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Zitadelle des Wächters

Zitadelle des Wächters

Titel: Zitadelle des Wächters Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas F. Monteleone
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Bauch bis zum Platzen mit Bomben und flüssigem Feuer beluden. Die Gerüche nach Schweiß und Maschinenöl, nach Pulverdampf und Abgasen hingen schwer in der Luft, wurden nur gelegentlich von einem Windstoß aufgewirbelt und vermischten sich mit dem Geruch der Furcht.
    Hoch über den Marschkolonnen, den menschlichen Monolithen, krachte die Atmosphäre von energetischen Entladungen auf den Verteidigungsschirmen, die sich wie unsichtbare Regenschirme erhoben und die Luft in ihrer Silhouette aus elektrischem Blau versengten. Die Standarten und Banner einer jeden Familie, von jedem in den Reihen der Riken, der auch nur einen Tropfen blaues Blut für sich beanspruchte, wehten und schleuderten ihre farbige Botschaft in den Wind. Die in Jahrtausenden gewachsenen Stämme versammelten sich, um die ultimate Schlacht zu schlagen, die Schlacht, die den dunklen Horden die Südliche Hemisphäre in die Hand geben sollte – und damit die Weltherrschaft.
    Das Ziel ihres Anmarsches lag wie ein fünfseitiger Stein vor ihnen: die Zitadelle. Wie ein gigantischer Edelstein ragte sie inmitten einer Aschenlandschaft vor ihnen auf. Die geschmolzenen Ruinen von Haagendaz breiteten sich von der Zitadelle aus und bildeten eine Pufferzone des Todes und der Sterilität.
    Aber wie ein Phönix stiegen die Soldaten und Kriegsmaschinen des Genon-Heeres aus der Asche der toten Stadt auf. Gesät wie die Drachenzähne der Hydra kamen sie zusammen, vervielfachten sich und breiteten sich wie eine Flüssigkeit aus, bis sie die Aschelandschaft vollständig bedeckten und einen lebenden Teppich bildeten. Die Genon-Truppen hatten sich mit der Farbe der sandfarbenen Umgebung getarnt. Und wenn sie sich bewegten, sah das so aus, als würde die ganze Ebene sich kräuseln und schlängeln wie ein gigantisches Kornfeld.
    Atombomben fielen wie reife Früchte von absterbenden Bäumen aus den Bombern, krachten auf die Energieschirme und vergingen dort oder schlüpften durch Lücken im Verteidigungsnetz und löschten dort isoliert stehende oder zeitweilig ungeschützte Divisionen aus. Das Leben von Menschen, ihre Erinnerungen und Hoffnungen, ihre Liebe und ihr Haß wurden im Zeitraum eines Lidschlags ausradiert. Aber immer noch wälzten sich die amöbengleichen Körper der beiden Armeen aufeinander zu. Zuerst noch zögernd, streckten sie Tentakel aus, berührten den Feind und zogen sie dann wieder zurück, nur um sie wieder erneut auszustrecken.
    Im Zentrum des Ganzen lag die Zitadelle wie eine reife Pflaume da, die nur darauf wartet, gepflückt zu werden. Der Wächter verfolgte auf seinen Überwachungsanlagen die Auseinandersetzungen, nahm exakte Daten von den Bewegungen des Feindes auf und arbeitete Gegenstrategien aus.
    Der Mittagshimmel wurde um ein Vielfaches heller, als die Schlacht mit der Wucht eines Sturmes vollends entbrannte. Beleuchtet von den aufblühenden Explosionen, die selbst noch die wabernde Sonne trübe erscheinen ließen, schufteten, rutschten und kämpften die Soldaten im Schweiße ihres Angesichts, den Geruch des stinkenden Fleisches ihrer gefallenen Kameraden in der Nase.
    Fauchende Strahlen zerteilten den Himmel über der Zitadelle, schnitten Flugzeuge aus ihrer Bahn, die wie Heuschrecken in einer blutigen schwarzen Wolke vom Himmel stürzten. Die Schreie der Menschen vermischten sich mit dem krachenden Stöhnen von Metall. Stahl traf auf Stahl und verband sich zu einer donnernden, tödlichen Vereinigung, angetrieben von ersterbenden Muskeln und zerkochenden Hirnen. Als kröchen sie endlos aus dem weitab liegenden Meer, brandeten immer wieder neue dunkle Wellen der Riken heran, schnitten und verbissen sich in die Verteidigungsringe um die Zitadelle. Näher und näher rückten die Horden der Riken heran, krochen über den Teppich aus Leibern, verglühtem Metall und verstreuten, zerschmetterten Gebeinen. Kein Soldat konnte einen Stiefel auf den Boden setzen, ohne dabei den Schädel eines Kameraden zu zerstampfen oder gegen ein gezacktes Stück Metall aus einer verborgenen, leblosen Maschine zu stoßen.
    Und immer noch trieb es die Heerscharen vorwärts, mit der Besinnungslosigkeit von wahrhaft Verzweifelten. Ideale verblaßten zu bloßen Erinnerungen. Das einzige, was noch eine Bedeutung besaß, war das schrecklich verzerrte Gesicht vor einem, angetrieben von einem außer Kontrolle geratenen Gehirn, das einen töten würde, falls man nicht als erster schoß. Die Erde erbebte, und der Himmel schrie auf, als die Armeen ihren Todestanz vorführten.

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