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Zuckerguss (German Edition)

Zuckerguss (German Edition)

Titel: Zuckerguss (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anica Schriever
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es auch, Zeit, um Abschied zu nehmen und sich dem normalen Leben zu stellen. Irgendwo anders auf der Welt, fernab von Wismar und diesem einen zauberhaften Moment, der einen für eine Sekunde ins Grübeln brachte.
    Diese Zwickmühle versuche ich David begreiflich zu machen. Er legt den Kopf schief und sieht mich lange an. »Ich denke, es wird Zeit, Frieden zu schließen«, sagt er schließlich und fährt gedankenverloren die Kontur meiner Hand nach.
    »Das ist nicht so leicht.«
    »Weglaufen hilft auf Dauer genauso wenig.«
    »Kann sein.«
    »Wovor hast du solche Angst?« David umfasst meinen Kopf mit beiden Händen und dreht ihn zu sich. Ich will mich von ihm losreißen, aber er lässt mich nicht. Seine verständnisvollen Augen, in denen ich mich verlieren könnte, ruhen auf mir. Er wartet geduldig auf eine Antwort. Als ich jedoch beharrlich schweige, wendet er sich ab und rutscht ein Stück von mir weg.
    »Es ist so kompliziert«, gestehe ich, traurig über die körperliche Distanz.
    »Ach, Miriam. Das ganze Leben ist kompliziert.«
    Ich nage an meiner Unterlippe.
    »Wenn dir Wismar so eine Angst einjagt, warum bist du dann zurückgekommen?«
    »Das weißt du doch, meine Mutter hatte Geburtstag«, erwidere ich schroffer als beabsichtigt. Wenn eines offensichtlich ist, dann dieser Umstand.
    David guckt nicht überzeugt. »Wirklich?«, fragt er herausfordernd. »Die vorherigen Jahre hast du gekonnt durch Abwesenheit geglänzt.«
    Ich kneife die Augen zusammen. »Was weißt du denn schon? Du hast ja keine Ahnung! Also erspar mir deine Predigt.« Ich erhebe mich und eile schnellen Schrittes Richtung Ulmenstraße. Das ist ja wohl das Letzte, dass ich mir von David Vorhaltungen anhören muss! Ausgerechnet von einem dahergelaufenen Starfotografen . Pah.
    David holt mich ein und hält mich am Arm zurück. Ich wirbele herum, funkele ihn wütend an.
    »Lass. Mich. Los.«
    »Was ist eigentlich dein Problem?«
    »Mein Problem?« Ich lache irre auf. »Mein Problem bist du. Du und dieses verdammte Kaff.« Auch wenn das nur die halbe Wahrheit ist. Denn ich ahne, was mein eigentliches Problem ist. Das ist ja das Schlimme. Allerdings ich bin klug genug, nicht weiter darüber nachzudenken.
    »Verstehe.« David löst ruckartig seinen Griff um meinen Arm.
    Ich bin so überrascht, dass ich ins Stolpern gerate. Im letzten Augenblick bekomme ich den Griff eines Eisengeländers zu fassen. Mit pochendem Herzen lehne ich mich gegen die Brüstung.
    Als ich wieder aufblicke, ist David nirgends zu sehen.
    Panisch fahre ich mir mit allen zehn Fingern durch die Haare und suche mit halb zugekniffenen Augen in der Dunkelheit nach einem Lebenszeichen. Nichts. Der West-Kai ist leergefegt. Ich trete zornig gegen die steinerne Treppenstufe. Der ziehende Schmerz in meinem rechten Fuß ist eine willkommene Abwechslung. Ich habe es nicht anders verdient. Für eine Sekunde überlege ich sogar, ob ich nicht meinen Kopf gegen die Wand hauen sollte, aber das ist mir dann doch zu schmerzhaft.
    »Verdammte Scheiße!«
    Das habe ich ja prima hinbekommen. Eine glatte Eins. Mit Sternchen. Ich kann froh sein, wenn David in ein paar Jahren wieder mit mir redet.
    David.
    Allein bei dem Gedanken an seinen ernüchterten und gekränkten Gesichtsausdruck wird mir ganz übel. Frustriert plumpse ich auf die unterste Stufe und vergrabe den Kopf zwischen den Knien.
    Allmählich dringt die Erkenntnis zu mir durch, dass ich nach dieser grandiosen Aktion zwangsläufig ohne Freund dastehe. Super. Das habe ich wirklich großartig hinbekommen! Ich mag gar nicht daran denken, wie ich meiner Mutter (»Du wirst auch diese Beziehung ruinieren«, hallt es in meinem Kopf) das verklickern soll. Wo sie sich bereits unsere Traumhochzeit in den schillerndsten Farben ausgemalt hat. Himmel, am Ende denkt sie womöglich, dass es daran lag, dass wir nicht genügend Sex hatten, weil ich bekanntlich zu prüde bin. Oh Gott, oh Gott.
    »Eines kapiere ich nicht, warum bist du noch hier, wenn Wismar für dich die Hölle auf Erden ist?«
    Ich blinzele. »David?«
    Ungläubig blicke ich auf, direkt in die mir so vertrauten braunen Augen. Ich ertappe mich dabei, wie ich ihm am liebsten vor Erleichterung um den Hals fallen möchte. Bei seinem Anblick überlege ich es mir jedoch anders. Er hat die Arme abwehrend vor der Brust verschränkt, seine Miene ist eisig. Die Schneekönigin wirkt gegen ihn wie die Fröhlichkeit persönlich. Unweigerlich fröstele ich.
    Er tritt einen Schritt auf mich zu.

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