Zoe und der maechtige Tycoon
sich zum Gehen wenden. Dabei fiel ihr Blick auf eine gerahmte Fotografie.
Wie in Trance griff sie nach dem schweren Silberrahmen und drehte ihn so, dass sie das Bild sehen konnte. Es zeigte eine Familie. Die Frau, etwa Anfang fünfzig, trug einen silbergrauen Bob. Neben ihr standen zwei Jungen und ein Mädchen – beziehungsweise eine junge Frau, die ungefähr in Zoes Alter sein musste. Ihre Brüder waren im Teenageralter.
Er hatte also eine Familie. Warum auch nicht?
Tränenblind starrte Zoe auf ihre Halbgeschwister, die sie nie kennenlernen würde. Wahrscheinlich würden sie es auch gar nicht wollen. Sie gehörte nicht zu ihnen. Und sie gehörte nicht zu den Balfours …
Hinter ihr öffnete sich eine Tür, dann fühlte sie eine Hand an ihrem Ellenbogen. „Miss Balfour, ich möchte Sie hinausbegleiten.“
„Fassen Sie mich nicht an!“, zischte Zoe gereizt, schüttelte die fremde Hand ab und wandte sich Thomas Anderson zu. „Du kannst es leugnen, solange du willst.“ Die Kälte in ihrer Stimme stand seiner in nichts nach. „Aber wir beide kennen die Wahrheit.“
Erneut griff der Sicherheitschef nach ihrem Arm und zog Zoe rückwärts in Richtung Tür. Während sie ihrem Vater ein letztes Mal in die Augen schaute, türmten sich Schmerz und Hass zu einer gewaltigen Welle in ihr auf. „Wir wissen es beide“, flüsterte sie rau. „Und das hier werde ich dir nie vergessen … niemals!“
Erneut schüttelte sie den Sicherheitschef ab, drehte sich auf dem Absatz um und floh aus Thomas Andersons Büro.
Die neugierigen Blicke seiner PA und diverser Geschäftsleute, die mit ihr den Lift bestiegen, bemerkte Zoe gar nicht. Ebenso wenig wie die Empfangsdame im Foyer, die sie höflich verabschieden wollte, oder den Portier, der ihr beflissen die Tür aufhielt.
Ihr schlimmster Albtraum hatte sich erfüllt, und das Einzige, was Zoe spürte, war ein namenloser Schmerz, der ihr die Luft zum Atmen raubte. Ihr Kopf fühlte sich seltsam leicht an, während alles um sie herum in einem dichten Nebel zu verschwinden schien. Ihr Magen verkrampfte sich und kurz darauf verspürte sie heftige Übelkeit. Auf der Oberlippe erschienen winzige Schweißperlen.
Zoe lehnte sich an die nächstbeste Hauswand und versuchte durchzuatmen. Und dann begann auch noch ihr Handy zu klingeln. Während sie es mit zitternden Fingern aus der Tasche fischte, überfiel sie eine wilde, unsinnige Hoffnung. Ob ihr Vater es sich vielleicht anders überlegt hatte und sich bei ihr entschuldigen wollte? Blödsinn, er kannte ja nicht einmal ihre Nummer.
Es war Karen. „Zoe, ich wollte dich nur noch einmal daran erinnern, dass wir für heute Abend verabredet sind. Ein paar unserer alten Freunde kommen auch, wir wollen uns den neuen Nachtklub in … Zoe ?“
Mit geschlossenen Augen lehnte Zoe immer noch an der Wand und versuchte, den metallischen Geschmack in ihrem Mund loszuwerden. „Nachtklub …“, wiederholte sie mit belegter Stimme und bemühte sich, einen Sinn in Karens Worten zu finden.
„Ja, es wird sicher lustig! Aber du hörst dich etwas seltsam an. Ist alles in Ordnung mit dir?“
Für den Bruchteil einer Sekunde war sie versucht, ihrer Freundin die ungeschminkte Wahrheit zu gestehen.
Nein, es geht mir absolut nicht gut. Wie denn auch, wenn ich innerhalb weniger Wochen von den zwei wichtigsten Männern in meinem Leben abgewiesen werde. Ich weiß nicht, wer ich bin oder wer ich überhaupt sein will und sterbe fast vor Angst und Einsamkeit …
„Mir geht’s bestens“, brachte sie stattdessen einigermaßen überzeugend heraus.
„Dann kommst du heute Abend mit?“
Zoe öffnete die Augen und stieß sich von der Wand ab. „Ja, natürlich …“
Beseelt von dem festen Entschluss, Thomas Anderson und Max Monroe für immer zu vergessen, stürzte sich Zoe mit Karen und einigen Freunden aus alten Zeiten ins New Yorker Nachtleben.
Beide Männer hatten sie mit dem gleichen Blick voller Misstrauen und Zurückweisung verletzt, und ihre harten Worte hallten immer noch in ihrem Kopf und ihrem Herzen nach. Trotzdem tat sie ihr Bestes, damit niemand bemerkte, wie desillusioniert und verzweifelt sie war.
Zoe tanzte, lachte und flirtete, als ginge es um ihr Leben. Innerlich stand sie allerdings kurz vor dem Zusammenbruch. Die laute Musik tat ihrem Kopf weh, und gleich den ersten Cocktail ließ sie stehen, weil er ihr zu sauer war. Als ihr dann auch noch schwindelig und übel wurde, hastete sie zur Toilette.
Im Vorraum traf sie auf zwei aufgestylte
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