Zuckerguss (German Edition)
lasse ich jedes 3-Sterne-Menü stehen.«
Ich hebe die Augenbrauen. »Der feine Herr spricht aus Erfahrung?«
»Das war nur so dahingesagt.«
Aha. Wieso kaufe ich ihm das nicht ab? Und wieso weicht er meinem Blick aus und starrt wie besessen den Kerzendocht an, als ob es nichts Interessanteres auf der Welt gäbe?
»David Vahrenberg, Sie verschweigen mir etwas.«
Ich habe nicht umsonst in meiner Jugendzeit sämtliche Agatha-Christie-Krimis verschlungen. Meine Schwester nannte mich bereits verächtlich Miss Marple, weil ich ihr ununterbrochen hinterherschnüffelte, um ihr ihre Geheimnisse zu entlocken. Ein Lächeln huscht über meine Lippen. Ich war wirklich gut. Vielleicht wäre Detektivin die passende Karriere für mich gewesen. Obwohl – ich hätte mich bestimmt schnell gelangweilt. Untreuen Ehemännern hinterherzuspionieren ist auf Dauer vermutlich keine spannende Unterhaltung.
»Wie lange kennst du Steffi schon?«, erkundige ich mich möglichst nebensächlich zwischen zwei Bissen des Hauptgerichts, welches Hilde gerade serviert hat. Ich gebe es nur ungern zu, aber David hat recht, die Scholle toppt die Suppe bei weitem.
»Versuch es gar nicht erst, Miriam.«
Ich verschlucke mich fast an einer Bratkartoffel und gucke David verdattert an.
»Ich weiß, worauf du hinauswillst.« David tupft sich mit der Serviette den Mund ab. »Lass es!«
»Also lief da was«, resümiere ich triumphierend, obwohl ich alles andere als glücklich über diese Erkenntnis bin. Im Gegenteil. Es ärgert mich. Und dieser Umstand ärgert mich wiederum. Wütend hacke ich mit der Gabel auf den armen Fisch ein, der nun wirklich nichts dafür kann.
David legt geräuschvoll das Besteck zur Seite. »Steffi ist fast fünfzehn Jahre jünger als ich!«
»Und?«
»Sehe ich aus wie ein Kinderschänder?«, will er in gespenstisch ruhigem Ton wissen. Sein Gesicht ist eine starre Maske, die mir einen kalten Schauer über den Rücken laufen lässt. Mir wäre es wesentlich lieber, wenn er mich anbrüllen würde, anstatt mich mit stummer Verachtung und Enttäuschung zu bestrafen.
Betreten gucke ich auf meinen Teller und stochere in dem kalten Schollenmatsch herum. Der Appetit ist mir gründlich vergangen.
David offensichtlich nicht. Er stopft sich eine Gabel voll Fisch nach der anderen in den Mund. Scheinbar ist das seine Art, mir zu zeigen, dass er nicht mit mir reden will. Bitte. Meinetwegen. Dann schweigen wir uns jetzt eben an. Pah, mir doch egal!
Ich wollte ja von Anfang an nicht mit ihm essen gehen. Das hat er nun davon. Hätte er mich mal besser zu Hause gelassen. Andererseits bin ich David wahrscheinlich zu Dank verpflichtet, dass er mich (wenn auch unbewusst) aus den Fängen meiner Mutter befreit hat. Nicht auszudenken, was ich mir sonst noch für Peinlichkeiten aus dem Intimleben meiner Eltern hätte anhören dürfen. Alleine der Gedanke verursacht mir eine Gänsehaut par excellence.
Den Kopf auf eine Hand gestützt starre ich gedankenverloren aus dem Fenster. Kaum zu glauben, dass wir uns wegen so einem banalen Mist wie eben ernsthaft in die Wolle bekommen haben. Bloß weil ich vage angedeutet habe, dass Steffi und David ein Paar gewesen sein könnten. Hallo? So abwegig ist das nun echt nicht, wenn ich mir die bildhübsche und sympathische Steffi und das mir gegenübersitzende GQ -Model anschaue. Gleichwohl ist David deswegen sauer auf mich. Warum? Trübt das sein Strahlemann-Image?
Eigentlich kann es mir völlig schnuppe sein, mit wem David mal was hatte – oder nicht. Und sei es mit Cora. Schließlich geht mich das a) rein gar nichts an und b) will ich überhaupt nichts von ihm. Punkt. Trotzdem wurmt mich der Gedanke, dass zwischen David und Miss Ostseestrand möglicherweise was war beziehungsweise laufen wird, sobald ich aus dem Bild bin. Total dämlich! Immerhin besitze ich keinerlei Ansprüche auf David und sollte mich daher gefälligst raushalten. Wahrscheinlich reagiere ich nur deshalb so angespannt, weil ich David insgeheim vor der Gottesanbeterin Cora schützen will. Ja, das wird es sein! So gesehen sollte David mir dankbar sein, dass er momentan mit mir »zusammen« ist. Anstatt sich mit Coras zunehmenden Avancen herumzuärgern. Denn was die mit vermeintlichen Konkurrentinnen macht, habe ich ja auf der Geburtstagsfeier meiner Mutter mitbekommen, wo sie mir am liebsten die Augen ausgekratzt hätte, als sie erfahren hat, dass David mein Freund ist. Demnach tue ich David mit unserer Scheinbeziehung sogar einen
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