Zuckerguss (German Edition)
nach Luft. Wie bitte?
Wie bitte???
In mir brodelt und zischt es wie kurz vor einem Vulkanausbruch. Das Blut pulsiert in meinen Ohren, die Umgebung verblasst, die Hintergrundgeräusche verstummen. Ich höre nur noch David in meinem Kopf wieder und wieder sagen: »Meine Miri wäre ohne mich aufgeschmissen.«
Ich bin auf dreitausend. Es würde mich nicht wundern, wenn ich Schaum vor dem Mund hätte und aus meinen Nasenlöchern wie bei einem Drachen Rauch herausquellen würde.
»Ich befürchte, du hast dir soeben dein Dessert verspielt.« Steffi versucht gar nicht erst, sich das schadenfrohe Grinsen zu verkneifen. Das macht sie mir richtiggehend sympathisch.
»Habe ich was verpasst?«, fragt David und sieht mich forschend an. Seine Unsicherheit ist ihm deutlich anzumerken.
»Aber nein, Schatz. Wie kommst du denn darauf?«, spiele ich die Überraschte und lächele engelhaft-unschuldig, als ob mich kein Wässerchen trüben könnte. Auch wenn ich nach außen hin die liebende Freundin mime, in meinem Inneren köchelt es. So leicht lasse ich David nicht davonkommen. Der gute Herr Vahrenberg wird sich wundern. Wir sind noch lange nicht fertig miteinander.
»So gerne ich auch bleiben möchte, ich muss weiterarbeiten«, seufzt Steffi bedauernd, »sonst gibt es Ärger mit den Sklaventreibern.«
Hilde droht spielerisch mit dem Finger. »Das erzähle ich deinem Vater.«
Steffi lacht und ist im nächsten Moment durch eine Schwingtür verschwunden, nicht ohne mir vorher das Versprechen abgerungen zu haben, wieder reinzuschauen für ein »Mädelsgespräch«. Dabei sah sie David durchdringend an, der nervös meine Augen suchte. Ich guckte wie ein Unschuldslamm und tat, als ob nichts wäre.
»Sie wird von Tag zu Tag aufsässiger«, klagt Hilde, doch ihr mütterlicher Stolz ist nicht zu überhören. »Aber nun zu euch, ihr seid schließlich zum Essen und nicht zum Schwatzen hergekommen.«
Hilde bugsiert uns ins Innere des großen Gastraums, vorbei an dem großen Eck-Aquarium mit Fischen in allen möglichen Farben und Größen. »Ich habe dir unseren besten Tisch reserviert«, wendet sie sich augenzwinkernd an David.
Er streckt stumm beide Daumen nach oben.
»Wow«, entfährt es mir kurz darauf. Wir stehen in einem winzigen Separee, ein Tisch und zwei Stühle mit tiefblauen Hussen sind die einzigen Möbelstücke, ein barocker Kerzenleuchter spendet romantisches Licht, aus dem Lautsprecher ertönt gedämpft Musik aus Carmen . An den Wänden hängen vier großformatige Aufnahmen des Wismarer Hafens durch die vier Jahreszeiten. Ich habe einen gewissen Verdacht, von wem die stammen. Den Höhepunkt bildet aber die komplett verglaste Rückwand des Raumes, die einen atemberaubenden Ausblick auf den abendlich beleuchteten Hafen bietet.
Für einen Moment bin ich wirklich sprachlos.
»Mindestens so beeindruckend wie der Blick auf die New Yorker Skyline, oder?«, flüstert David neben mir. Sein warmer Atem streift meine Wange, liebkost mich wie eine Daunenfeder.
Ich muss mehrmals schlucken, als ich in seine tiefdunklen Augen mit den langen Wimpern schaue, die durch das flackernde Kerzenlicht undurchdringlich und verführerisch zugleich wirken. Wie Mousse au Chocolat.
»Krabbensuppe?«
Ich blinzele. Es dauert einen Moment, bis ich realisiere, dass David mit mir spricht. »Äh, ja, sicher. Okay«, stammele ich, rot bis zu den Haarwurzeln. Oh Gott, ich benehme mich wie ein hormongesteuerter Teenie. Und das in meinem Alter!
David schiebt mir gentlemanlike den Stuhl zurecht. Ich nuschele etwas, das annähernd wie ein Danke klingt. Er setzt sich mir gegenüber hin, lehnt sich lässig zurück und betrachtet mich aufmerksam.
Ich verknote nervös meine Finger, was ihm ein Lächeln entlockt. Peinlich berührt verstecke ich meine Hände unter dem weißen Tischtuch, weiche seinem Blick aus, der mich ganz konfus macht.
Himmel, was tue ich hier eigentlich?
Wie aus dem Nichts taucht Hilde mit zwei Tellern Krabbensuppe auf. Das würzige Aroma steigt mir in die Nase, und ich bekomme plötzlich richtig Hunger. Kein Wunder, seit dem Frühstück habe ich nichts mehr gegessen. Hungrig tauche ich meinen Löffel in die roséfarbene Suppe. Normalerweise bin ich alles andere als ein Krabben-Fan, aber die Suppe ist der pure Wahnsinn.
Ich löffele den Teller bis auf den letzten Tropfen leer und fahre mir genüsslich mit der Zunge über meinen Mund. »Das war absolut köstlich.« Ich schnurre beinahe.
»Warte, bis du Hildes Scholle probiert hast. Dafür
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