Zuckerguss (German Edition)
mir das Handy vom Ohr weghalten.
»Einen Callboy gemietet«, wiederhole ich trocken. Ich beiße mir auf die Lippen, um nicht zu lachen.
»Du verarschst mich.« Es ist eine Feststellung, aber ein deutlicher Hauch von Unsicherheit schwingt mit.
Ich kann nicht länger an mich halten und pruste los. »Ich würde jetzt zu gerne dein fassungsloses Gesicht sehen«, gestehe ich unter weiteren Lachsalven.
Moritz murmelt Unverständliches. Ich nehme an, es ist nicht jugendfrei. »Das war nicht witzig!«
»Doch, war es«, kichere ich schadenfroh. Dann berichte ich Moritz, unter welch aberwitzigen Umständen ich David kennengelernt habe. Ich verschweige ebenfalls nicht, dass ich ihn mit einem Kuchen bestochen habe, damit er weiter meinen Freund mimt.
»Und das Spielchen macht er mit? Also entweder ist dein David eine männliche Mutter Teresa – oder er steht auf dich.«
»So ein Blödsinn!«
Wohlweislich habe ich die vermeintliche Androhung unseres zukünftigen Dates bei meinem Bericht ausgeklammert. Selbst nach drei Tagen intensiven Nachdenkens bin ich zu keinem rechten Entschluss gelangt, was ich von der ganzen Angelegenheit halten soll. Auch, weil wir an jenem Abend kein weiteres Wort mehr darüber verloren haben, als wir uns nass bis auf die Knochen, aber mit einem breiten Grinsen, voneinander verabschiedeten.
Bisher hat David sich jedenfalls nicht wieder gemeldet. Eigentlich sollte ich darüber froh sein, erspart es mir doch weitere Probleme. Trotzdem wurmt es mich irgendwie. Mehr als es sollte. Und das irritiert mich am allermeisten.
»Du magst ihn«, neckt mich Moritz.
Jetzt ist der Moment gekommen, wo ich meinen Mitbewohner gerne mit dem Mobiltelefon erschlagen möchte. »Tue ich nicht! Ich verabscheue ihn«, behaupte ich, rot bis über beide Ohren. Gut, dass Moritz mich nicht sehen kann. Ich habe nämlich das Gefühl, dass meine Nase soeben um drei Millimeter gewachsen ist. Auweia.
»Leugnen ist zwecklos. Dafür kenne ich dich zu gut, Miriam.«
»Ich hasse dich!«
Moritz lacht laut auf. »Wenn du meinen männlichen Rat und Beistand in der David-Angelegenheit brauchst, ruf mich an.« Damit kappt er die Verbindung.
»Es gibt keine David-Angelegenheit «, gifte ich den Freiton lautstark an. Findet er das witzig? Ich jedenfalls nicht. David und ich werden nie und nimmer eine gemeinsame Zukunft haben. Das werde ich zu verhindern wissen. Lächerlich ist es ohnehin. Als ob ich wirklich blöd genug wäre, mich in einen Macho wie David zu verlieben. Noch dazu in einen Wismarer Macho. Ich bin ja nicht komplett verrückt!
»Ah, gut, du bist wach«, platzt meine Mutter, wie so oft ohne anzuklopfen, in mein Zimmer. Nicht, dass ich überrascht wäre. Privatsphäre ist von jeher ein Fremdwort in diesem Haus. Zumindest was mich betrifft. Laut meiner Mutter habe ich, das beziehungsunfähigste Familienmitglied aller Zeiten, sowieso nichts zu verbergen. Folglich kann bei mir jeder kommen und gehen, wie er lustig ist.
Meine Mutter zieht die Nase kraus. Ihrem Gesichtsausdruck nach muss es in meinem Zimmer stinken wie auf der Müllhalde. Zielstrebig eilt sie auf das Fenster zu und öffnet es. Ein Schwall kühler Morgenluft bläst herein. Instinktiv ziehe ich mir die Bettdecke bis an die Ohren und verkrieche mich tiefer in die Kissen. Was weniger an der Zimmertemperatur als an meiner Mutter selbst liegt. Sie schneit nicht ohne Hintergedanken zu dieser Uhrzeit in mein Zimmer. Garantiert will sie mich um einen Gefallen bitten, ich habe so ein ungutes Gefühl in der Magengegend.
»Könntest du nachher bei David vorbeischauen und nachfragen, ob die Bilder von der Geburtstagsfeier entwickelt sind, Schatz?«, kommt sie gleich auf den Punkt, mich fröhlich-enthusiastisch in Grund und Boden strahlend.
Ich gebe Grunzlaute von mir. »Wie wäre es, wenn du ihn anrufst?« David freiwillig zu begegnen, steht nun wirklich nicht ganz oben auf meiner Prioritätenliste. Auch wenn meine verkupplungsvisierte Mutter selbstredend anderer Meinung ist. Aber ich traue mich einfach nicht, David noch einmal alleine zu treffen. Nicht nach diesem knisternd-erotischen Tanz, unserem Fast-Kuss und der Androhung eines Dates. Ogottogott. David und ich, das ist alles so verwirrend. Zu verwirrend für meinen Geschmack. Daher ist es besser, wenn wir unsere öffentliche Turteltaubenzeit auf ein Minimum beschränken. Ansonsten komme ich womöglich doch noch auf dumme Ideen. Zumal ich meiner Mutter nicht unnötig Hoffnung auf ein Happy End machen will, wenn
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