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Zu feindlichen Ufern - [3]

Zu feindlichen Ufern - [3]

Titel: Zu feindlichen Ufern - [3] Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bastei Lübbe
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todesmutig durch das Gedränge und schleppten neue Kartuschen zu den Kanonen. Hayden bewunderte die Jungs für ihren Mut – es waren noch Kinder, die inmitten all der Zerstörung und verstümmelten Männer ihre Pflicht taten. Sie hatten furchtbare Angst, doch sie kämpften dagegen an, bissen sich durch.
    Das Feuer aus den vorderen Geschützen der Achille war zum Erliegen gekommen, und kurz darauf schwiegen auch die Kanonen an Bord der Raisonnable . Der Qualm löste sich ein wenig auf, doch das feindliche Schiff war nirgends zu sehen.
    »Kapitän!«, rief Bullfinch. »Das Ruder, Sir, es reagiert nicht mehr!«
    Hayden orientierte sich und merkte, dass der Wind inzwischen von achteraus einfiel. Der Bug hatte den Kurs verlassen, und die Achille trieb einige Längen voraus.
    »Sagen Sie dem Bootsmann Bescheid!«, rief Hayden einem Mann zu. Dann eilte er zum Steuerrad und zog an den Ruderleinen, von denen sich eine gelöst zu haben schien, da das Rad nicht reagierte. »Eine Ruderleine fehlt – hoffentlich nicht noch mehr.«
    Schon war er auf den Stufen des Niedergangs und zwängte sich an den Männern vorbei, die an Deck strömten. Schnell lief er zum Heck und sah, dass sich seine Einschätzung bewahrheitete – eine Ruderleine war gerissen.
    »Gott sei Dank ist nicht das Ruder zertrümmert!«, rief er.
    »Wo ist unser Franzose jetzt hin, Sir?«, fragte Huxley.
    »Ist an uns vorbeigezogen, als unser Ruder aussetzte, Mr Huxley.«
    Huxley begriff sofort, was Hayden meinte. »Reep! Wir brauchen Reep!«, rief er.
    Durch die Pulverschwaden kam der Bootsmann angelaufen und brachte eine Rolle Tauwerk mit.
    »Ich überlasse das Ihnen und dem Bootsmann, Huxley!«
    Mit hastigen Schritten nahm Hayden die Stufen zurück aufs Deck. Über die Quarterdeckleiter ging es weiter bis hinauf zum Poopdeck. Wohin er auch schaute, überall erblickte er Schiffe, mehr oder weniger gehüllt in schwarze Schleier, die in der Brise leewärts abdrifteten – Schiffe lagen sich zu zweit, zu dritt oder gar zu viert gegenüber, und die erbarmungslosen Salven der Kanonen zerrten an den Ohren und Nerven. Masten knickten um, verfingen sich im Rigg, während andere Schiffe bereits in Flammen standen. Feuer, Entsetzen und Tod wüteten überall, und die heißen Kanonenkugeln, die kreischend durch die Luft schwirrten, erinnerten an die spitzen Schreie irischer Banshees.
    Etwa hundert Yards entfernt trieb die Achille , ohne Kreuzmars- und Großsegel. Die Crew schlug Spiere und Stengen ab, die verdreht in der Takelage hingen, und setzte Segel am Fockmast. Unweit der Achille , fast ganz verborgen hinter Qualmwolken, waren drei Schiffe in ein Gefecht verwickelt. Auf dem Linienschiff in der Mitte waren die Wimpel von Lord Howe zu erahnen.
    »Sir!« Archer löste sich von dem Vordach des Poopdecks. »Unser Ruder reagiert wieder!«
    Hayden zeigte auf das britische Flaggschiff. »Bringen Sie uns achteraus vorbei an diesen drei Schiffen dort, Mr Archer, wenn ich bitten darf. Helfen wir Lord Howe, solange wir es können.«
    Archer schaute in die Richtung von Haydens ausgestrecktem Zeigefinger, hielt kurz inne und tippte dann an seinen Hut. Seine Worte gingen in dem Kanonendonner unter. Kurz darauf schwenkte die Raisonnable nach Backbord. Hayden sah, dass Archer am Niedergang stand und die neuen Befehle an die Leutnants weitergab, die das Kommando auf den Batteriedecks hatten.
    Hayden lehnte sich weit über die Reling und rief so laut er konnte: »Mr Archer! Sie wissen Bescheid? Ein Franzose, dann die Queen Charlotte , zuletzt das Flaggschiff des französischen Admirals. Wir bestreichen den ersten Gegner, während wir vorbeigleiten, laden nach und feuern dann auf die Montagne .«
    Der Erste Leutnant nickte eifrig. Inzwischen hatte Barthe das Poopdeck erklommen, ganz außer Atem und mit roten Wangen.
    »Die haben uns eine Menge Rigg weggeschossen, Kapitän«, prustete er. »An Backbord sind die unteren Wanten am Fockmast und Großmast nur noch Fetzen. Mit dem neuen Kurswechsel setzen wir unsere Masten aufs Spiel – auch wenn der Wind nur leicht weht. Wir bringen Kabel hinauf, um die Spieren neu zu verspannen, Sir, aber das braucht seine Zeit.«
    Haydens Blick ruhte auf dem Fockmast. »Werden die Masten noch etwas halten, Mr Barthe, was meinen Sie?«
    »Das kann ich nicht sagen, Kapitän, beten wir, dass sie halten. Aber ich würde erst wenden, wenn die Kabel festgezurrt sind.«
    »Dann müssen wir warten, ehe wir in den Wind gehen. Hoffen wir, dass sie halten.«
    Barthe

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