Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Zimmer d. Wahrheit - Schatzjäger - Zelluloid

Zimmer d. Wahrheit - Schatzjäger - Zelluloid

Titel: Zimmer d. Wahrheit - Schatzjäger - Zelluloid Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Clauß
Vom Netzwerk:
flüsternd. „Wenn wir uns das alles nur einbilden?“
    Steffen lachte. „Für so etwas sind wir aber entschieden nicht high genug!“
    „Wir bilden uns nichts ein“, stellte Simon kategorisch fest. „Diese Erklärung ist keine Erklärung.“
    „Ich habe aber ehrlich gesagt auch noch nie gehört, dass jemand einem Geist die Wohnung putzt“, spottete Pö. „Was sagt denn die Gewerkschaft dazu?“
    „Es ist nicht wirklich“, wiederholte Lilli, ohne auf die anderen zu achten. „Es ist alles überhaupt nicht da. Es ist ein Spuk. Der Spuk ist, dass es hier nicht aussieht wie in einem Spukschloss.“ Sie sah nach oben zum Lüster und schauderte. „Das Ding sieht nicht wirklich so aus.“
    „Du solltest mal den Tisch anfassen“, machte Steffen einen Vorschlag. „Dann merkst du, wie real das ist.“
    Plötzlich zuckte Lilli mit dem Kopf, strich die Haare nach hinten und legte die Ohren frei. Ihre Miene verhärtete sich, sie schloss die Augen.
    „Sag mal, hörst du irgendwas?“, wollte Pö wissen.
    Lillis Antwort war nur ein Wispern: „Ihr etwa nicht?“
    Die Männer lauschten angestrengt, doch nur für ein paar Sekunden, dann erklomm Simon rücksichtslos weitere Stufen auf der Treppe. Die Holzstufen knarrten so laut, dass die anderen unwillig den Kopf schüttelten.
    „Ich möchte sehen, wie es da oben aussieht“, verkündete Simon. „Ich bin ein visueller Mensch. Es ist leicht, irgendwelche Geräusche zu hören oder nicht zu hören, aber was man sieht, kann man glauben.“
    „Und ich schätze, ich werde mal Feuer im Kamin machen“, meinte Pö. „Das ist etwas Handfestes.“ Er legte den Rucksack mit den Filmen und Ausrüstungsgegenständen, den er bisher getragen hatte, auf dem Tisch ab, zog das Feuerzeug und eine alte Papierserviette aus seiner Gesäßtasche. Steffen sah zu, wie er die dünnsten Holzscheite auswählte und auf dem Kaminrost gegeneinander stellte, wie man es bei einem Lagerfeuer tat. Die Serviette schob er dazwischen und zündete sie an. Das Holz musste sehr trocken sein. Es fing sofort Feuer und brannte wie Zunder, nahezu ohne Rauchentwicklung. Nach einigen Minuten legte Pö größere Holzstücke nach. Knisternd fraßen sich die orangefarbenen Flammen daran empor. Steffen kam näher. Die Wärme war sehr angenehm – das Gemäuer verströmte eisige Kälte an diesem frischen Herbstabend. Jetzt, wo er nur herumstand, fröstelte er.
    Simon war irgendwo im oberen Stock zugange. Er schien verschiedene Türen zu öffnen, Zimmertüren und Schranktüren. Jedenfalls ließen das die quietschenden Geräusche vermuten, die von dort kamen.
    Merkwürdig verhielt sich nur Lilli. Es schien sie überhaupt nicht zu interessieren, was die Männer taten. Sie lauschte noch immer, aber nicht auf den Lärm, den Simon oben veranstaltete. Mit winzigen, beinahe schwebenden Schritten näherte sie sich der Kellertreppe. Bis zu dem Moment, als sie einen Meter davor reglos verharrte, hatten die anderen nicht einmal bemerkt, dass es eine Treppe gab, die nach unten führte. Sie versteckte sich in der dunkelsten Nische der Halle, unter der anderen Treppe, jener, auf der Simon nach oben gegangen war.
    Steffen löste sich aus der wohligen Nähe des Feuers, und sofort griff die Kälte nach ihm. Es schien, als wäre die Temperatur in dem großen Raum in den wenigen Minuten, die er sich der Wärme des Kamins anvertraut hatte, um einige Grad gesunken.
    „Was willst du da unten?“, fragte er. „Wenn du unbedingt den Keller inspizieren möchtest, sollten wir vielleicht gemeinsam gehen …“
    Langsam drehte ihm Lilli den Kopf zu. Ihre Augen sahen ihn an und sahen ihn doch nicht an. Sie wirkte … geistesabwesend. Ja, das war ein schönes, alltägliches, irgendwie beruhigendes Wort. Im ersten Moment hatten sich ihm andere Wörter aufgedrängt: hypnotisiert, in Trance …
    „Steffen“, sagte Lilli mit schwerer, träger Zunge. „Er … ruft nicht dich. Er ruft nur mich.“
    „Ruft dich? Wer ruft dich? Was redest du da?“
    Nun drehte sich ihr Kopf wieder von ihm weg, und Steffen sah, dass sie die Treppe hinabblickte. Ihr Gesicht reagierte, etwas schlug Wellen auf ihrer Miene, als habe sie dort unten etwas entdeckt. Ohne ihm zu antworten, setzte sie einen Fuß vor den anderen und stieg die Stufen hinab. Ihre Bewegungen waren seltsam. Weich und doch puppenhaft. In der Kulisse der Schlosshalle, im flackernden Licht des Kamins, mit den Schatten der oberen Treppe auf ihrem Gesicht wirkte sie ein wenig wie eine Darstellerin aus

Weitere Kostenlose Bücher