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Zu cool für dich

Zu cool für dich

Titel: Zu cool für dich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sarah Dessen
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dass jeder im Haus es hören konnte; jeder bis auf Chris, der sowieso oben war und sich um seine Viecher kümmerte.
    Momentan hatte ich allerdings größere Probleme als Jennifer Anne.
    »Natürlich verstehe ich das.« Meine Mutter war mittlerweile den Tränen nah, ihre Stimme zitterte. »Aber was Sie offenbar nicht verstehen, ist, dass heute Abend hundert Leute im Hilton auf mich warten, und wo bin ich? Nicht da!«
    »Ganz ruhig bleiben!« Ich stellte mich hinter sie und legte sanft die Hand über die Sprechmuschel. »Lass mich mal mit denen reden, Mom.«
    »Es ist einfach absurd«, sprudelte sie empört hervor und überließ mir den Hörer. »Es ist so   ...«
    »Mom, du machst dich jetzt fertig«, sagte ich ruhig, »und ich kümmere mich um das Problem, okay?«
    Sie rührte sich nicht, sondern blinzelte mich nur desorientiert an. Ihr Kleid hatte sie bereits angezogen, ihre Strumpfhose hielt sie in der Hand. Aber sie trug noch keinen Schmuck, kein Make-up. Was bedeutete, dass es mindestens fünfundzwanzig Minuten dauern würde, bis sie fertig war   – wenn wir Glück hatten.
    »Na gut«, meinte sie schließlich, so als täte sie mir einen Gefallen. »Ich bin oben.«
    »Alles klar.« Ich sah ihr nach, während sie das Zimmerverließ und sich dabei mit allen zehn Fingern durch die Haare fuhr. Als sie fort war, hielt ich den Hörer ans Ohr. »Spreche ich mit Albert?«
    »Nein«, erwiderte eine misstrauische Stimme. »Hier ist Thomas.«
    »Ist Albert da?«
    »Einen Moment.« Am anderen Ende legte sich eine Hand auf die Muschel, gedämpftes Gemurmel war zu vernehmen, schließlich: »Ja bitte, Albert am Apparat.«
    »Albert, hier ist Remy Starr.«
    »Hallo, Remy! Hören Sie, tut mir Leid, bei uns herrscht gerade ein einziges Durcheinander.«
    »Und meine Mutter steht kurz vorm Nervenzusammenbruch.«
    »Ich weiß, ich weiß. Aber Thomas hat schon die ganze Zeit über versucht ihr zu erklären   ... wir schlagen Folgendes vor   ...«
    Fünf Minuten später ging ich die Treppe hoch, klopfte an die Schlafzimmertür meiner Mutter und trat ein. Sie saß an ihrer Frisierkommode und sah fast genauso aus wie vorher. Abgesehen davon, dass sie ein anderes Kleid trug und gerade mit einem Schwämmchen Makeup auf ihrem Gesicht verteilte. Wir machten also Fortschritte. O Wunder.
    »Alles geklärt«, teilte ich ihr mit. »Das Auto kommt um sechs. Keine Limousine, aber einer von ihren größ ten Wagen. Wegen morgen ist auch alles geregelt, und das ist ja wohl die Hauptsache. Einverstanden?«
    Mit einem dahingehauchten Seufzer legte sie eine Hand auf ihre Brust, als würde ihr wild klopfendes Herz durch diese Nachricht endlich ein wenig beruhigt. »Wunderbar. Danke.«
    Ich setzte mich auf ihr Bett, schleuderte die Schuhe von den Füßen und warf einen Blick auf die Uhr. Viertel nach fünf. Wenn ich musste, konnte ich mich in exakt achtzehn Minuten komplett ausgehfertig stylen, inklusive Haare waschen und fönen. Deshalb lehnte ich mich in aller Ruhe zurück, schloss die Augen und lauschte den Vorbereitungsgeräuschen meiner Mutter: leises Klirren von Parfumflakons, von Tiegeln mit Augengel und Tagescreme, die auf der verspiegelten Kommodenoberfläche hin und her geschoben wurden. Meine Mutter war schon immer ein glamouröser Typ gewesen, lange bevor es konkrete Anlässe dafür gab. Sie war klein, zierlich, aber an den richtigen Stellen gerundet und ein wahres Energiebündel. Und sie neigte zu theatralischen Auftritten. Mit Vorliebe trug sie meterweise metallene Armreifen, die effektvoll klimperten, wenn sie beim Sprechen ihre Worte mit dramatischen Gesten begleitete. Schon als sie noch Abendkurse am College gab, wo die meisten Studenten sowieso vor lauter Müdigkeit einschliefen, weil sie den ganzen Tag arbeiten mussten, brezelte sie sich auf. Sie trat nie ohne perfektes Makeup, Parfum, Schmuck und ihr Markenzeichen   – weite wehende Kleider in leuchtenden Farben   – vor die Klasse. Ihr dunkles Haar, das sie in einem kurzen Pagenkopf mit dichtem, geradem Pony trug, wurde allmählich grau, deshalb ließ sie es mittlerweile pechschwarz fär ben . Mit der Frisur und ihren langen, fließenden Gewändern hätte sie fast als Geisha durchgehen können. Allerdings eine ziemlich laute Geisha.
    »Remy, mein Schatz«, sagte sie plötzlich. Ich schreckte hoch, denn ich war drauf und dran gewesen einzuschlafen. »Machst du bitte den Verschluss zu?«
    Ich stand auf, trat hinter sie und nahm die Kette, die sie mir entgegenhielt. »Du siehst

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