Ziemlich böse Freunde: Wie wir die Bandidos in Deutschland gründeten (German Edition)
hatten.
Den Europapräsidenten der Bandidos lernten wir also bei den Bones kennen – den Bones, die sich in Deutschland mächtig mit den Anglern in der Wolle hatten und die 1999 dennoch mehr oder weniger geschlossen zu den Rot-Weißen überliefen und somit letztlich auch zu unseren Gegnern wurden.
Ein typisches und für mich bis heute äußerst merkwürdiges Phänomen in der Rockerszene: Mit dem bloßen Wechsel der Farben konnte es von einem Tag auf den anderen geschehen, dass aus Freunden Feinde wurden. Jungs, mit denen man noch am Abend zuvor friedlich und einvernehmlich ein Bier getrunken und über alte Zeiten gequatscht hatte, waren ein Tag später zu unerwünschten Personen geworden. Überläufer, mit denen man nichts mehr zu tun haben wollte und mit denen man auch nichts mehr zu tun haben konnte. Obwohl sich in den meisten Fällen die Männer, die diese Farben trugen, nicht geändert hatten. Die Wege des Herrn sind eben mitunter nur schwer zu ergründen …
Der Kontakt zu dem Bandidos MC war also seit 1996 vorhanden und es gab in der Folgezeit mehrere Besuche auf beiden Seiten. Mal fuhren wir hin, mal kamen sie zu uns nach Deutschland, und eines konnte man schon recht früh feststellen: Die Chemie stimmte! Bei den Banditen, die ja nun zu den größten und schlagkräftigsten Weltclubs zählen, war keine Spur von Hochnäsigkeit oder Dünkel zu spüren. Die Jungs waren geradeheraus und die einzelnen Clubmitglieder schienen sich vorrangig als Rocker zu fühlen und hatten es ganz offensichtlich nicht nötig, sich ausschließlich über die Farben auf ihrem Rücken zu definieren. Wenn wir mit den Kerlen zusammensaßen, waren da nicht Bandidos und Ghostrider an einem Tisch, sondern ein paar Jungs, deren Lebensphilosophie die eines Rockers war. Und das genügte vollkommen, um sich hervorragend zu verstehen.
Nach allem, was wir bis dahin über die 81er gehört hatten, lag wohl genau darin der größte Unterschied. Ein Angler ließ sich möglicherweise dazu herab, auch mal mit dem Member eines kleineren Clubs zu reden. Das jedoch war allenfalls der Großzügigkeit dieses »Herrenrockers« zu verdanken. Und dieses herablassende Verhalten spürten wohl viele, die mit ihnen in Kontakt gekommen waren. Das mochte den Mythos der Angler zwar nähren, war am Ende des Tages jedoch eine Lächerlichkeit ohnegleichen. Denn auch bei den Anglern hat letztlich eine entscheidende Grundregel zu gelten: Nicht das Colour machte den Mann, sondern der Mann machte das Colour!
Die neue Farbe
von Peter M.
Uns war frühzeitig bewusst geworden, dass es – wenn überhaupt – nur zu einem Farbenwechsel kommen konnte: zu Red & Gold! Ich persönlich, das gebe ich gerne zu, war damals nicht sonderlich wild darauf, zu den Bandidos zu wechseln. Dabei ging es mir gar nicht um sie – mir war einfach nicht so recht klar, weshalb uns das hätte weiterbringen können. Ich war der Meinung, dass wir mit den Ghostridern eine richtig coole Truppe zusammenhatten, die sich beständig gut weiterentwickelte. Wir hatten mehr als 180 Member, eine ganze Reihe Chapter, coole Partys, coole Ausfahrten und überdies ein einigermaßen ruhiges und unbeschwertes Leben. Was also hätte man als Rocker noch mehr wollen können?
Die Gegenfrage war natürlich auch klar. Wollte man als nationaler Club zwar ordentlich wachsen und sich gut entwickeln, im Vergleich zu den großen MCs jedoch stets der kleine Motorradverein bleiben, den man einfach aus dem Dorf jagen konnte? Dagegen gab es natürlich so gut wie keine vernünftigen Argumente, gleichwohl hatte ich mich bei den Gesprächen und Verhandlungen zunächst einmal dezent zurückgehalten. Ich war bei den Verhandlungen immer dabei, zusammen mit Les und Diesel, der zu jener Zeit bei den Dänen recht gut angesehen war.
Nur zwei Jahre nach dem ersten Treffen mit Jim aus Dänemark wurden die deutschen Ghostrider zum National Run des Bandidos MC nach Marseille eingeladen, und im Jahr darauf waren wir beim National Run in Luxemburg – und diese beiden Veranstaltungen waren letztlich natürlich auch ein Statement, nicht nur der Ghostrider, sondern auch der Bandidos. Wenn man diese langjährige Vorgeschichte kennt, bei der Kontakte geknüpft und gepflegt wurden und man über einen möglichen Übertritt verhandelt hatte, ist es umso lächerlicher zu behaupten, wir hätten den Übertritt gleichsam als Kurzschlussreaktion auf den Farbenwechsel der Bones vollzogen.
Dass wir zweimal bei den Bandidos auf dem National Run waren,
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