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Zu feindlichen Ufern - [3]

Zu feindlichen Ufern - [3]

Titel: Zu feindlichen Ufern - [3] Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bastei Lübbe
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suchte er das Wasser durch sein Fernrohr ab und entdeckte das Schiff schließlich, etwas abseits anderer manövrierunfähiger Schiffe und jeder Menge Treibgut. Auch jetzt war er sich sicher, mit seiner Vermutung richtigzuliegen. Das Schiff sank.
    Archer erschien auf der Leiter.
    »Wie lauten die Befehle, Sir?«
    »Bringen Sie uns nah an jenes Schiff dort, wenn ich bitten darf, Mr Archer.« Hayden deutete mit seinem Fernrohr über die Weite des Ozeans. »Wir werden denen helfen.«
    »Ist sie eine von uns, Sir?«
    »Das weiß ich noch nicht, Mr Archer. Ich weiß nur, dass sie sinkt und dass viele Seelen in Gefahr sind. Alles vorbereiten, um die Boote abzufieren, Leutnant.«
    Abermals ließ Hayden das Szenario der Seeschlacht auf sich wirken. Schiffe mit geborstenen Masten trieben ziellos dahin, Leichen hatten sich im Treibgut verfangen, wurden mitgezogen und wirkten im Wellengang doch noch lebendig. Bald würden sie auf den Grund der See sinken und ihr ewiges Grab finden.
    An Bord der Raisonnable suchten die Männer unter den Toten nach Verwundeten. Leichen gingen über Bord, einige schwer Verwundete, bleich wie der Tod und reglos, wurden hinunter zum Schiffsarzt getragen. Erschöpft machten sich einige Matrosen daran, die Boote zu lösen und mit Taljen auszuschwenken. Doch es überstieg beinahe ihre Kräfte – nur mühsam brachten sie die Boote über die Bordwand und ließen sie zu schnell hinab, sodass sie in die Wellen klatschten. Der Bootsmann schickte ältere, erfahrene Seemänner an die Riemen. Viele junge Matrosen brachen kraftlos zusammen. Hayden wies Seesoldaten und zwei seiner Leutnants an, in die Boote zu klettern. Als die Raisonnable nah genug am sinkenden Schiff war, um die Boote aussenden zu können, lief bei dem Franzosen bereits das Wasser durch die Stückpforten.
    Da Hayden schon einmal an Bord der Droits de l’Homme erlebt hatte, dass in Panik geratene Seeleute Hunderte ihrer Kameraden in den sicheren Tod geschickt hatten – darunter auch Franks –, behielt er nun die Boote sehr genau im Auge, fürchtete er doch, es könnten sich ähnliche Szenen abspielen. Doch der Kommandant jenes Schiffes stand auf der Reling, ein Entermesser in der Hand, und hielt seine Männer an, geordnet in die Boote zu steigen. Inzwischen hatte auch ein zweites britisches Schiff Boote zu Wasser gelassen, die ebenfalls dem sinkenden Schiff zu Hilfe eilten.
    Weiter westlich sah Hayden, wie sich die französische Linie allmählich entfernte. Einige Schiffe wurden ins Schlepptau genommen, aber viele blieben zurück. Die Schlacht war vorüber, wie durch ein Wunder. Und er hatte überlebt und war unversehrt geblieben. Doch er fühlte sich so müde und ausgelaugt, dass er kaum noch begreifen konnte, dass er noch aufrecht stand.
    Haydens Boote dümpelten längsseits. Französische Seeleute zogen sich über die Reling und halfen ihren nachrückenden Kameraden. Zuerst kamen die Schiffsjungen, aber Hayden konnte nirgends Verletzte entdecken – sie hatten zurückbleiben müssen, da der Kommandant offenbar beschlossen hatte, diejenigen zu retten, die noch eine Chance zum Überleben hatten. Eine harte Entscheidung.
    Erschöpft und ängstlich hockten die französischen Matrosen an Deck. Die britischen Seesoldaten hatten ihre Musketen im Anschlag, doch diese Vorsichtsmaßnahme war unnötig, da keiner der Franzosen noch die Kraft hatte, sich in irgendeiner Weise zu widersetzen.
    Hayden stieg hinab aufs Quarterdeck und sah sich den flehentlichen Blicken der Franzosen ausgesetzt, als fragten sich die Männer, welch schrecklichem Schicksal sie nun entgegengingen.
    Als Gould neben Hayden auftauchte, fragte sich Hayden, ob sein Midshipman die ganze Zeit in seiner Nähe gewesen war oder eben erst von einer Meldung zurückgeeilt war. »Mir scheint, wir haben mehr als einhundert Gefangene, Mr Gould – Mr Gould, geht es Ihnen nicht gut?«
    Der Midshipman fuhr sich mit einer Hand durchs Gesicht und wandte sich halb ab. Seine Schultern zuckten, doch schließlich hatte er seine Fassung wiedererlangt.
    »Gefangene, Sir, über hundert. Verstanden«, nuschelte er.
    »Ja. Was ist passiert, Mr Gould?«, verlangte Hayden.
    »Mr Wickham, Sir. Sie haben ihn nach unten gebracht, zum Doktor.«
    »Wickham? Ist er schwer verletzt?«
    »Ich weiß es nicht, Sir. Er war nicht bei Bewusstsein – blutete fürchterlich.«
    Hayden sank auf eine Lafette der Karronaden. Einen Moment lang konnte er nicht sprechen. Sein Denken hatte ausgesetzt. Doch dann spürte er

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