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Zoë

Titel: Zoë Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C Carmichael
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freiwillig zurückgelassen. Nicht, wenn nicht etwas passiert wäre, etwas Schreckliches, Unvorhergesehenes.
    Auf einmal fühlte ich mich unbehaglich. Es wurde jetzt rasch dunkler, die Sonne ging unter. Wenn es erst richtig dunkel war, würde ich womöglich nicht mehr zurückfinden.
    Bevor ich ging, sah ich mich noch einmal um, ob auch alles genau so war wie zuvor. Ich wusste, ich würde bald wieder herkommen.

 
    In jüngeren Jahren hatte er schlechtes Wetter schon gespürt, bevor es so weit war: Regen an der Schwere der Luft, Eis und Schnee an dem stahlgrauen Licht. Das war jetzt anders.
    Dieses Jahr schneite es ungeheuer früh, anfangs nur zarte Flöckchen, doch schon bald fiel dichter Schnee aus großen, nassen Flocken. Eisiger Wind fuhr ihm mühelos durch den Pelz und in die alten Knochen. Sein Kopf, seine Ohren, seine Augen, sein ganzer schmerzender Körper sagten ihm, dass der Winter da war und dass dieser Winter sein letzter sein könnte.
    Seine Näpfe waren stets gefüllt und warteten auf ihn in der Kiste im Hof des Mannes. Er fraß dankbar. Die Lastwagen waren weggefahren, das Haus lag still und dunkel da. Er rollte sich im Kriechkeller zusammen, dicht neben der Heizung, um ein bisschen zu schlafen.
    Am Morgen erblickte er eine weiße Welt vor der Öffnung des Kriechkellers. Während er geschlafen hatte, war Schnee herangeweht, hatte seine Näpfe zugedeckt, die Kiste einen Fuß tief unter sich begraben, eine Schneewehe verschloss den Eingang zum Kriechkeller bis auf einen Spalt, durch den Tageslicht hereinfiel. Aber ihn musste das nicht stören. Bei der Heizung war es warm, gegessen hatte er auch am Abend, und Wasser gab es mehr als genug. Sicher, es war gefroren, aber es würde schon tauen.
    Auch das Mädchen wurde vom Schnee überrascht. Er hörte sie oben überrascht aufschreien und aus dem Haus rennen, hörte, wie die Tür hinter ihr zuschlug. Begeisterte Rufe. Keine Schule! Keine Schule! Onkel Henry! Komm! Sieh doch nur!
    Der Kater verließ seinen Platz an der Heizung und spähte durch einen Riss im Fundament des Hauses über ihm.
    Verschlafen kam der Mann hinter ihr hergetrabt. Zieh dir was an! Wenigstens Schuhe! Um Gottes willen, bist du völlig verrückt geworden?
    O ja! O ja, ja, ja!, rief sie und warf das weiße Pulver mit vollen Händen in die Luft. Was wird das verrückte Mädchen als Erstes machen? Schneebälle werfen? Achtung!
    He!, rief der Mann, als der erste ihn traf. Lass das! Doch sie hörte nicht auf, und plötzlich hob ein quiekendes, brüllendes Duett an, ein Schneespektakel aus einem Mann und einem Mädchen.
    Der Kater sah zu, wie das Mädchen richtig wild wurde und Schneebälle auf den Mann abschoss, der beide Arme vor dem Gesicht verschränkte. Peng! Platsch!, spottete sie, während ihre Geschosse hinüberflogen und trafen, durch die Luft segelten und ihr Ziel verpassten.
    Und dann war der Mann mit wenigen Sprüngen bei ihr, packte sie um die Taille, hob sie hoch und beförderte sie in hohem Bogen auf die Veranda.
    Lass mich runter!, schrie sie. Du bist gemein!
    Sie strampelte und schrie, aber der Schrei war nur gespielt, so wie wenn der Kater mit seinem Fressen nur noch spielte, weil er den Bauch schon voll hatte. Das Mädchen hätte mit Leichtigkeit fester zutreten können, hätte den Mann beißen oder kratzen können, wenn es gewollt hätte, sich loswinden, und auch der Mann hielt sie nur leicht, auch sein Ärger war gespielt. Beide waren sie rot imGesicht, nass, sie zitterten, und obschon sie weiter herumzankten, so meinten sie es nicht ernst. Der Mann schleppte sie ins Haus, weil sie ihn ließ, weil sie wollte, dass er es tat.
    Wie mochte sich so etwas anfühlen?

7
     
     
    Schnee! Im Oktober! Im selben Moment, wo ich es merkte, raste ich auch schon nach draußen, nur in meinem Bademantel und mit dem Spielverderber Henry dicht auf den Fersen, der mir hinterherbrüllte, ich sei ja verrückt. Aber ich habe mich gerächt. Er hat so lange Schneebälle abbekommen, bis er von Kopf bis Fuß weiß war. Dann hat er sich todesmutig zu mir durchgekämpft, mich geschnappt und zurück ins Haus geschleppt.
    Er hat sich seinen Schneepelz abgeklopft und mich kopfschüttelnd und ziemlich finster angesehen. »Heiße Dusche, warme Kleider«, sagte er und zeigte nach oben.
    Als ich wieder nach unten kam, hatte er Kakao gekocht, in seinem Arbeitszimmer Feuer im Kamin gemacht und zwei Sessel davorgeschoben. Zwischen ihnen stand der gepolsterte Fußhocker. Henry hatte sich bereits in dem hinteren

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