Zu Grabe
du parkst den Wagen ein paar Straßen weiter und rufst mich dann auf dem Handy an, damit ich dich durch die Garage reinlassen kann.«
»Na gut. Ich fahre gleich los. Ich bin ja mal gespannt, was du für mich hast.«
»Das kannst du sein«, murmelte Morell und legte auf. »Das kannst du sein.«
Tatsächlich stand Wojnar nur wenige Minuten später vor der Garage der Pietät. »Dann schieß mal los«, sagte er, während Morell ihn nach drinnen führte.
»Warte kurz hier.« Morell bedeutete Wojnar, stehen zu bleiben. »Ich muss schnell nach oben und schauen, ob Frau Summer, die Bestattungsfachkraft, noch beschäftigt ist. Darf ich vorstellen, das ist Frau Dr. Capelli, sie ist Gerichtsmedizinerin und hat mir in diesem Fall geholfen – sie wird dir in der Zwischenzeit alles erklären.«
Als Morell wieder nach unten kam, war Capelli gerade dabei, Wojnar die Leichen zu zeigen, an denen herumgepfuscht worden war.
»Entsetzlich«, hörte er seinen Exkollegen sagen. »Was für eine Ironie, dass dieses Unternehmen sich ausgerechnet Pietät Abendruh schimpft.«
Morell führte Wojnar und Capelli nun ins Lager und erklärte das Prinzip des Sargtausches.
»Brrr«, schüttelte Wojnar sich, nachdem er die ganze Geschichte gehört und das Modell Kennedy genau inspiziert hatte. »Gut, dass du diesen Leuten auf die Schliche gekommen bist.«
»Und nun? Wie wirst du weiter vorgehen?«, fragte Morell.
»Wir werden die Schuldigen verhaften, den Laden schließen und dann die Ermittlungen im Fall Benedikt Horsky neu aufrollen. Ich rufe schnell Verstärkung, und dann werden wir dieses unheilige Rattenloch hier ordentlich aufmischen.«
Gerade als Wojnar dabei war, im LKA anzurufen, wurde die Lagertür schwungvoll aufgerissen. »Herrgott! Was ist denn hier los? Was soll das, Herr Reiter?«, fragte eine völlig fassungslose Frau Summer und schaute mit weitaufgerissenen Augen in die Runde.
»Wir wissen über alles Bescheid«, sagte Morell und zeigte ihr seine Dienstmarke. »Die vertauschten Särge, das entnommene Gewebe …« Wojnar wollte ihn unterbrechen und etwas hinzufügen, aber Morell bedeutete ihm zu schweigen. Er hoffte, dass Frau Summer unschuldig war, und wollte daher ihre Reaktion genau beobachten.
Sehr zu seinem Bedauern machte Frau Summer jedoch nicht einmal den Versuch, irgendetwas abzustreiten. Sie schlug die Augen nieder und begann leicht zu zittern. »Wie sind Sie uns denn auf die Schliche gekommen?«
»Sie also auch?!« Morell konnte die Enttäuschung in seiner Stimme nicht verbergen.
Frau Summer antwortete nicht, sondern nickte nur.
»Wie konnten Sie nur?!«
»Wir lieben unseren Beruf. Sebastian, Herr Eschener und ich – jeder auf seine eigene Art und Weise. Als vor ein paar Jahren das Geschäft immer schlechter lief, standen wir vor der Wahl: Zusperren und alles aufgeben oder ein paar nicht ganz legale Dinge tun.«
»Nicht ganz legal ist untertrieben.« Morell verschränkte die Arme vor der Brust.
»Wir haben keinem Menschen geschadet. Den Toten ist es egal, und die Angehörigen wissen von nichts.«
Morell beugte sich vor und schaute Frau Summer in die Augen. »Und was ist mit Mord?«
»Mord?« Frau Summer starrte ihn mit offenem Mund an. »Wir haben doch keinen ermordet!«
»Ach! Und was haben Sie mit dem armen Benedikt Horsky angestellt, nachdem er Ihre Schweinereien aufgedeckt hat? Wir wissen, dass er am Tag seines Verschwindens bei Ihnen war.«
Frau Summer schüttelte energisch den Kopf. »Nein!«, rief sie. »Es war nicht so, wie Sie denken. Es stimmt, dass er etwas über unsere Nebengeschäfte herausgefunden hatte, und es stimmt auch, dass er hier war, um uns zur Rede zu stellen – aber weder ich noch Sebastian oder Herr Eschener haben Hand an ihn gelegt.«
»Wer war es dann? Gibt es noch mehr Menschen, die mit Ihnen unter einer Decke stecken?«
Frau Summer schüttelte erneut den Kopf. »Herr Horsky kam in Escheners Büro gestürmt, hat sich völlig in Rage geredet und war nicht mehr zu stoppen. Er hat geschrien und getobt, und irgendwann hat er nach Luft geschnappt, ist rot angelaufen und einfach umgefallen. Bumm.« Sie zog ein Taschentuch aus ihrem Rock. »Er ist wie ein Stein auf den Boden geknallt und war auf der Stelle mausetot. Wahrscheinlich war es ein Herzinfarkt.« Sie wischte sich mit zitternden Händen eine Träne von der Wange.
»Und Sie haben nicht einmal einen Krankenwagen gerufen?« Morell war völlig entgeistert.
»Glauben Sie mir«, Frau Summer schnäuzte sich, »mit
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