Zirkus zur dreizehnten Stunde
seinem Blick?
„Wir müssen alles tun, was wir können“, bestätigte sie.
Die Augen von Maurice leuchteten auf. Ein Lächeln erschien auf seinem Gesicht. Er wirkte … erleichtert?
„Du hast wirklich vor, dein Vorhaben durchzuziehen, Cael.“ Maurice wandte den Blick, sah zu dem anderen Mann.
„Hättest du etwas aufgegeben, was du jahrelang verfolgst?“ Cael erwiderte den Blick des Direktors nicht. Seine Augen hafteten auf dem sterbenden Engel in der Mitte des Platzes.
Ein gewaltiges Brett flog heran. Faith sah es, hatte jedoch keine Chance mehr, etwas zu sagen. Es war auch nicht nötig. Cael hob den Arm und zertrümmerte den Gegenstand im Flug. Es schien ihn nicht im geringsten anzustrengen. Tausende Stücke und Splitter regneten nieder. Er zog die Lippen auf, wie ein Tier das die Lefzen fletschte.
Diese Zähne! Faith stockte der Atem.
„Sag mir, Cael“, sagte die Seherin plötzlich. Sie hatte sich aufgerichtet und starrte ihn wütend an. „Bedeutet einem Vampir das Blut eines Engels so viel, dass er sie dem Wahnsinn überlässt?“
Cael lächelte verächtlich und drehte sich betont langsam zu ihr um: „Sag du mir, Kismet“, begann er mit ruhiger Stimme. „Bedeutet einer Seherin das Leben eines Wesens so wenig, dass sie einen Engel sterben lässt?“
Faith starrte die beiden an. Es schien ihr als würden Blitze zwischen den beiden Augenpaaren schießen.
„Hört auf!“, schrie sie. „Es geht hier um Antigone! Sie darf nicht sterben!“ Einen Moment fixierte Faith die Umstehenden. Es durfte doch nicht wahr sein, dass alles hier unterging, während einige einen privaten Kleinkrieg ausfochten. Mit einer schnellen Bewegung fuhr sie herum. Wenn sie Antigone beruhigen konnte, würde sie es tun. Wenn sie den Zirkus retten konnte, würde sie auch das tun.
Sie lief auf die Hüterin zu. Etwas traf sie an der Schulter und riss sie zu Boden. Die Luft wurde aus ihren Lungen gepresst.
Ein Fauchen war zu hören! Verwirrt sah Faith sich um. Violette Augen starrten sie an. Direkt neben ihr saß … Clotho?
Was sollte das denn nun? Sah sie nicht, dass sie den Zirkus retten wollte? Dann bemerkt sie die Fäden. Lange Spinnenfäden, die aus ihren Händen zu kommen schienen und sich mit dem Sturm vermischten.
Sie wollte Antigone einspinnen!
„Hör auf!“
„Sie gehört uns!“ zischte die Spinne.
Etwas war seltsam, etwas war in Clothos Blick, das dort nicht hingehörte.
„Sie wird das Schicksal erfüllen!“
„Nein“, nur dieses eine Wort erklang und schien einen Moment sämtliche Geräusche zum Ersterben zu bringen. „Geschichte wird neu geschrieben!“ Maurice erschien und riss Clotho an sich.
Alles stand still. Legte sich der Wind? Die Gegenstände verharrten in der Luft.
„Faith“, Maurice beugte sich zu ihr. „Geh einen neuen Weg!“ Er gab ihr etwas und verschwand aus ihrem Blickfeld. Faith sah seinen Schatten noch aus den Augenwinkeln, als Antigone vor ihr stand und ihre Aufmerksamkeit augenblicklich umgelenkt wurde.
„Antigone!“, Sie griff nach den Händen der Hüterin .
„Du … bist immer noch hier?“ Verwirrung zeigte sich in den Augen der Wächterin.
„Weil ich lebe, Antigone.“ Sie sah nur die Hüterin vor sich. Deren traurigen Blick, diese Angst und diesen Traum.
„Nein, du bist tot!“ Etwas im Ausdruck des weiblichen Engels wurde sanft. „Ich habe dich getötet.“ Die Stimme der Wächterin war so liebevoll, dass sie nicht zu den Worten passte.
Faith stürzten die Tränen in die Augen. „Das hast du nicht!“ Sie drückte Antigones Hände, zog sie zu sich, sah ihr direkt in die Augen. „Erinnere dich, ich war immer im Zirkus, ich bin bei euch aufgewachsen“, Tränen erstickten ihr fast die Stimme. „Erinnere dich. Jack und ich, wir waren immer zusammen, haben immer alles Mögliche angestellt.“
„Jack …“ Antigones Stimme sank zu einem Flüstern. „Er war … er fühlte sich schuldig“, sagte sie langsam. „Er wollte damals, dass ich ihn zu deinem Beschützer werden ließ.“
„Und das hat auch funktioniert“, schrie Faith. „Er hat mich immer beschützt.“ Sie verschwieg die letzten Ereignisse. Würde sie von Jacks Verrat erzählen, würde das der Wächterin nicht nutzen.
„Ich habe überlebt“, meinte Faith leise. Ihr Blick fiel auf ihre Hände. Eine Feder! Maurice hatte ihr eine Feder gegeben, weiß und strahlend. „Der Zirkus hat überlebt.“ Sie hielt der Gründerin die Feder vor das Gesicht. „Lass uns … das Schicksal neu
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