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Ziemlich böse Freunde: Wie wir die Bandidos in Deutschland gründeten (German Edition)

Ziemlich böse Freunde: Wie wir die Bandidos in Deutschland gründeten (German Edition)

Titel: Ziemlich böse Freunde: Wie wir die Bandidos in Deutschland gründeten (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Maczollek , Leslav Hause
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weiter und steuerte eine andere Tankstelle an. Zum Leidwesen vieler – besonders der Medien – hatten die deutschen Rockerbanden in den 90er-Jahren nur noch sehr selten für Schlagzeilen gesorgt.
    Mit dem Wechsel zu den Bandidos war die Ruhe zum Teil dahin – zuallererst die nach innen. Plötzlich wusste man nicht mehr, ob man dem Kerl von den Bones, den man bis vor ein paar Tagen ganz gut leiden konnte, noch immer trauen konnte oder ob man Gefahr lief, im Graben zu landen.
    Auf der Gegenseite hatte sich allem Anschein nach auch für die Rot-Weißen vieles verändert. Anders ließ es sich nicht erklären, dass sie mit den Bones einen Club bei sich aufgenommen hatten, mit dem sie in der Vergangenheit gar nicht gut zurechtgekommen waren. War es Angst, Respekt oder mal wieder der unbedingte Wille, zu jedem Preis die Größten sein zu wollen? Die Antworten auf diese Fragen können nur die Angler selbst geben, aber nachdem es sich über die Jahre hinweg angedeutet hatte, dass wir eines Tages zu den Bandidos gehen würden, scheint es uns eher so, als hätte man deshalb die Bones nur mal so eben aufgenommen. Nur leider sind Freundschaften, Bündnisse und auch Ehen, die auf Begriffe wie »eben« oder »halt« gebaut sind, sehr brüchig. Wenn man in einer Ehe den Satz »dann versuchen wir es eben noch mal« gebraucht, kann man sich im Grunde sofort einen guten Familienanwalt suchen. Zu holen ist da eigentlich nichts mehr. Die Ehe der Angler mit den Bones scheint mir so eine Geschichte gewesen zu sein. Diese Verbrüderung basierte jedenfalls nicht auf Konsens, Freundschaft oder gar Leidenschaft.
    Auch die Motivation der Bones, zu den 81ern zu wechseln, hat sich uns nie so richtig erschlossen. Hatten sie – nach all den Wechselgerüchten, die sich seit einiger Zeit um die Ghostrider rankten – vielleicht die Befürchtung, als vergleichsweise kleiner Club unter die Räder zu kommen? Von uns jedenfalls hätten sie nichts zu befürchten gehabt, denn ob wir nun gelbe oder rot-goldene Farben trugen, spielte im Hinblick auf unser Verhältnis zu den Bones nun wirklich keine Rolle. Wir konnten die Bones als Ghostrider gut leiden und hätten sie naturgemäß auch als Bandidos gemocht. Auch bei dieser Frage muss man an die Entscheidungsträger der Bones von damals verweisen. Nur sie können letztendlich erklären, was sie damals geritten hat.
    Unser angespanntes Verhältnis zu den Anglern in Deutschland fußte – wie bereits erläutert – noch nicht einmal zwingend auf persönlichen Erfahrungen, sondern war eher so was wie eine Erbfeindschaft aus alten Tagen, die jedoch in der Gegenwart ständig neue Nahrung fand.
    Es konnte einfach nicht sein, dass man beispielsweise zurück von einer Beerdigung in Italien kam, wo ein Bruder im Kampf gegen die Rot-Weißen liegen geblieben war, und dann am Flughafen einem deutschen Angler völlig vorbehaltlos begegnete. Auch wenn dieser Typ nicht im Entferntesten etwas mit dem Tod unseres italienischen Bruders zu tun hatte – sein Colour war verantwortlich, und da er diese Farben trug, war er automatisch unser Feind.
    Ich erinnere mich noch, wie wir nach der besagten Beisetzung in Italien ein paar Wochen später in die USA geflogen sind. Einer unserer Gastgeber dort war mit einem 81er befreundet – etwas, was es ja durchaus geben kann. Er erklärte uns, dass sein Kumpel für ein paar Tage bei ihm untergebracht sei, und fragte, ob das für uns ein Problem wäre. Ja, das war in der Tat ein Problem, nachdem wir gerade einen toten Bruder unter die Erde gebracht hatten, und so haben wir uns dann eben eine andere Bleibe gesucht. Ich meine, das war sein Freund, und zwischen eine gute Freundschaft darf auch nichts dazwischenkommen, aber unser Freund war dieser Typ eben nicht. Und er hätte nach den Vorfällen der Vergangenheit auch nie eine Chance bekommen, unser Freund zu werden.
    In Fällen wie diesen muss man dann einfach eine Entscheidung treffen. Im Grunde ist es wie in einem Krieg: Der John in der amerikanischen Uniform kennt sein Gegenüber Ahmed mit der irakischen Uniform nicht persönlich. Die beiden haben nie gestritten, sie haben sich nicht gegenseitig die Frauen ausgespannt – nichts dergleichen. Sie haben sich nie gesehen und nie ein Wort miteinander gewechselt. Und dennoch würde der eine den anderen sofort erschießen, wenn er seinen Kopf aus dem Graben streckt. Und genauso werden letztlich auch die Proben (siehe Glossar) großer Clubs erzogen. Die wissen ganz genau, wer Feind und wer

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