Ziemlich böse Freunde: Wie wir die Bandidos in Deutschland gründeten (German Edition)
unseren Leuten hatten ein paar Stichverletzungen erlitten, keine war jedoch lebensgefährlich. Aus dieser Geschichte hatten sie eine versuchte Tötung gemacht, und da nach dem kleinen Rockereinmaleins der Polizei die großen Motorradclubs streng hierarchische Verbrecherbanden sind, bei denen nichts ohne den Befehl oder die Anordnung des Chefs läuft, gingen die Strafbefehle naturgemäß an Les und mich.
Und nicht zu vergessen: Es standen Landtagswahlen in NRW an. Der fleißige Herr Innenminister von den Sozialdemokraten brauchte noch ein wenig Wahlkampfunterstützung – die Kassen der Partei waren womöglich leer. Mit ein paar groß angelegten Razzien ließ sich hervorragend Wahlkampf machen. Die Wähler sollten sehen, dass hier einer ein Ministerium leitet, der sich endlich mal was traut. Einer, der sich nicht in die Hosen scheißt. Eine Pressekonferenz jagte die nächste – das Innenministerium wollte mal so richtig zeigen, wer Herr im Land ist.
Nun, die Rechnung schien ja einigermaßen aufgegangen zu sein. Die Ministerpräsidentin und ihr Innenminister haben schließlich das Rennen gemacht. Und wir könnten uns doch einmal gemeinsam mit unseren Landesvertretern hinsetzen und darüber beraten, ob wir nicht vielleicht eine Parteispendenquittung bekommen. Das wäre doch mal eine Ansage, schließlich haben wir – ungefragt – dazu beigetragen, dass der Herr Innenminister in seinem Amt bestätigt wurde.
Ganz nebenbei: Nicht, dass wir uns beschweren wollten, aber ist einem der vielen Pressevertreter, die so gerne über diese Polizeiaktionen berichtet haben, vielleicht schon einmal aufgefallen, dass es nach der Wahl wieder erstaunlich ruhig wurde? Das könnte natürlich vielerlei Gründe haben. Vielleicht wurden die Motorradgangs ja durch diese Aktionen zerschlagen, aber wenn ich in die Clubheime der Bandidos fahre, sind die immer noch voll. Das kann es also nicht sein.
Vielleicht sind wir durch die knallharten Polizeimaßnahmen plötzlich ganz brav geworden und stellen künftig keine Gefahr mehr für die Allgemeinheit dar? Oder waren wir vielleicht gar keine Bedrohung für die Gesellschaft, wie uns immer unterstellt wurde? Könnte das vielleicht auch sein?
Vielleicht warten wir einfach ab, wie es vor der Bundestagswahl 2013 aussieht. Und die nächste Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen kommt ja auch wieder. Womöglich sind wir dann wieder ganz böse und gefährlich. Wir werden es dann ja sehen … Herzlich willkommen in der Welt der Bandidos!
Nur ganz nebenbei: Das Verfahren gegen Les und mich wegen der Sache in Mönchengladbach wurde eingestellt. Aber das ist ja keine Schlagzeile wert.
Die Ursprünge
von Les H.
Wenn heute einer zu uns kommt, ein Typ, sagen wir mal, vielleicht Anfang 40, Job, Familie und auf der Suche nach ein wenig Abenteuer, und erklärt, er wolle den Bandidos beitreten, stellen wir eigentlich immer dieselbe Frage: Warum?
Warum willst du Vogel dir das antun? Willst du, dass die Bullen irgendwann bei deinem Arbeitgeber stehen und ihm erzählen, dass du ein Krimineller bist, nur weil du ein Clubemblem auf deiner Weste trägst? Möchtest du deswegen deinen Arbeitsplatz verlieren? Wenn du selbstständig bist – willst du, dass die Behörden deine Kunden kontaktieren und ihnen unter der Hand stecken, dass sie mit einem Verbrecher verkehren? Womöglich, dass sie mit einem Mitglied der organisierten Kriminalität verbandelt sind? Willst du, dass sie deinen Vermieter und deine Nachbarn besuchen und dich auch dort schlecht- machen? Willst du deinen Kindern nächtliche Hausdurchsuchungen zumuten, nur weil Papa, von der aufkommenden Midlife-Crisis geplagt, ein wenig Rocker spielen möchte? Willst du, dass deine Kinder sich einscheißen, weil vor ihren Augen bei einer Polizeiaktion der Retrieverwelpe erschossen wird? Willst du all das wirklich?
Heute können wir darüber lachen, aber damals fanden wir das zunächst einmal nicht so witzig: Peter hatte sich ein Haus irgendwo draußen auf dem Land gekauft, und als er vor einiger Zeit beschlossen hatte, im Garten einen Pool anzulegen, kreiste mit einem Mal ein Helikopter der Polizei über seinem Grundstück, weil ein Bagger dabei war, ein Loch auszuheben. Peter rief daraufhin bei der Polizei an und bat die freundlichen Herren in Grün, die Baugrube auf verbuddelte Leichen zu durchsuchen, bevor das Betonfundament gegossen war. Er hatte keine Lust darauf, dass irgendwann ein ganz schlauer Ermittler auf die Idee kommen könnte, den fertigen Pool wieder
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