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Zu feindlichen Ufern - [3]

Zu feindlichen Ufern - [3]

Titel: Zu feindlichen Ufern - [3] Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bastei Lübbe
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ähnlich konzentriert und ruhig wie Hayden und schien keinerlei Zweifel an dem bevorstehenden Manöver zu haben.
    »Denken Sie, zehn Yards wären noch machbar, Mr Barthe?«
    »Das wäre schon fast Kollisionskurs, Sir. Der Besanbaum ragt allein schon fünf Yards heraus.«
    »Dann also fünfzehn?«
    Der Master warf einen Blick auf das Schiff hinter der Achille , an dem sie soeben vorbeigeglitten waren. »Ich glaube, Sie haben recht, Kapitän. Zehn Yards.«
    »Dreißig Yards, Kapitän!«, erreichte ihn die Meldung.
    Inzwischen schlugen Musketenkugeln auf dem Quarterdeck ein. Hayden versuchte, das charakteristische Klacken zu ignorieren, das die Bleikugeln erzeugten, wenn sie sich in die Eichenplanken bohrten.
    In einer kurzen Pause zwischen den Salven vernahm Hayden den Ruf »Zwanzig Yards, Kapitän!«
    Dennoch, Hayden zögerte den entscheidenden Moment hinaus. Dann erging der Befehl an den Ersten Leutnant: »Mr Archer, beide Batterien abfeuern!«
    »Aye, Sir.« Der Leutnant gab den Befehl durch die Sprechtrompete weiter.
    Die Männer, die Archers Befehle unter Deck weitergeben sollten, riefen an den Niedergängen. Sekunden später krachten beide Deckbatterien fast zeitgleich. Der Donner und das Vibrieren im Schiffsrumpf hätten Hayden fast von den Beinen gerissen. Große Rauchpilze stiegen empor und bildeten eine dunkle Wand, durch die nichts mehr zu erkennen war. Haydens Sichtweite lag unter zehn bis zwölf Schritten.
    Schnell warf er einen Blick hinauf zu den Männern am Kreuzmarssegel, die auf den Kurswechsel vorbereitet waren. Sowie das Segel gerefft war, nickte Hayden dem Steuermann zu. »Ruder!«
    Langsam schwenkte die Raisonnable in ihrer Rauchwolke. Hayden vermochte nicht einmal den Bug des eigenen Schiffes zu sehen, von der Heckgalerie des Franzosen ganz zu schweigen. Er rechnete damit, das Krachen und Bersten des Klüverbaums zu hören, aber nichts dergleichen geschah. Als er zur Backbordseite eilte, zwängte er sich zwischen den Karronaden hindurch und beugte sich weit über die Reling. Unter sich konnte er die offenen Stückpforten sehen. Allmählich zogen die Rauchschwaden ab, aber von dem französischen Schiff war nichts zu sehen. Hatte der Feind den Plan durchschaut und ebenfalls gedreht?
    »Mr Archer!«
    »Sir?«
    »Sowie Sie das nächste Schiff achteraus in der Linienformation sehen, geben Sie den Befehl, die Steuerbordbatterie abzufeuern.«
    Die Raisonnable schwenkte weiter herum und stellte dadurch einmal mehr unter Beweis, wie wendig sie war. Endlich sah Hayden das, was er sich erhofft hatte: Hinter den abziehenden Schwaden tauchte der riesige Heckspiegel der Achille auf. Offiziere standen an der Heckreling, riefen Befehle und zeigten in Richtung der Briten.
    »Zu spät«, flüsterte Hayden vor sich hin. Er sah zu, wie die Männer an den Geschützen die Höhe der Läufe noch ein wenig justierten, und als alles bereit war zum Feuern, rief Hayden so laut, dass ihm sein Hals wehtat: »Backbordbatterie – Feuer! «
    Das französische Schiff war etwa vierzig Yards entfernt, und aus dieser kurzen Distanz war der Schaden beträchtlich. Die ersten Kugeln schlugen in die Galerie ein, die nächsten fegten kreischend über die Länge des Batteriedecks und hinterließen Schneisen aus Zerstörung und Tod. Die Geschützmannschaften vorn versuchten hektisch, ein zweites Mal zu feuern, schafften es vereinzelt auch, doch dann war die Raisonnable am Feind vorbeigeglitten.
    In diesem Moment verstummten auch die letzten Geschütze an Steuerbord, die unter Leutnant Archers Feuerbefehl gestanden hatten. Hayden spähte durch den Pulverdampf und Qualm und erblickte die Spitze eines Klüverbaums, der aus den Schwaden ragte. Sehr wahrscheinlich hatte die Crew jenes Schiffes die Raisonnable gar nicht sehen können, da sie sich gleich mit der ersten Breitseite in eine Rauchwolke gehüllt hatte.
    Hayden wandte sich an die Rudergänger. »Auf die Leeseite der Achille , Bullfinch! Mr Barthe! Ich habe nicht den Wunsch, an unserem Gegner vorbeizufliegen!«
    »Werden wir auch nicht, Kapitän, keine Sorge«, antwortete der Master und gab den Segeltrimmern und Männern an den Großbrassen Befehle. Barthes Stimme klang aufgeregt, aber Hayden hörte auch Erleichterung aus dem Tonfall heraus. Sie hatten ihre einmalige Chance genutzt und trotz aller Widrigkeiten einen Erfolg erzielt.
    Die Steuerbordgeschütze des französischen Vierundsiebzigers begannen nun, unregelmäßig zu feuern. Hayden hatte die Geschützmannschaften angewiesen,

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