Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Zu feindlichen Ufern - [3]

Zu feindlichen Ufern - [3]

Titel: Zu feindlichen Ufern - [3] Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bastei Lübbe
Vom Netzwerk:
Beobachtungen weiterleiten sollten, enterten nacheinander auf, und kurz darauf kam die erste Meldung an Deck. »Keine Schiffe in Sicht! Kein Mast zu sehen!«
    Hayden konnte gar nicht zum Ausdruck bringen, wie erleichtert er war. Denn es bestand durchaus noch die Möglichkeit, dass sie ihren Verfolgern entwischen könnten, ehe sich der Nebel auflöste. Wenn sie doch nur ein bisschen mehr Wind hätten – nicht zu viel, weil sich dann der Nebel verflüchtigt hätte, aber zumindest so viel, um etwas Fahrt aufzunehmen. Ein paar Seemeilen, und er könnte den Franzosen endlich entkommen.
    Er trat an die Heckreling und schaute an dem großen Segeltuch hinab bis ins Kielwasser der Themis – doch dort waren kaum Verwirbelungen im Wasser zu sehen. Kaum eine Welle. Fast hätte man weinen mögen.
    Irgendwo in der Ferne wurden Geschütze abgefeuert. Erneut antworteten die anderen Schiffe darauf – gedämpft drang der Widerhall zur Themis . Mündungsblitze waren jedoch nicht zu sehen. Hayden stützte sich an der Reling ab und schaute hinauf zu Wickham, der durch sein Fernrohr sah und es langsam von einer Seite zur anderen schwenkte. Plötzlich hielt der Midshipman inne und richtete das Fernrohr starr in eine Richtung. Einen Moment lang hielt Hayden den Atem an, doch dann fuhr Wickham fort, langsam den Horizont abzusuchen.
    Als Hayden seine Aufmerksamkeit wieder seiner unmittelbaren Umgebung widmete, hatte er den Eindruck, dass alle Blicke auf ihm ruhten.
    »Sir?« Einer der Männer an der Karronade deutete in den Nebel.
    Hayden schaute in die Richtung, konnte indes nichts erkennen. Dann sah er den Matrosen wieder an, der in diesem Moment unsanft vom Geschützführer zurechtgewiesen wurde – denn der Mann wusste, dass er kein Wort hätte sagen dürfen.
    Doch Hayden trat nun zu ihm. »Was haben Sie gesehen?«, fragte er leise und eindringlich.
    »Einen – Schatten, Sir. Etwas – dort, Sir!« Er riss die Hand hoch und zeigte ganz aufgeregt aufs Meer.
    Hayden drehte sich um und sah, wie etwas Dunkles und Geisterhaftes durch die Nebelschleier glitt. Es ähnelte wahrlich einem Schatten und blieb konturenlos und düster. Im nächsten Augenblick war die Erscheinung wieder fort.
    »War das eine Fregatte?«, fragte Barthe. Der Schmerz im Fuß hatte ihn gezwungen, wieder auf der kleinen Bank Platz zu nehmen, von wo aus er sich halb verdrehte, um die Erscheinung besser sehen zu können.
    »Möglich«, flüsterte Hayden zurück.
    Stimmen waren zu hören, man sprach Französisch.
    »Welches Schiff?«
    Ein kurzer Austausch folgte, und Hayden hörte zweimal jemanden »… le comte« sagen.
    Dann verstummten die Stimmen. Der Wind erstarb, die Segel erschlafften allenthalben.
    Der Master stieß einen leisen Fluch aus, und dann herrschte Stille. Nicht einmal die Möwen waren noch zu hören.
    Gould legte eine Hand an sein Ohr, lauschte und neigte leicht den Kopf. »Hören Sie das auch, Kapitän? Sind das Ruderschläge?«
    Hayden lauschte mit angehaltenem Atem. Für die Dauer von ein paar Sekunden flatterte das Kreuzmarssegel, dann hing es still herab. Hayden wusste nicht, ob er seiner Einbildungskraft erlag, aber er glaubte tatsächlich, das gleichmäßige Eintauchen von Riemen ins Wasser zu hören. Zwischendurch überlagerte das Rascheln der Segel die Geräusche, doch als sich kein Lüftchen mehr regte, vernahm Hayden erneut die Laute. Diesmal glaubte er sogar, die Richtung bestimmen zu können, aus der die Ruderschläge kamen.
    »Sie haben Boote zu Wasser gelassen«, wisperte er.
    »Wo in etwa?« Barthe stand auf und stützte sich mit beiden Händen an der Reling ab, doch plötzlich rutschte sein Stock, den er nur an die Bank gelehnt hatte, zur Seite und fiel auf die Planken. Hayden stellte sofort den Fuß darauf, damit der Stock nicht noch wegrollte, bis einer der Matrosen ihn aufhob und dem zerknirschten Master reichte.
    Hayden gab Barthe mit einer Geste zu verstehen, dass es keiner Entschuldigung bedurfte. Sie brauchten jetzt absolute Ruhe an Bord, da jedes noch so kleine Geräusch entscheidend war.
    Doch es blieb unklar, aus welcher Richtung die gleichmäßigen Geräusche kamen. Irgendwo dort draußen inmitten all der Schleier aus Dunst und Nebel, aber von wo genau, vermochte Hayden nicht zu bestimmen. Als er langsam den Kopf von einer Seite zur anderen drehte, hatte es den Anschein, als kämen die Laute von überall her und nirgends.
    Einmal glaubte er, das Flüstern des Windes zu hören, dann wiederum schienen es menschliche Stimmen zu

Weitere Kostenlose Bücher