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Zorn - Wo kein Licht

Zorn - Wo kein Licht

Titel: Zorn - Wo kein Licht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephan Ludwig
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hat das mit de Koop zu tun?«
    Zorn schwieg. Er wusste einfach nicht, was er sagen sollte.
    »Eine krude Botschaft, von der wir noch nicht einmal genau wissen, von wem sie stammt. Anspielungen, Vermutungen, Verdächtigungen. Natürlich müssen wir der Sache nachgehen, aber irgendwelche konkreten Beweise sehe ich da nicht.«
    »Wie Sie meinen.«
    Zorn ging zur Tür.
    »Wo wollen Sie hin?«, fragte Frieda Borck.
    »In mein Büro. Ich muss die Blumen gießen. Mehr kann ich offensichtlich im Moment nicht tun.«
    »Jetzt hören Sie mir mal genau zu.« Etwas in der Stimme der Staatsanwältin ließ Zorn innehalten. »Spielen Sie hier nicht die beleidigte Leberwurst! Es gibt Vorschriften, an die werden wir uns halten. Sie sind Beamter, vergessen Sie das nicht.«
    Danke, dass du mich daran erinnerst, dachte Zorn. Ich könnte Luftsprünge machen vor Freude.
    »Ich werde die Prozessakten anfordern«, fuhr Frieda Borck fort. »Bis dahin werden Sie abwarten.«
    »Sehr wohl.« Zorn deutete eine Verbeugung an. »War’s das jetzt?«
    »Hauen Sie schon ab.«
    »Gern. Grüßen Sie Czernyk von mir.«
    Die Staatsanwältin setzte zu einer Erwiderung an, doch da hatte Zorn die Tür schon hinter sich geschlossen.
    *
    Der Hieb traf das gesunde Bein seitlich an der Wade. Der Knochen splitterte, ein trockenes Knacken, beide Beine knickten weg wie dürre Äste. Jeremias Staal wurde nach vorn geschleudert, sein Kopf prallte gegen die Eingangstür, langsam, wie in Zeitlupe sank er zusammen, seine Wange schabte über das rissige Holz, Splitter gruben sich in die Haut und hinterließen kleine Risswunden.
    Staal hatte keine Ahnung, was mit ihm geschah. Nichts war zu hören, kein Atmen, keine Schritte, es schien, als sei ein körperloser Geist über ihn hergefallen. Ein letzter Instinkt, nicht viel mehr als ein elektrischer Impuls, sagte ihm, dass er aufstehen musste, weg von hier, er hatte doch einen Plan, wollte nach oben, in seine Wohnung, ein wenig schlafen, Kräfte sammeln und dann in Ruhe seine Flucht überlegen, dort oben war alles, was er brauchte.
    In einer letzten, fast übermenschlichen Anstrengung schaffte er es, die Arme anzuwinkeln und auf den Ellbogen ein Stück in Richtung Tür zu kriechen.
    Er bemerkte nicht, dass die Eisenstange hinter ihm erneut erhoben wurde. Ein Pfeifen, das Metall durchschnitt die Luft und zertrümmerte sein Rückgrat.
    Der untere Teil seines Körpers verwandelte sich in einen nutzlosen Haufen zuckenden Fleisches. Jeremias Staal bäumte sich ein letztes Mal auf, rutschte nach vorn, wie ein tödlich getroffenes Tier, das sich zum Sterben in seine Höhle zurückziehen will.
    Ein Sausen.
    Der dritte Hieb traf seinen Hinterkopf.
    Er spürte es nicht mehr.
    *
    Zwei Stunden später betrat der dicke Schröder die Wohnung von Jeremias Staal. Es dauerte eine weitere Stunde, bis er die versteckte Schublade im Schreibtisch entdeckt hatte, wo er Staals Medikamente, eine kleinkalibrige Beretta, drei gefälschte Ausweise und zweihundertvierzigtausend Euro in bar fand.
    Hauptkommissar Schröder war ein sehr gewissenhafter Mensch, und so war es nicht verwunderlich, dass er sich auch auf dem Grundstück genauer umsah. Im Container fand er die Leiche des vorgeblichen Autohändlers, dessen Überreste zwischen Bauschutt, leeren Farbeimern und gesplitterten Schalbrettern abgelegt worden waren wie ein Müllsack. Schröder erkannte den Mann, dem er am Morgen vor dem Präsidium seine Hilfe angeboten hatte, und wusste jetzt auch, warum er ihm bekannt vorgekommen war: Er hatte sein Foto auf einer der Fahndungslisten gesehen.

Dreizehn
    Abends.
    Der Fluss schob sich träge nach Norden, das Licht der Laternen glänzte auf der glatten, wie geteert wirkenden Oberfläche. Die Promenade war leer, bis auf ein paar Hundebesitzer mit ihren Tieren, die müde über das nasse Pflaster schlurften. Dazu gesellten sich einige Jogger und ein Pärchen, das langsam am Ufer entlangschlenderte.
    »Und was hast du den ganzen Tag über gemacht?«, fragte Frieda Borck.
    »Nichts Besonderes.« Jan Czernyk wich einer Pfütze aus. »Ich bin ein wenig rumgelaufen, hab mir die Stadt angeschaut. Was man so macht, wenn man eigentlich nichts macht.«
    »Ich beneide dich.«
    »Zorn hat erzählt, was bei euch los ist, neulich, als ich ihn auf dem Polizeiball getroffen habe. Er sagte, dass ihr unheimlich zu tun habt. Willst du drüber reden?«
    »Willst du’s denn wissen?«
    Czernyk dachte nach.
    »Ehrlich gesagt, nein. Ich brauche ein bisschen Abstand. Das hab ich

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