Zu Hause in Almanya
Nikolaus Strauss, der das erste Kaffeehaus in Deutschland eröffnete, sollen türkische Vorfahren gehabt haben. Der Journalist Götz Aly gehört zu den wenigen, die ihren türkischen Vorfahren heute noch zurückverfolgen können. Der Urtürke seiner Familie, wie er ihn nennt, Friedrich Aly war einer von zwei Kammerdienern am Hofe des Kurfürsten Friedrich III. von Brandenburg. Er hatte sich dort sogar in eine türkische Frau verliebt und sie geheiratet. Sie hieß Marusch und wurde nach der Taufe Sophie Henriette genannt.
Mehmet von Königstreu und seine Frau Marie hatten sieben Kinder. Die Älteste, Sophie Caroline von Königstreu, und der Jüngste, Georg Ludwig von Königstreu, sind in der Ahnengalerie im Londoner Kensington Palace verewigt. Georg Ludwig gründete später die erste Freimaurerloge in Hannover, eine Vereinigung für die feine Gesellschaft, in der er ein angesehener Mann war. Der älteste Sohn, Johann Ludwig Mehmet von Königstreu, lebte noch viele Jahre vom Vermögen der Eltern in Hannover. Auch die fünf übrigen Kinder lebten noch viele Jahre, bekamen Enkel und Urenkel und zerstreuten sich in Deutschland und in vielen verschiedenen Ländern. Aber eines haben sie alle gemeinsam: dass sie Nachfahren des königstreuen Mehmet sind, dem türkischen Jungen.
Seine Eltern müssen sehr um ihren Sohn getrauert haben, von dessen Schicksal sie nie etwas hörten. Mehmet kehrte nicht aus dem Krieg zurück und besuchte auch später niemals seine Heimat. Wenn sie gewusst hätten, welches Abenteuer er erlebt hatte und was aus ihm geworden war, sie wären sicher stolz auf ihn gewesen.
Der kleine Sultan und sein großes Reich
Er war gerade erst dreizehn Jahre alt und sollte schon der mächtigste Mann im Land werden. Er trug einen dicken, weißen Turban, einen schweren Umhang und die edelste Kleidung, die man sich denken konnte. Ahmet, der junge Prinz, wurde von den Dienerinnen des Palastes herausgeputzt wie der König, der er bald sein sollte, wenn sein Titel »Sultan Ahmet I.« lauten würde. Sein Vater, Sultan Mehmet III., war kurz zuvor verstorben und Ahmet sollte die Nachfolge antreten. Seine Mutter sah der Thronbesteigung ihres Sohnes mit Stolz entgegen – und mit gehöriger Freude, wusste sie doch, dass dies ihre Chance war, durch ihren Sohn selbst an Macht und Einfluss zu gelangen.
In einer prunkvollen Zeremonie wurde dem kleinen Sultan als Symbol seiner Herrschaft ein Schwert umgelegt, dann nahm er im Topkapi-Palast in Istanbul auf dem goldverzierten Thron Platz. Manch einer der anwesenden Bediensteten des Palastes, manch eine Bewohnerin des Harems, manch ein Minister oder Feldherr fragte sich, wie dieser junge Bursche es schaffen sollte, ein ganzes Volk und ein Reich von Millionen Menschen zu regieren. Zum ersten Mal in der 300-jährigen Geschichte des Landes sah man einen so jungen Herrscher auf dem Thron. Im Jahre 1603 wurde Ahmet I. der vierzehnte Sultan des Osmanischen Reiches.
Gegründet wurde dieses Reich von Osman Bey, einem türkischen Fürsten der Oghusen, der dem Seldschukischen Reich unterstand. Anfangs besaß er nur eines von vielen Fürstentümern in der Region, die man Beylik nannte, doch Osman Bey vergrößerte sein Herrschaftsgebiet mit der Zeit so sehr, dass sein Name bald in ganz Anatolien bekannt war. Er nutzte die wirtschaftlichen Vorteile seines Landes als wichtige Handelsregion und vermehrte stetig seinen Reichtum, er übertrumpfte seine Konkurrenten und eroberte neue Gebiete, indem er die Schwäche des benachbarten Byzantinischen Reiches ausnützte. Als er dieses um das Jahr 1300 in einer bedeutenden Schlacht besiegte, wurde er weit über Anatolien hinaus berühmt und alle sprachen bald vom Reich des Osman, das manche auch das Türkische Reich oder die Türkei nannten. Auch sein Sohn Orhan und sein Enkel Murat waren als Feldherren und Eroberer erfolgreich und vergrößerten das Herrschaftsgebiet weiter. Gefürchtet und bewundert zugleich, dehnte es sich in den folgenden Jahrhunderten weiter aus und wurde zu einer der größten Nationen der Weltgeschichte.
Während die europäischen Staaten Länder in Afrika, Indien oder Australien eroberten und nach Amerika aufbrachen, zog es die Osmanen zu den Europäern auf den Balkan. Fast
40 Jahre, bevor Christoph Kolumbus Amerika entdeckte und die ersten Christen den Kontinent der Inkas und Azteken eroberten, nahm ein türkischer Herrscher der christlichen Welt ein bedeutendes Land. Sultan Mehmet II., der gerade erst zwanzig Jahre alt war,
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