Zodiac - Auf der Spur eines Serienkillers
beschädigtes Sex-Chromosom oder ein Ereignis in der frühen Kindheit der Auslöser sein könnte. Wenn jemand in jungen Jahren Grausamkeit und Ablehnung von seinen Bezugspersonen erfährt, kann das dazu führen, dass der Betreffende zum Bettnässer oder Ladendieb wird; es kann aber auch sein, dass er anfängt, Tiere zu quälen und zu verstümmeln. In der Pubertät kann sich die aufgestaute Wut in immer drastischeren und gut verborgenen sadistischen Akten ausdrücken.
Wenn man die Geschichte rund um den Zodiac-Killer mit einem Wort charakterisieren müsste, so wäre dieses Wort Besessenheit . Im Laufe der Zeit hat der Fall dazu geführt, dass Ehen in die Brüche gingen, berufliche Laufbahnen zerstört wurden und Menschen nachhaltigen gesundheitlichen Schaden nahmen. Mehr als 2500 Verdächtige wurden überprüft, während das Rätsel rund um den Serienkiller immer mehr Menschen in seinen Bann zog und für viele von ihnen eine schwere Belastung darstellte.
Ich wollte mit diesem Buch erreichen, dass der tragische Lauf der Dinge gestoppt und der Mörder gefasst werden könnte. Nach und nach gelang es mir, den Sinn hinter den Symbolen in seinen Briefen zu erkennen, und ich lernte zu verstehen, wie der Mann seine verschlüsselten Texte verfasst hatte, warum er diesen oder jenen Mord verübt hatte und sogar, woher er sein charakteristisches Symbol, das Kreuz im Kreis, hatte.
Dies ist die wahre Geschichte der Jagd auf einen Serienkiller, die im Jahr 1968 begonnen hat und deren Ziel bis heute nicht erreicht wurde. Ich lege in diesem Buch hunderte von Fakten vor, die bisher noch nie veröffentlicht wurden. Es ist ein Bericht, dem acht Jahre Recherchieren zugrunde liegen. In all den Jahren hat die Polizei oder die Presse immer nur einzelne Passagen der Briefe des Mörders veröffentlicht. In diesem Buch lege ich erstmals jedes einzelne Wort öffentlich vor, das der Zodiac-Killer an die Polizei geschrieben hat.
In einigen wenigen Fällen war es notwendig, die Nachnamen von Zeugen wegzulassen, die der Polizei bekannt sind. Ich habe die Namen von einigen der Hauptverdächtigen ebenso geändert wie verschiedene Details bezüglich ihres Berufslebens, ihrer Ausbildung und der Wohnorte. In den Fällen, wo Änderungen notwendig waren, habe ich das im Buch angemerkt. In dem Kapitel über Andrew Todd Walker habe ich bestimmte Dialogpassagen eingefügt, die vielleicht nicht wörtlich, aber durchaus sinngemäß so stattgefunden haben dürften.
Diese Geschichte handelt unter anderem auch von Zauberei, Todesdrohungen und Geheimtexten, sie handelt von einem Serienkiller, der nie gefasst wurde, von einem geheimnisvollen Mann in einem weißen Chevy, der von vielen gesehen wurde, aber den niemand zu kennen schien. All das gehört zum Rätsel rund um den Zodiac-Killer - der beängstigendsten Geschichte, die mir je zu Ohren gekommen ist.
Robert Graysmith
San Francisco
Mai 1985
Karte mit den Tatorten von Zodiacs Opfern im nördlichen Kalifonien. Karte von R. Graysmith
1
David Faraday und Betty Lou Jensen
Freitag, 20. Dezember 1968
Wenn er durch die hügelige Landschaft oberhalb von Vallejo wanderte, konnte David Faraday immer wieder einen Blick auf die Golden Gate Bridge erhaschen. Außerdem sah er die Fischer, die Segel- und Rennboote in der San Pablo Bay und die breiten, mit Bäumen gesäumten Stra ßen der Stadt. Auf der anderen Seite der Meerenge lag Mare Island mit seinen schwarzen Lastkränen, den Piers, Kriegsschiffen und Lagerhäusern.
Im Zweiten Weltkrieg waren tausende in die Gegend geströmt, um für die Navy zu arbeiten, sodass Vallejo sich zu einer blühenden Stadt entwickelte. Einfache Quartiere wurden in Leichtbauweise hochgezogen, die eigentlich nur als provisorische Behausungen gedacht waren. In den Fünfziger- und Sechzigerjahren waren sie zu schwarzen Ghettos geworden, die zum Ausgangspunkt von Rassenhass und Bandenkriminalität wurden, welche dann selbst vor den Highschools nicht Halt machte.
Der siebzehn Jahre alte David Arthur Faraday, der die Vallejo High School besuchte, war nicht nur ein ausgezeichneter Schüler, sondern auch einer der besten Sportler seines Jahrgangs. Ende des Jahres 1968 hatte David ein hübsches sechzehnjähriges Mädchen namens Betty Lou Jensen kennen gelernt, das am anderen Ende der Stadt lebte. Seither hatte er sie fast täglich besucht. An diesem Tag plauderten David und Betty Lou um fünf Uhr nachmittags mit Freunden in der Annette Street, um ein Treffen für den Abend zu
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