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Zu feindlichen Ufern - [3]

Zu feindlichen Ufern - [3]

Titel: Zu feindlichen Ufern - [3] Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bastei Lübbe
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auf das untere Kanonendeck des Feindes zu zielen – dort standen die schwereren Geschütze, die in der Lage waren, größtmöglichen Schaden auf Haydens Schiff anzurichten. Wenn er nun den richtigen Abstand zum Feind einhielt, könnten die Kanonen auf dem Quarterdeck und dem Vorderschiff nur schwer das Oberdeck der Raisonnable treffen – so hoffte er zumindest. Sorgen machten ihm indes die verbliebenen Geschütze auf dem unteren und dem oberen Batteriedeck, die den britischen 24-Pfündern entsprachen.
    Die Geschützmannschaften der Raisonnable feuerten und luden wie besessen nach. Rauch raubte allen die Sicht, sodass Hayden sich auf all seine Sinne verlassen musste, um abschätzen zu können, welches Schiff gerade die Oberhand hatte. Das hinterste Geschütz des Quarterdecks – ein 9-Pfünder – wurde getroffen und aus der Verankerung gerissen. Drei Männer gerieten unter Lafette und Lauf. Hayden eilte sofort dorthin.
    »An die Spaken dort, Männer!«, befahl er und riss einem der Matrosen die Spake aus der Hand. »Sie da, nehmen Sie die Spake des Steuerbordgeschützes. Nein, nicht unter den Kanonenknauf – hier, beim Lauf, wo weniger Gewicht lastet. Eins, zwei, hebt an!«
    Das Geschütz konnte gerade so weit angehoben werden, dass die Verwundeten darunter hervorgezogen werden konnten. Die Männer schrien vor Schmerzen und wanden sich auf den Planken.
    »Geschütz festzurren. Dann schaffen Sie die Männer unter Deck zum Doktor.«
    Hayden nahm seine Position in der Mitte des Quarterdecks ein, als die Kreuzbramrah herunterkrachte, Takelage zerriss und auf der Laufbrücke und den Finknetzen an Steuerbord landete. Zum Glück war niemand verletzt worden.
    Doch die Raisonnable war noch nicht in Sicherheit. Überall in Haydens Nähe wütete die zerstörerische Kraft der feindlichen Geschütze. Holzsplitter flogen durch die Luft, Teile des Riggs und der Spieren gingen wie Hagel auf das Deck nieder. Durch den Qualm sah Hayden, dass Männer aus den Masten auf die Planken stürzten und reglos liegen blieben. Die Geschosse der feindlichen 32-Pfünder durchschlugen die Bordwand. Hayden wähnte sich im Auge eines Wirbelsturms und rechnete damit, jeden Augenblick hinweggefegt zu werden.
    Die Achille war in den Wirbeln aus dichtem Rauch und dem ohrenbetäubenden Lärm gerade noch zu erahnen. Hayden sah Männer an den Geschützen und an der Reling, wo Taue gekappt und geborstenes Holz weggeräumt wurde. Die Franzosen kämpften wie wild, und obwohl die Raisonnable großen Schaden im unteren Batteriedeck angerichtet und viele Männer getötet hatte, glaubte Hayden, dass die Kanonen neu geladen wurden, wenn auch schleppend. Jeder Schuss aus dieser Distanz, der in die Bordwand krachte, würde das ganze Schiff erzittern lassen.
    Wenige Schritte von Hayden entfernt suchte Archer Halt an einem Wanttau. Er schaute in Haydens Richtung, sein Gesicht war rußgeschwärzt, seine Miene grimmig. Hayden brauchte nicht lange zu überlegen, was seinem Ersten Leutnant durch den Kopf ging. »Wir verlieren« , stand in diesen Zügen geschrieben. Hayden hatte das ungute Gefühl, dass Archer richtig lag.
    »Bullfinch, bringen Sie uns einen Strich an Backbord! Die Franzosen dürfen nicht längsseits kommen.«
    Hayden war sich nicht sicher, ob es Absicht war, aber der Franzose schwenkte nach Steuerbord. Ein feindliches Enterkommando hatte ihnen gerade noch gefehlt, da die Franzosen ihnen zahlenmäßig weit überlegen waren.
    Durch die Schleier aus Qualm sah Hayden einen Mann, der drei Schritte auf der Gangway taumelte, ehe er mittschiffs in die Kuhl fiel. Wie aus dem Nichts sauste eine Kugel knapp am Kreuzmast vorbei und zerfetzte alle Männer an einer Karronade. Das Geschoss hatte eine solche Wucht, dass es auf der Steuerbordseite erneut die Bordwand durchschlug. Männer an den gegenüberliegenden Geschützen schafften die zertrümmerten Körper fort und gingen wieder auf ihre Posten. Der Anblick der verdrehten, halb zerfetzten Leiber, die auf dem Deck lagen, war so grässlich, dass Hayden wegschaute.
    Aber wohin sein Blick auch fiel, die Männer auf der Backbordseite sackten bei den Geschützen zu Boden und wurden von den Kameraden von der Steuerbordseite ersetzt, da dort kein Ziel erfasst werden konnte. Weiter vorn war der Bootsmann mit seinen Leuten dabei, die geborstenen Rahen über Bord zu werfen. Männer hackten mit Äxten das Rigg fort, wo immer Masten unter zu viel Druck standen. Und in all dem Durcheinander an Deck wanden sich die Schiffsjungen

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