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Zu feindlichen Ufern - [3]

Zu feindlichen Ufern - [3]

Titel: Zu feindlichen Ufern - [3] Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bastei Lübbe
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triste Grau schauen konnte, da man keine Anhaltspunkte sah, an denen man sich hätte orientieren können. Haydens Schätzung zufolge lag die Sicht meist unter zweihundert Fuß, oft darunter.
    Da sie quasi blind waren, lauschten sie umso intensiver in die Stille hinein. Immer wieder schauten die Männer in alle Richtungen, fürchteten sie doch, dass plötzlich die Umrisse eines Schiffes aus den Schlieren auftauchen könnten.
    »Was war das, Sir? Hörte sich das nicht an wie ein Riemen, der gegen einen Schiffsrumpf prallt?«
    Nun war es Hayden, der mit den Schultern zuckte. Holz auf Holz – mehr konnte er nicht daraus schließen. Mindestens ein Schiff war dort draußen – irgendwo. »Vielleicht ein Ankerbeting.«
    Die Segel über ihnen bewegten sich, ein langsames Rollen ging durch das Tuch, doch dann hing es wieder schlaff herab. Ganz so, als hätte der Ozean einmal geseufzt und sei dann wieder eingeschlafen. Das Schiff dümpelte in der schwachen Dünung – hob sich, senkte sich, rollte aber kaum noch. Die Segel hingen reglos, das Wasser tropfte aufs Deck und auf die Männer, die sich stumm um die Deckgeschütze geschart hatten.
    Als Hayden ein unterdrücktes Lachen vom Vorderdeck hörte, sah er, wie Franks zu der Stelle eilte und seinen Stock schwang. Hayden war froh, dass der Bootsmann so viel Verstand besaß, den Matrosen nicht zu schlagen, denn dieser Laut wäre meilenweit zu hören gewesen.
    Abermals kam Leben in das Segeltuch. Es füllte sich halbherzig und schob das Schiff ein wenig vorwärts. Hayden hätte angeordnet, die Rahen zu brassen, um das meiste aus diesem schwachen Lüftchen herauszuholen, aber er durfte nicht zulassen, dass die Crew zu viel Geräusche machte. Nein, sie würden den Wind so nutzen müssen, wie er sich ihnen präsentierte.
    Er trat zu dem Mann am Steuerrad.
    »Eine Handspeiche nach Backbord, Harvey«, sagte er zu dem Steuermannsmaat. »Schauen wir, ob wir die Segel ein wenig füllen können.«
    Die Geräusche des Steuerrads, des Steuerreeps, das vibrierend durch die Blöcke glitt, und das Knarren des Ruders – all dies schien im gesamten Schiff widerzuhallen und dann in den Nebel zu schallen. Der Maat des Steuermanns verzog das Gesicht, als lösten die Geräusche Schmerzen in ihm aus.
    Augenblicke später erreichten sie Stimmen, wie als Antwort.
    »Was haben die da gesagt?«, fragte Barthe angespannt flüsternd. Der Master hatte sich auf die schmale Bank gesetzt, die in die Heckreling eingebaut war, nachdem er, gestützt auf einen Stock, an Deck gestiegen war – entgegen der Anweisung des Doktors.
    »Ich weiß es nicht, Mr Barthe«, antwortete Wickham.
    »Aber war das denn Französisch, Mr Wickham? Können Sie das nicht sagen?«
    »Ich kann …«, setzte er an, unterbrach sich dann aber, als wieder Stimmen zu ihnen herüberwehten, offenbar irgendwo von achtern.
    Barthe war im Begriff, weitere Fragen zu stellen, aber Hayden bedeutete ihm mit einer Geste, leise zu sein. Der Master verkniff sich die Frage, auch wenn ihm dies sichtlich schwerfiel.
    »Das hörte sich eher nach unserer Sprache an, Kapitän«, wisperte der Midshipman und spähte überrascht in den Nebel. »Meinen Sie nicht auch, Sir?«
    Hayden war sich nicht sicher. Er winkte einen weiteren Midshipman zu sich, der mittschiffs aus der Kuhl auf das Quarterdeck stieg. »Sie haben doch gute Ohren, Mr Gould. Kommen Sie, sperren Sie die Lauscher auf.«
    Der junge Gould stand eine Weile stocksteif an der Reling, und gerade als Hayden glaubte, sie würden die Laute nicht noch einmal hören, wehte die Brise erneut Stimmen zu ihnen herüber. Die Worte schienen in Silben zerrissen zu sein, klangen verzerrt und hatten Hall, als riefe dort jemand aus einem tiefen Brunnenschacht.
    »War das Englisch?«, hakte Hayden leise nach. »Oder Französisch?«
    Gould schüttelte den Kopf. »Ich weiß es nicht, Sir, aber es hörte sich so an, als habe dort jemand Befehle gerufen …«
    Der Nebel leuchtete an Steuerbord orangerot auf, und das Donnern eines Bordgeschützes fegte über die Themis hinweg. Augenblicklich verstummte jeder an Deck. Zwei weitere Kanonen wurden in schneller Folge abgefeuert.
    »Haben die Franzosen uns genarrt, Sir?«, flüsterte Wickham.
    »Ich kann mir nicht vorstellen, wie die das bewerkstelligt …«
    »Ein Nebelsignal«, wisperte Barthe. »Das habe ich schon einmal gehört. So signalisieren die Franzosen im Nebel. Ein einzelner Schuss, gefolgt von zweien schnell hintereinander. Hören Sie.«
    Das Signal wurde

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