Zornesblind
dass sie seine Verärgerung teilte. Was war da los? Wer zum Kuckuck war noch vor ihnen im Arabic Beans eingetrudelt?
Zehn Schritte weiter, und Striker wusste Bescheid.
Die Milchglastüren zu dem Café schwenkten langsam auf, zwei Personen traten hinaus. Die zierliche Asiatin wusste Striker auf Anhieb nicht zuzuordnen. Den Cop, der sie begleitete, kannte er allerdinge zur Genüge: Bernard Hamilton, Wagen 87, vom Mental Health Team. Der Ermittler sah rot.
Die beiden waren bestimmt wegen Larisa hier.
Striker baute sich vor Hamilton auf. »Verdammt, was machen Sie hier?«
Bernard Hamilton grinste gönnerhaft. »Wir suchen Larisa. Hab einen Tipp bekommen, dass sie hier sein soll.« Er zwinkerte vielsagend.
»Einen Tipp? Von wem?«
Bernard grinste bloß. »Seine Informanten sollte man schön für sich behalten«, lautete sein lapidarer Kommentar.
Striker sah weit und breit keine Spur von dem Mädchen. »Wo ist sie?«
»Hier ist sie jedenfalls nicht«, räumte Bernard ein. »Ich hab den Laden überprüft. Sie war schon weg, bevor wir kamen.«
Der Detective tauschte mit Felicia einen Blick. »Du behältst die Tür im Auge.« Dann verschwand er in der Kaffeebar.
Es war ein kleines, dämmriges Café mit einem großen Spiegel hinter der Bar, der die blaue Neonreklame Arabic Beans reflektierte, die im Fenster hing. Hinter der Theke stand ein dunkelhäutiger Barista, hoch gewachsen und überschlank. Er spülte Kaffeebecher.
Striker trat zu ihm. »Ist Ihnen hier drin zufällig eine junge Frau aufgefallen?« Er beschrieb Larisa. »Sie hat halblange braune Haare«, schloss er.
Der Mann stellte die Tasse ab und zog die Stirn in Falten. »Ich seh hier drin ’ne Menge Leute«, sagte er, seine Stimme angenehm tief. Er sprach langsam, als hätte er alle Zeit der Welt. Der weiche Akzent erinnerte Striker an die Honduraner, mit denen er als Streifenpolizist oft aneinandergerasselt war. »Wir sind im Metrotown, Mann. Hier ist immer viel los.«
Striker angelte sein iPhone aus der Tasche und öffnete seine Fotogalerie. Er scrollte durch die Bilder, fand das von Larisa und zeigte es dem Mann. Der Barista sah sich das Foto lange an und schüttelte den Kopf.
»Nie gesehen, das Mädchen.«
»Haben Sie Videoüberwachung?«
»Nää, Mann, ist dem Chef zu teuer, Mann. Wir sind froh, dass wir heißes Wasser zum Abwaschen haben.«
Striker fluchte. Er verließ den Tresen und sah sich in der Kaffeebar um. Er begann im hinteren Teil, checkte die beiden Toiletten, sie waren leer. Dann schlenderte er an den Tischen vorbei und konzentrierte sich auf die wenigen Gäste. Fünf Männer, vier Frauen: zwei Asiatinnen, eine Afroamerikanerin und eine Weiße von über eins achtzig.
Striker kochte innerlich.
Larisa war weg; sie hatten sie verpasst.
Wieder einmal.
Beim Hinausgehen fiel sein Blick auf eine Reihe Monitore, die an der Längswand standen. Die ersten vier waren in seine Richtung, der fünfte war zur Wand gedreht.
Striker lief spontan dorthin, checkte Stuhl und Boden. Vielleicht war irgendetwas hinuntergefallen. Geldbörse. Personalausweis. Irgendetwas, das Larisa gehörte und ihnen neue Aufschlüsse gab.
Er fand jedoch nichts.
Er drehte den Monitor so, dass er den Bildschirm sehen konnte. Auf der weißen Fläche tanzten schwarze Buchstaben. Eine Nachricht. Kaum las Striker die Message, sank sein Herz ins Bodenlose.
Wagen 87?
Bin wohl wieder aufs Kreuz gelegt worden, was?
Ich kann es nicht fassen.
Sie waren meine letzte Hoffnung, Jacob.
Meine einzige Hoffnung.
66
Nachdem er seine Belohnung bekommen hatte und das Mädchen gegangen war, schälte die Natter sich aus dem weichen Bett und schlenderte zu dem Barschrank. Er nahm sich eine Flasche Mineralwasser – Semillante, aus Frankreich – und schraubte den Verschluss auf. Der Sprudel lief prickelnd durch seine Kehle, und er dachte wieder an das Mädchen. Fühlte ihre Wärme an seinem Körper. Ihre feuchte Grotte. Ihre süßen weichen Lippen. Sie fehlte ihm.
Es war sehr, sehr eigenartig. Er konnte es nicht begreifen.
Er zog sich an und verließ den Spezialraum. Er öffnete die Falltür und kletterte die Leiter hinunter. Auf halbem Weg nach unten hörte er, dass der Doktor oben mit dem Mädchen sprach.
»Hast du ihn befriedigt?«, wollte der Doktor wissen.
»Ich glaub schon.«
»Du glaubst ?«
»Mmh … ja, er machte jedenfalls den Eindruck.«
»Ist er gekommen?«
Schweigen.
»Ich hab dich was gefragt, Mädchen.«
»Er … er kommt nicht immer …«
Der Doktor holte
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