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Ziemlich böse Freunde: Wie wir die Bandidos in Deutschland gründeten (German Edition)

Ziemlich böse Freunde: Wie wir die Bandidos in Deutschland gründeten (German Edition)

Titel: Ziemlich böse Freunde: Wie wir die Bandidos in Deutschland gründeten (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Maczollek , Leslav Hause
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Freund ist. Und dabei ist es völlig gleichgültig, ob der Feind blond ist, eine Glatze hat, den Hauptschulabschluss oder das Abitur. Und es geht auch nicht um Geschäfte! Es zählt allein, welches Colour er auf dem Rücken hat.
    Dabei spielt es zunächst einmal auch keine Rolle, ob der Typ mit dem Engel auf dem Rücken eher der typische, also arrogante Vertreter seines Klans ist oder womöglich ein ganz netter Kerl – gibt es bei denen natürlich auch, das will keiner von uns bestreiten. Man ist bei einer zufälligen Begegnung einfach auf der Hut und schaut genau hin, was der andere macht. Ein bisschen wie im Wilden Westen, wo jeder – die Hand überm Gürtel in Habachtstellung – vorsichtig am anderen vorbeigeht.
    Wenn sich ein Bandido und ein Angler zufällig auf der Straße begegnen, gehen die normalerweise friedlich, aber vorsichtig aneinander vorbei. Es ist beileibe nicht so, dass die sich ständig jagen und prügeln. Wenn es allerdings zu einer Provokation kommt, kann es durchaus scheppern, wobei beide Seiten heute aufpassen müssen, was sie tun. Bei der aktuellen Stimmungslage in deutschen Innenministerien wandert ein Rocker eines Onepercenter-Clubs schon wegen einer kleinen Maulschelle in den Bau. Gleichwohl gilt natürlich auch heute noch die Devise: Nur nicht verlieren! Wenn der Junge auf der Straße verliert, verliert auch sein Club, und wenn der Kerl auf der anderen Straßenseite feige abhaut, dann ist sein ganzer Club feige.
    Anders als in früheren Tagen geht es jedoch längst nicht mehr um das Patch. Früher hat man Farben gesammelt wie unsere Vorfahren Skalps. Das glich mitunter einer Trophäenjagd und am Ende einer schönen Keilerei präsentierte man stolz die ergatterten Patches. So etwas ist heutzutage ein bewaffneter Raubüberfall und wird vor Gericht auch entsprechend bestraft. Die Richter interessieren sich dabei natürlich nicht für die gute alte Rockertradition, sondern nur für eine gute Quote. Es hilft übrigens auch nicht, wenn man seine Trophäen nach der Erbeutung wieder wegwirft, denn auch dann kommt das Strafgesetzbuch zur Anwendung – die Juristen sprechen dann von Nötigung, und auch die kann richtig teuer werden. Man muss sich also schon ganz genau überlegen, was man heute tut und was man besser sein lässt – Rockerehre und Tradition hin oder her!
    In den Positionen, die Peter und ich bekleiden, ist es besonders riskant, weil wir immer damit rechnen müssen, dass sich ein Vollpfosten an uns beweisen möchte. Der denkt womöglich, dass er sich in seinem Club einen Namen machen könnte, wenn er Peter oder Les mal eins über die Rübe zieht. Und aus diesen Gründen war denn auch der sogenannte Rockerfrieden in Deutschland, auf den wir später noch zu sprechen kommen, früher oder später zum Scheitern verurteilt. Es gibt einfach zu viele Idioten, die sich nicht im Griff haben, und durch die Globalisierung, die ein Weltclub naturgemäß mit sich bringt, ist jeder tote Bandido – egal, wo auf der Welt – dein Bruder. Und der deutsche Angler ist der Bruder von dem Typen in Australien, der zugestochen hat – und dann hilft dir auch der Handschlag von Hannover am Ende des Tages nicht mehr ganz so viel. Du kannst ja deinen Frieden in Deutschland einigermaßen halten, aber diese Abmachung interessiert in Texas oder New Mexico im Zweifel keinen Menschen. Und dort fällt womöglich der nächste Bruder, weil ihn ein Angler erschossen hat.
    Mit dieser merkwürdigen Form der Sippenhaft waren wir in den 90ern bei den Ghostridern natürlich nicht konfrontiert. Zumindest nicht in dieser Dimension. Selbstverständlich gab es auch damals schon Zwischenfälle – wie die Geschichten in Ulm oder in der Schweiz –, bei denen man über die Stadt- und Landesgrenzen hinweg involviert war. Jetzt aber liefen Informationen über Auseinandersetzungen, Tote und Verletzte aus der ganzen Welt zusammen. Und jedes Mal, wenn irgendwo ein Bruder fiel, wirkte sich das auch auf unser Verhältnis zu den Anglern in Deutschland aus. Alles wurde internationaler – auch der Hass. Aber das merkst du nicht, wenn du in den Verhandlungen zu einem möglichen Übertritt steckst. Das erfährst du erst am eigenen Leib, wenn du bereits mittendrin bist …

Die Anfänge
von Peter M.
    Der Bandidos MC fand in Deutschland rasch regen Zulauf. Schon 2001 traten einzelne Chapter der Free Eagles und der Dragon MC Berlin zu uns über und bereits im Jahr 2002 fand der große National Run, das jährliche Treffen der europäischen

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