Ziemlich böse Freunde: Wie wir die Bandidos in Deutschland gründeten (German Edition)
Schusswechsel zwischen Hells Angels und Banditen, bei dem ein Angler liegen blieb. Und dann ging es auch schon richtig los: Ein paar Tage später wurde das Angler-Clubheim mit einer Panzerabwehrrakete beschossen und im Juni ’94 der Präsident des Klan MC, der mit den Bandidos verbündet war, von den Rot-Weißen erschossen. Das Ganze hatte für europäische Verhältnisse eine völlig neue Qualität bekommen …
Unser Bruder Joe Ljunggren, Präsident der schwedischen Bandidos, wurde im Juli 1995 ermordet, woraufhin in Helsinki und in Helsingborg die Häuser von ein paar Prospect-Clubs der Angler mit Panzerabwehrraketen beschossen wurden – als Rache für den Tod von Joe, so hieß es zumindest. Noch während einer Gerichtsverhandlung wurde der finnische Bandido-Präsi von mehreren Anglern angegriffen, was man bis dahin eigentlich auch noch nicht erlebt hatte.
Und es ging weiter: An Weihnachten 1995 verlagerte sich die Auseinandersetzung nach Dänemark. Dort wurden zwei Angler von Bandidos verprügelt. Im Januar 1996 gab es Bombenanschläge auf Angler-Clubhäuser in Oslo und in Helsinki flog eine Angler-Kneipe in die Luft. Im März ’96 gab es einen Angriff der 81er auf die Bandidos in Helsinki, bei der der finnische Vizepräsi Kokko angeschossen wurde und gut zwei Wochen später starb …
Im selben Monat wurden ein paar Banditen in Dänemark und Norwegen direkt am Flughafen von 81ern angegriffen, die gerade aus Helsinki zurückkamen. Dabei starb ein Bandit, drei weitere wurden verletzt. Nun schienen alle Dämme gebrochen: Im Juli 1996 wurde ein Bandit im norwegischen Dammen erschossen und wenig später ein Angler-Prospect in Oslo. Im August des Jahres folgte dann ein Attentat auf den schwedischen Vize der Angler, der jedoch »nur« verletzt wurde. Es war tatsächlich so etwas wie ein Krieg, und auch wir Ghostrider verfolgten damals in Deutschland mit Erstaunen die Ereignisse in den Nachrichten.
Im Oktober 1996 gab es Verletzte – auch unbeteiligte Personen – bei einem Angriff auf die Angler in Malmö und bei einem Raketenangriff auf das Angler-Heim in Kopenhagen gab es zwei Tote. Anfang 1997 wurde ein weiterer 81er erschossen, während der Präsi der Outlaws, Hemki Holm, und ein Franzose von einem Member des Untouchable MC bei einer Schießerei verletzt wurden. Im Juni zündeten die Angler eine Bombe vor einem Bandidos-Clubheim in Dammen, und da wurde eine zufällig vorbeifahrende Frau getötet. Die Geschichte war derart ausgeufert, dass der Europapräsident der Bandidos, Big Jim Tinndahn, seinem Pendant der Angler, Blondie Nielsen, vor laufenden Kameras im dänischen Fernsehen die Hand zum Frieden schüttelte. Aber gleichwohl muss man festhalten, dass diese blutigen Auseinandersetzungen das Verhältnis zwischen den Bandidos und Rot-Weiß weltweit natürlich nachhaltig beeinflusst haben, und es war klarer als jemals zuvor, dass Banditen und Angler keine Freunde mehr werden konnten.
In dieser Zeit hatte unser Dortmunder Ghostrider-Chapter bereits gute Kontakte zu den Banditen in Kopenhagen, während wir in Gelsenkirchen in freundschaftlicher Verbindung zu den Bandidos in Luxemburg standen. An dieser Stelle muss man natürlich auch mit dem blödsinnigen Gerücht aufräumen, die Bandidos in Europa hätten ihre Anfänge in Dänemark gehabt. Der 1966 im texanischen Houston gegründete Bandidos MC hatte seinen ersten europäischen Ableger im Jahr 1989 in Frankreich – und zwar in Marseille. Und diese Jungs hatten als europäische Vorreiter so einiges auszuhalten, bis sie sich nach fast drei Jahren endlich den Fat Mexican auf die Kutte nähen durften. Zu jener Zeit wurden die Anwärter auch noch durch Prügel auf ihre Standfestigkeit geprüft – ein Aufnahmeritual, das es heute nicht mehr gibt. Der dänische Moticians MC, der in Deutschland auf der Bike Week des Bones MC erstmals mit Bandidos in Kontakt kam, folgte dann 1993 als Probationary Chapter.
Ich kann mich noch erinnern, wie wir 1996, unmittelbar nach einer unserer USA-Reisen zu den Outlaws, zu einer Tattoo Convention der Bones in Karlsruhe gefahren sind. Zu den Bones hatten wir damals einen sehr guten Draht, und da wir auch Tattoo-Messen veranstalteten, lag es auf der Hand, die Convention der Bones in Baden-Württemberg zu besuchen. Und genau dort trafen Les und ich erstmals auf Big Jim aus Dänemark. Er wurde uns von Manu und Miko vorgestellt, jenen beiden Bones, die uns Jahre zuvor auf der Daytona Bike Week mit den Outlaws zusammengebracht
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