, warum Rocker ständig und ohne Unterlass immer wieder in Schlägereien geraten. Bei diesen Gesprächen stoßen wir auf Menschen, die 30, 40 oder 50 Jahre alt sind und in ihrem Leben noch nie in ein Handgemenge verwickelt waren – und darüber auch wirklich froh sind. Tja, und das hängt – unwissenschaftlich erklärt – vermutlich von dem persönlichen gesellschaftlichen Umfeld eines jeden ab.
    Wenn du in einem idyllischen Dorf im Südwesten Deutschlands aufgewachsen bist, lernst du das Leben auf der Straße in Städten wie Gelsenkirchen einfach nicht kennen. Du rennst in deiner Kindheit, als Cowboy oder Indianer verkleidet, jahrelang durch den Wald, baust Hütten und Baumhäuser und scheißt dir mit acht Jahren in die Hose, weil du Maisblätter geraucht hast. Ein Leben, um das ich viele Menschen, die so aufwachsen durften, an manchen Tagen sogar beneide.
    Und wenn du in diesem Dorf aufgewachsen bist, weißt du auch nicht, wie es sich anfühlt, wenn dir auf der Straße 20 Neonazis in Springerstiefeln begegnen, weil es diese Gruppen hauptsächlich in den Städten der ehemaligen DDR gab. Als junger Saarländer, Hesse oder Bayer kennst du Bilder von Naziaufmärschen nur aus der Tagesschau , und das ist auch gut so, denn sehen mag so was eigentlich keiner!
    In unserem Umfeld war es – wie an anderer Stelle bereits beschrieben – völlig legitim und das Normalste auf der Welt, dass man Diskussionen oder kleinere Auseinandersetzungen ab dem frühesten Kindesalter mit der Faust regelte. Das sah man, wenn man vom Wohnungsfenster aus auf die Straße runterschaute, das sah man auf dem Schulhof, im Bus und auf dem Bolzplatz.
    Es ist kein Witz, aber für mich war es nichts Außergewöhnliches, wenn ein Schiedsrichter bei einem D-Jugendspiel wegen eines Pfiffes oder einer Entscheidung von irgendeinem Vater am Spielfeldrand eins auf die Batterie bekam: »Schiri, du blöde Drecksau, hast du den Arsch offen?«, eine aufs Maul, Klatsch, das Blut läuft und auf dem Rasen liegen zwei Schneidezähne.
    Dieser Schiedsrichter ist dann natürlich nicht zur Polizei gelaufen und diese Geschichte stand am Montag auch nicht in der Tageszeitung. Der hat ein paar Tage später 1200 Mark für seine Kauleiste bekommen und der Fall war gegessen. Und beim nächsten falschen Pfiff flog eben der Zahnersatz ins Gras – oder die Beißer des Vaters, der gerade meinte, heranstürmen zu müssen. So wurden wir konditioniert und das muss man wissen, wenn man von seinem Elfenbeinturm auf andere herunterschaut.
    Und so wird dann auch verständlich, wie die Geschichte mit den sogenannten Mensinger-Brüdern gelaufen ist. Die Mensinger-Brüder waren stadtbekannte Schläger, die je nach Laune jedem, der ihnen blöd kam, eins aufs Maul gaben und, wenn sich nichts ergab, im Zweifel auch mal jemandem die Fresse polierten, der gar nichts »falsch« gemacht hatte.
    Les und ich haben nach unserem Ausflug in das Rotlichtgewerbe im April oder Mai 1997 in Gelsenkirchen eine dieser Trinkerkneipen übernommen, von irgendwas mussten wir ja leben. Die Zeche gehörte ja nun nach meinem Gefängnisaufenthalt in Ulm der Vergangenheit an, die Dachdeckerei war auf Dauer nichts und unsere Exkursion ins horizontale Gewerbe war auch beendet. Also sind wir zu der großartigen Erkenntnis gekommen, es mit einer Kneipe zu versuchen. Ja, und dann kamen also eines Tages die berühmt-berüchtigten Mensinger-Brüder in unseren feinen »Gourmettempel«.
    Ich kann mich nicht erinnern, einen blöden Spruch gemacht zu haben, aber – wie gesagt – der war bei den Mensingers auch nicht nötig. Mit einem Mal zog mich einer dieser Gesellen ganz einfach über den Tresen und schlägt mir auf die Kirsche. Ich war damals schon kein Leichtgewicht – nur um kurz zu verdeutlichen, was für Typen das gewesen waren, die einen Kerl wie mich mal eben über die Theke hoben.
    Ich hatte an diesem Tag Besuch von einem Kumpel, um den sich sofort der andere Mensinger kümmerte. Eine genaue Beschreibung dieser Keilerei kann ich beim besten Willen nicht mehr geben – dafür war das alles viel zu schnell und vor allem auch zu heftig. Ich weiß nur, dass ich gerade noch meinen Totschläger aus der Tasche ziehen konnte und dem Vogel wie bekloppt auf die Rübe schlug und ihm mit letzter Kraft gerade noch einen Barhocker über die Fontanelle gezogen habe, und dann waren die beiden Jungs auch schon weg.
    In der Kneipe sah es aus wie in einem Schlachthof. Überall war Blut verschmiert, alles lag

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