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Zu feindlichen Ufern - [3]

Zu feindlichen Ufern - [3]

Titel: Zu feindlichen Ufern - [3] Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bastei Lübbe
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Geschützmannschaft zur nächsten.
    »Es ist kein Geheimnis, Männer, dass ein Vierundsiebziger die größere Breitseite als wir hat, aber wir alle wissen, dass man 24-Pfünder zweimal abfeuern kann, wenn die 32-Pfünder einmal feuern. Wer wird also mehr Eisen abfeuern? Ein Franzose oder unser eigenes starkes Schiff?«
    Nicht alles an dieser Einschätzung entsprach der Wahrheit, aber Haydens kurze Rede erzielte den gewünschten Effekt. Auch die Aussicht auf Prisengeld steigerte noch einmal den Mut der Männer. Nachdem er zunächst über das obere Deck und danach über die beiden Batteriedecks gegangen war, eilte er zurück aufs Poopdeck und sah, dass in diesem Moment neue Signale auf dem Flaggschiff gehisst wurden.
    »Signal 34, Sir«, berichtete Gould. »Feindliche Linie durchbrechen und von leewärts angreifen.«
    »Mr Gould, genau das hatte ich von Seiner Lordschaft erwartet. In einer Schlacht kann man keine halben Sachen machen.«
    Das Signal war kaum gegeben, als ein neues Signal den Befehl zum Beidrehen gab, was Hayden ein wenig verunsicherte – und nicht nur ihn, wie er vermutete. Doch dann ließ Lord Howe unmittelbar darauf durchgeben, die Crews sollten sich zu ihren Backschaften zusammenfinden. Hayden war erleichtert und wusste diese Entscheidung zu schätzen.
    Die Seeleute gingen nach und nach unter Deck, um sich die Mahlzeit abzuholen. Die Männer aßen, wo sie gerade standen oder saßen. Später sammelten die Schiffsjungen die hölzernen Schalen ein, sodass die Geschützmannschaften nach gut einer halben Stunde wieder bei den Kanonen waren. Kurz darauf setzte sich der gesamte Flottenverband wieder in Bewegung, und um acht Uhr dreißig am Morgen schickte Admiral Lord Howe weitere Signalflaggen hinauf.
    »Signal 36!«, rief Midshipman Huxley in einem Versuch, Mr Gould zu übertrumpfen. »›Jedes Schiff nimmt individuell Kurs auf den Feind und greift den Gegner in der Formation an.‹«
    »Mr Gould?«, hakte Hayden leise bei seinem Midshipman nach.
    »Das ist korrekt, Sir. Werden wir also die Formation durchstoßen?«
    »Ich denke, solange wir bei unserem direkten Gegner längsseits gehen und alles tun, um jenes Schiff außer Gefecht zu setzen, wird man uns nichts vorwerfen können. Ganz gleich, ob wir auf der vom Wind abgewandten oder zugewandten Seite liegen.« Hayden schaute sich nach seinem Ersten Leutnant um. »Mr Archer? Rufen Sie Mr Barthe, den Bootsmann und alle Leutnants.«
    »Sir.«
    Kurze Zeit später eilten Haydens Offiziere aufs Quarterdeck und scharten sich um ihren Kommandanten. »Wir alle wissen, was uns erwartet, aber ich habe einen Plan, der uns womöglich eine reelle Chance einräumt. Hören Sie zu, meine Herren.« Er deutete auf die französische Linienformation. »Können Sie das Schiff sehen, das mit uns gleichauf liegt? Das zweite achteraus vom Flaggschiff?«
    »Das 80-Kanonen-Schiff, Sir?«
    »Nein, Mr Huxley, das dahinter – der Vierundsiebziger. Wir werden darauf zusteuern, als wollten wir es gegen den Wind angreifen, aber während wir uns an Backbord nähern, werde ich den Befehl geben, all unsere Geschütze auf einmal abzufeuern – noch bevor unsere Breitseite wirklich Schaden anrichten kann. Bei diesem schwachen Wind zieht der Rauch nicht ab, und daher werden wir einen Moment lang vollkommen eingehüllt sein. Genau dann gebe ich den Befehl, das Ruder nach Luv zu legen, sodass wir im Kielwasser des Vierundsiebzigers kreuzen. Ich habe die Absicht, beide Batterien auf die Franzosen abzufeuern, während wir die Linie durchbrechen, und das bedeutet, dass wir sehr schnell nachladen müssen. Unsere Geschützführer müssen auf das untere Kanonendeck zielen, um möglichst großen Schaden an den schweren Geschützen anzurichten. Danach kommen wir leewärts an unseren Vierundsiebziger und feuern unsere Backbordbatterie ab. Dieses Manöver müssen wir mit äußerster Präzision durchführen, ohne zu zaudern. Während wir in Rauchschwaden gehüllt sind, können wir nicht gesehen werden, sehen aber auch den Feind nicht. Das bedeutet, wir müssen unseren Kurswechsel blind durchführen. Fehler oder Fehleinschätzungen dürfen wir uns nicht leisten. Mr Barthe, das Kreuzmarssegel muss schnell aufgegeit werden. Aber den Befehl dazu darf ich erst geben, wenn wir unsere erste Breitseite abgefeuert haben. Denn sonst wird der französische Kommandant unsere Absicht erraten und uns daran hindern, ihn achteraus zu bestreichen.«
    Er hielt inne, weil er sich vergewissern wollte, dass seine Offiziere

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