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Zu Grabe

Zu Grabe

Titel: Zu Grabe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniela Larcher
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Toten kennen wir uns aus. Sebastian hat sogar noch probiert, Herrn Horsky wiederzubeleben, aber da war nichts mehr zu machen. Ich schwöre es Ihnen. Wir haben alles Menschenmögliche versucht, aber Horsky war tot.« Sie wischte sich erneut Tränen aus dem Gesicht.
    »Und was haben Sie dann gemacht?«, brachte sich Wojnar ins Gespräch ein.
    »Wir hatten Angst, dass man uns Horskys Tod in die Schuhe schieben würde. Ein Motiv hätten wir immerhin gehabt, und die Polizei wollten wir auch nicht im Hause haben. Also haben wir in unserer Panik die Leiche verschwinden lassen.«
    Morell schüttelte ungläubig den Kopf. »Was haben Sie sich nur dabei gedacht? Gerade Sie müssen doch wissen, wie wichtig es ist, dass man von einem geliebten Menschen Abschied nehmen kann. Können Sie sich überhaupt vorstellen, wie viel Kummer und Leid Sie damit angerichtet haben? Horskys arme Mutter konnte bis heute nicht mit dem Tod ihres Sohnes abschließen.«
    Frau Summer brach nun endgültig in Tränen aus. »Es tut mir so leid«, schluchzte sie.
    »Und was ist mit dem bedauerlichen Unfall in der Kühlkammer?«, fragte Morell zornig. »Waren Sie das auch? Tut Ihnen das auch leid?«
    Frau Summer nickte. »Was hätten wir denn tun sollen? Wir haben geahnt, dass Sie ein Undercoverpolizist sind, und wollten Sie einfach nur ein bisschen erschrecken. Nie im Leben hätten wir zugelassen, dass Ihnen etwas passiert. Wir wollten einfach nur, dass Sie wieder verschwinden.« Sie versuchte vergeblich, die Tränen unter Kontrolle zu bekommen, die wie Sturzbäche aus ihren Augen schossen. »Es tut mir so leid, aber was hätten wir denn tun sollen?«
    »Sie hätten sich nie und nimmer auf diese scheußlichen – wie Sie es nennen – Nebengeschäfte einlassen dürfen.« Morell betrachtete die völlig aufgelöste Frau Summer mit einer Mischung aus Mitleid und Abscheu. »Und? Wohin haben Sie den armen Horsky geschafft?«
    »Nach oben«, heulte Frau Summer.
    »Nach oben?« Morell verstand nicht ganz. »Wo oben?«
    Frau Summer deutete an die Decke. »Er ist oben im Ausstellungsraum. Wir haben seinen Körper verbrannt und seine Asche in unsere schönste und teuerste Urne gefüllt.«
    Morell ließ vor seinem inneren Auge sämtliche Urnen im Regal vorbeiziehen. »In das Ungetüm aus weißem Marmor, das die Form eines kleinen Hauses hat und mit den goldenen Reitern verziert ist?«, fragte er ungläubig.
    »Genau«, nickte Frau Summer. »Das Modell GESEGNET . So haben wir sie genannt, da der Name Benedikt übersetzt so viel wie ›der Gesegnete‹ bedeutet.«
    Morell konnte nur noch den Kopf schütteln. Er hatte keine Ahnung gehabt, wie nah er dem so lange vermissten Benedikt Horsky in den letzten Tagen gewesen war – er hatte ihn sogar abgestaubt. Er kam nicht weiter dazu, sich über diese Ironie Gedanken zu machen, da aus dem Flur jetzt Geräusche zu vernehmen waren.
    »Schnell, mach weiter!«, rief die Stimme von Herrn Eschener. »Wir haben nicht viel Zeit. In weniger als einer halben Stunde müssen wir im Krematorium sein.«
    »Immer mit der Ruhe. Das schaffen wir schon«, entgegnete Jedler und öffnete die Tür zum Lager. Mit weitaufgerissenen Augen starrte er auf die völlig aufgelöste Frau Summer, die beiden Polizisten und Capelli. »Was ist denn hier los?«
    »Sie sind wegen Störung der Totenruhe, Leichenschändung, unterlassener Hilfeleistung und Betrugs verhaftet.« Wojnar trat einen Schritt nach vorne und legte dem völlig perplexen Jedler ein Paar Handschellen an.
    »Aber …«, begann Eschener.
    »Nichts aber.« Wojnar zückte seine Dienstwaffe. »Die Verstärkung muss jeden Moment hier eintreffen, und bis dahin rate ich Ihnen, sich ruhig zu verhalten und kein Wort mehr ohne Ihren Anwalt zu sagen.«
     
    Nachdem die Mitarbeiter der Pietät abgeführt worden waren und die Spurensicherung im Keller mit ihrer Arbeit begonnen hatte, gingen Morell und Wojnar nach oben in den Ausstellungsraum. Dort stieg Morell auf einen Stuhl und holte das Modell GESEGNET aus dem Regal. »Ich muss dringend noch über etwas anderes mit dir reden«, sagte er, während er sanft über den Deckel der Urne strich. »Was weißt du über den Fall Novak?«
    »Einiges. Warum? Sag jetzt nicht, dass du darüber auch Informationen hast.«
    »Doch.« Morell erzählte Wojnar von dem verschwundenen Foto, der Ausgrabung auf dem Tell Brak, der Teilnehmerliste, auf der neben Novak auch der ermordete Meinrad stand, dem ominösen Königsgrab und dem verschollenen Gustaf Harr.
    Wojnar

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