Zodius 01 - Ein Sturm zieht auf
viele Dinge, die jetzt verdreht wirken. Offenbar neige ich dazu, mir die falschen Männer auszusuchen.«
Michael wusste nicht, was er dazu sagen sollte. Jahrelang war er davon ausgegangen, seine Mutter sei genauso übel wie sein Vater, und er war sich nicht sicher, ob er bereit war, sie in einem anderen Licht zu betrachten. Diese Haltung hatte einen Großteil seines Lebens bestimmt und auch, wie er sich selbst sah. Doch heute hatte sie sich für ihn und die Renegades eingesetzt.
Letzten Endes hatte sie Cassandra das Leben gerettet, indem sie ihm den Kristall gab, statt ihn zu verstecken. Vermutlich hatte sie sogar Sterling gerettet. Sie trafen eine stillschweigende Übereinkunft, wodurch auf beiden Seiten ein gewisser, wenn auch begrenzter Respekt entstand. Das war gut, wenn man bedachte, dass sie die einzige lebende Person war, die Red Dart zum Laufen bringen konnte. Sie würde zu ihrem eigenen Schutz mit nach Sunrise City kommen, und Caleb würde entscheiden, was mit dem Kristall geschehen sollte. Michael gab Damion ein Zeichen und erteilte den Befehl.
Seine Mutter nahm es widerspruchslos hin. »Ich kann den Renegades helfen«, sagte sie. »Ich will es.«
Das Geräusch gleichzeitig heulender Wölfe sandte eine Warnung durch Michael. Er suchte Caleb und stellte Blickkontakt her. Adam war da. Beide nahmen ihn wahr, kurz bevor er von mehreren Wölfen umringt aus den Wäldern kam.
Michael gab Damion ein Handzeichen, worauf dieser neben ihn trat. »Geh mit Damion, Cassandra«, befahl er.
»Michael …«
»Ich sagte, geh mit Damion«, wiederholte er. »Ich muss dich in Sicherheit wissen.«
Sie nickte zögernd, stellte sich auf die Zehenspitzen und küsste seine Wange. »Pass auf dich auf.«
Michael, Caleb und Sterling gingen auf Adam zu. In der näheren Umgebung befanden sich zu viele Zivilisten, um unentdeckt mit dem Wind gehen zu können. Michael und Sterling hielten sich im Hintergrund, während Caleb vortrat und sich Adam stellte. Zwei mächtige Persönlichkeiten, die einander ähnelten und doch so verschieden waren. Der eine strahlte magische, inspirierende und motivierende Werte aus. Der andere lediglich Boshaftigkeit und Finsternis, das Versprechen auf Zerstörung.
Sie unterhielten sich mit gedämpften Stimmen, zu leise, als dass Michael und Sterling sie hätten verstehen können. Bis Adam mit den heulenden Wölfen im Wind verschwand, schien eine Ewigkeit zu vergehen.
Caleb machte kehrt und kam zu ihnen zurück. Mit straff gespanntem Kiefer blickte er grimmig drein. Er sagte kein Wort, als er zwischen sie trat und per Handzeichen den Aufbruch signalisierte. Die drei Männer verschwanden im Wind – der Anführer der Renegades und die beiden Soldaten, denen er am meisten vertraute.
Worte waren überflüssig. Michael und Sterling wussten das Wichtigste. Der Krieg war nicht vorbei. Tatsächlich könnte er gerade erst begonnen haben.
Stunden, nachdem er Caleb geschworen hatte, einen Renegade nach dem anderen auszulöschen, bis sich sein Bruder den Zodius anschloss, thronte Adam am Tisch des Kolosseums und wartete auf den Beginn des Hauptereignisses. Ava saß bei ihm, Dr. Chin und Tad hatten gegenüber Platz genommen.
»Ich bin ja so aufgeregt, weil Sie hier sind, Dr. Chin«, sagte Ava und streichelte ihren Bauch. »Jetzt weiß ich, dass ich ein gesundes Baby zur Welt bringen werde.« Sie lächelte Tad an. »Und dank dir ist er bei uns.«
Tad neigte den Kopf. »Ich bin dir wie immer treu ergeben.« Ava strahlte vor Freude, was Adam zufriedenstellte. Avas Glück über Chins Ankunft ließ ihn spielend über Tads Versagen hinwegsehen – vorerst zumindest. Das GTECH-Serum, das Chin aus Powells Labor mitgebracht hatte, trug ebenso dazu bei, auch wenn es derzeit nur in begrenzter Menge vorhanden war. Dass ihm die sofortige Realisierung von Red Dart durch die Lappen gegangen war, war zwar enttäuschend, doch irgendwann würden sie es schaffen.
»Vielleicht birgt Ihr Kind«, sagte Chin, »das Geheimnis zur Neugestaltung des Serums.«
Sein Kind, dachte Adam. Ja. Sein Kind war die Zukunft. Heute Nacht lag etwas Bedeutungsvolles in der Luft, dachte Adam, während er Chin zuprostete und anschließend allen anderen am Tisch. »Auf die Zukunft der Zodius-Nation.«
Er wusste, dass die Renegades der Meinung waren, mit der Vernichtung von Red Dart einen Sieg errungen zu haben, doch schon bald würden sie erkennen, dass das ein Irrtum war. Adams Vorhaben, die Zodius-Bewegung zu vergrößern, hatte gerade erst
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