Zu cool für dich
marschierte er hindurch und legte seine Hände auf ihre Schultern, obwohl sie eifrig schrieb. Ihr Tippen wurde dann schneller, lauter; so als würde sie sich extra beeilen, um das, was sie im Kopf hatte, noch eben zu Papier zu bringen, bevor er sie völlig aus der Konzentration riss. Dann ging er unter die Dusche und bat sie ihm ein kaltes Bier zu bringen, das wäre nett, Liebling. Eine Viertelstunde später kam unweigerlich der Ruf nach dem Bier, wo bleibt es denn, Schatz? Erneut zog sie ihr Tipptempo an, um die letzten Zeilen rauszuhämmern, bevor er wieder ins Arbeitszimmer latschte, eine Aftershave-Wolke um sich verbreitete und sich erkundigte, was es zum Abendessen gab.
Das Verrückte war, dass meine Mutter den Zirkus mitmachte. Sie schien Don immer noch völlig verfallen zu sein und dachte wohl, es wäre kein zu hoher Preis für ihr Liebesglück, wenn sie ihr eigenes Schreibpensum irgendwo dazwischenquetschte, um sich seinem Tagesablauf anzupassen. Bei allen anderen Ehemännern und Beziehungen hatte sie auf ihrem eigenen Rhythmus bestanden und den Kerlen die gleiche Predigt über ihre »Bedürfnisse als Künstlerin« gehalten wie uns früher. Und »strikt eingehaltene Arbeitszeiten« gehörten eben unabdingbar dazu. Aber dieses Mal war sie anscheinend bereit, Kompromisse zu schließen – als sollte die Ehe mit Don tatsächlich die letzte sein.
Chloe ging zur Toilette und ich zu dem Tisch, den Don für meine Mutter hatte aufbauen lassen. Hinter ihrhing ein Transparent, auf dem in großen roten Buchstaben, von Herzen eingerahmt, stand: LERNEN SIE DIE BESTSELLERAUTORIN BARBARA STARR PERSÖNLICH KENNEN! Sie hatte eine Sonnenbrille auf der Nase und fächelte sich mit einer Zeitschrift Luft zu, wäh rend sie mit einer Frau sprach, die eine Gürteltasche trug und ein Kleinkind auf dem Arm hatte.
»... dass Melinda Kennedy bisher Ihre beste Figur war.« Die Frau hob das Kind auf ihre andere Hüfte. »Man konnte ihren Schmerz bei der Trennung von Donovan richtig mitfühlen. Ich habe gar nicht mehr aufgehört zu lesen, es war unmöglich, ehrlich. Ich musste einfach wissen, ob die zwei wieder zusammenkommen.«
»Vielen Dank.« Meine Mutter lächelte.
»Arbeiten Sie gerade an einem neuen Roman?«, fragte die Frau.
»Ja«, antwortete meine Mutter und senkte dramatisch die Stimme, als sie hinzufügte: »Ich glaube, er wird Ihnen gefallen. Die Hauptfigur hat viel Ähnlichkeit mit Melinda.«
»Oooh!«, sagte die Frau. »Ich kann es kaum noch erwarten, ehrlich nicht.«
»Betsy!«, rief jemand vom Popcornautomaten her. »Kommst du endlich?«
»Mein Mann«, sagte die Frau. »Es war schön, Sie endlich mal persönlich kennen zu lernen, ehrlich.«
»Gleichfalls«, erwiderte meine Mutter und warf dann einen Blick auf ihre Uhr. Don wollte, dass sie drei Stunden blieb, aber ich hoffte, wir würden eher aufbrechen. Ich war mir nämlich nicht sicher, wie viel Männer gesangsquartett ich noch ertragen konnte.
»Deine Leser lieben dich«, sagte ich zu ihr.
»Ich glaube nicht, dass das hier wirklich meine Leser sind. Ich bin schon zwei Mal gefragt worden, wie man einen Wagen finanzieren kann. Und hauptsächlich erkläre ich den Leuten, wo es zur Toilette geht.« Etwas munterer fügte sie hinzu: »Aber die vier Herren dort drüben gefallen mir ausnehmend gut. Sehr stilvoll und elegant, findest du nicht?«
Ich verzichtete auf eine Antwort und hockte mich stattdessen neben sie auf den Bordstein.
Seufzend fächelte sie sich weiter Luft zu. »Es ist so heiß. Gibst du mir was von deinem Getränk ab?«, fragte sie.
Ich betrachtete die
KaBoom
-Flasche, die Lissa mir aufgedrängt hatte. »Das Zeug hier möchtest du ganz bestimmt nicht trinken«, antwortete ich.
»Unsinn«, meinte sie arglos. »Man verbrennt hier draußen geradezu. Komm, gib mir einen Schluck.«
Achselzuckend reichte ich ihr die Flasche. Sie schraubte den Deckel ab und nahm einen kräftigen Schluck. Machte ein skeptisches Gesicht, schluckte mühsam und gab mir die Flasche zurück.
»Ich habe dich gewarnt«, sagte ich.
Genau in dem Moment bog der weiße Minibus von
Truth Squad
mit Geschepper auf den Parkplatz und hielt neben einem der Autostände. Die Hintertür öffnete sich; John Miller, die Trommelstöcke unter den Arm geklemmt, sprang heraus, gefolgt von Lucas, der eine Mandarine aß. Ted kletterte vom Fahrersitz und knallte die Tür hinter sich zu, während die beiden anderen bereits begannen Anlage und Instrumente auszuladen. Als Letzter stieg Dexter
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