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Zorn - Wo kein Licht

Zorn - Wo kein Licht

Titel: Zorn - Wo kein Licht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephan Ludwig
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Wichtiges?«
    »Ich denke schon.« Schröder strich den Scheitel glatt. »Wir haben den Inhaber der Nummer.«
    Ein Windstoß fegte über den Parkplatz, die Flamme erlosch.
    »Was?«
    »Den Absender der SMS.«
    Zorn starrte Schröder an, die unangezündete Zigarette im Mundwinkel.
    »Ja und?«
    »Eine Geheimnummer. Sie gehört einem vermissten Richter.«
    Zorn wedelte mit dem Feuerzeug durch die Luft.
    » Dem vermissten Richter?«
    » Si, señor.«
    Zorns Kinnlade klappte herunter, die Zigarette fiel zu Boden, rollte davon und verschwand in einem Gully.
    »Das ist nicht dein Ernst.«
    »Doch, Chef. Die Herrschaften von der Kriminaltechnik sind sicher.«
    »Ich habe diesen Richter noch nie gesehen. Du?«
    Schröder schüttelte stumm den Kopf.
    »Woher hat er dann deine Nummer, Schröder? Und warum lässt er mich grüßen?«
    Auf der Hauptstraße donnerte ein Lastzug heran und kam mit quietschenden Bremsen zum Stehen. Der Boden bebte unter ihren Füßen.
    »Es könnte auch ganz anders sein«, sagte Schröder.
    Zorn dachte nach. Dann nickte er.
    »Vielleicht war es nicht der Richter, der die Nachricht geschickt hat.«
    »Richtig, Chef. Jemand hat sein Handy benutzt.«
    Ein Motor heulte auf, der Lastzug fuhr an. WIR BRINGEN’S!, stand in riesigen roten Lettern auf der Plane. Daneben räkelte sich eine drei Meter große, knapp bekleidete Blondine.
    »Entweder«, sagte Zorn, »der Richter hat das Telefon verloren, oder es wurde ihm weggenommen. Ich würde von letzterem ausgehen. Das wiederum würde erklären, warum er verschwunden ist.«
    Schröder kaute an seiner Unterlippe.
    »Er wurde entführt.«
    »Ja«, nickte Zorn. »Und der Entführer schickt uns eine Nachricht.«
    »Weil er uns sagen will, dass alles zusammenhängt.«
    »Warum?«
    »Das«, erklärte Schröder, »werden wir rausfinden. Bald.«
    Er zog die Schultern hoch und stapfte über den Parkplatz in Richtung Haupteingang. Zorn zog eine neue Zigarette hervor und steckte sie in den Mund. Überlegte einen Moment und verstaute sie wieder in der Jacke.
    Dann lief er Schröder hinterher.

Zwölf
    Jeremias Staal wohnte im Dachgeschoss eines zweistöckigen, ziegelrot gestrichenen Flachbaus, keinen Steinwurf entfernt vom archäologischen Landesmuseum. Das Grundstück war ungepflegt und verwahrlost, und obwohl Staal sich ohne weiteres ein sündhaft teures Loft in der Innenstadt hätte leisten können, hatte er doch genau diese Wohnung ausgesucht, weil er hier nahezu ungestört war. Die Rentnerin im Apartment gegenüber schien ständig zu schlafen, in der ersten Etage lebte ein Student, den er noch nie gesehen hatte – angeblich war er auf Studienreise in Russland. Das Ladengeschäft im Erdgeschoss stand seit Jahren leer, früher hatte sich hier eine Druckerei befunden.
    Außerdem verfügte das Grundstück über einen zweiten, etwas versteckten Zugang. Wenn man über den kleinen Innenhof lief, gelangte man zu einer Tür, die direkt in einer engen Nebenstraße mündete. Staal hatte diesen Eingang bisher noch nie benutzt, aber das Gefühl, einen Fluchtweg zu besitzen, war immer beruhigend gewesen.
    Er öffnete das Holztor zum Innenhof einen Spalt. Seine Augen wirkten riesig in dem blassen, dunkelrot gefleckten Gesicht. Vorsichtig sah er sich um, trat ein und zog die Tür hinter sich zu. Er lehnte sich mit dem Rücken gegen das Holz und massierte die schmerzende Brust. Schweiß glänzte auf seiner Oberlippe, sein Atem ging flach und pfeifend, rasselte wie ein altersschwacher Schiffsdiesel.
    Er machte drei, vier unsichere Schritte, stand schließlich im Innenhof und sah hinauf zu den Fenstern seiner Wohnung. Der Hof war mit Baumaterial übersät, vor ein paar Monaten hatte der Besitzer begonnen die verlassene Druckerei auszubauen, doch dann war das Geld ausgegangen und die Arbeiten eingestellt worden. An der Hauswand stand ein rostiger Papiercontainer, daneben lagen faulende Holzpaletten und gesplitterte Gipskartonplatten, alte Türen lehnten an der Mauer zum Nachbargrundstück.
    Staals aufgesprungene Lippen bewegten sich, er murmelte vor sich hin, es klang wie das Gestammel eines Betrunkenen.
    »Vorsichtig. Ich muss vorsichtig sein.«
    Er wollte seinem ersten Impuls folgen, sofort hinauflaufen zu seiner Wohnung. Doch ein letzter Rest seines vom Fieber geschüttelten Verstands schrie ihm zu, dass er abwarten musste. Prüfen, ob jemand in der Wohnung war.
    Er wankte zur Mauer und setzte sich auf einen aufgeplatzten Zementsack. Innerhalb von Sekunden war sein Hintern

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