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Zuckerguss und Liebeslieder Roman

Zuckerguss und Liebeslieder Roman

Titel: Zuckerguss und Liebeslieder Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rosie Wilde
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das Zylinderschloss - und schultere beim Abstieg aus dem dritten Stock den Rucksack. Dann wiederhole ich die Zweimal-Abschließen-Prozedur mit der Haustür - trotz diverser mahnender Erinnerungen an die anderen Wohnungsbesitzer sind Stephen und ich die Einzigen, die sich daran halten. Die Mahnungen waren in fetten Großbuchstaben geschrieben - Stephen hatte eigens einen dicken schwarzen Marker gekauft -, doch selbst das zeigte keine Wirkung. Stephen ist echt gut in so was; er ist die Verantwortung in Person.
    Der Anfang meiner Beziehung zu Stephen markierte das Ende einer gewissen Durststrecke in meinem Liebesleben. Um korrekt zu sein, war es eine zweijährige Dürreperiode. Blind Dates, Speed-Dating oder Internet-Chats sind nicht so mein Ding. Bevor ich Stephen kennenlernte, arbeitete ich in der Gemeindeverwaltung von Kingston, wo ich Paul traf, einen kleinen Angestellten bei der Planungsbehörde, mit dem ich zwei Jahre stürmischer Aufs und Abs durchlebte. Paul war weder groß, dunkel noch gutaussehend, aber er konnte gut küssen und leckere Wok-Gerichte zubereiten. Nach drei Monaten im siebten Himmel geriet unsere Beziehung allmählich unter Druck, als Paul zum Nachtdienst beim Einsatzkommando für Lärmbekämpfung versetzt wurde. Und sie verschlechterte sich zusehends,
nachdem er ans College zurückging, um sein Diplom als Stadtplaner zu machen. Ab da trug er die Nase immer höher und höher. »Tut mir leid, Alice«, sagte er nach dem ersten Trimester. »Ich glaube, ich muss mir jemanden suchen, der mir intellektuell ebenbürtig ist.« Man hört ja immer wieder von Männern, die einen fallen lassen, sobald man mit ihnen geschlafen hat. Paul war aus ähnlichem Holz geschnitzt: Er wartete, bis ich seine erste Seminararbeit getippt hatte - Pflastergestaltung: Eine Stellungnahme zu den Herausforderungen des 21. Jahrhunderts - , und ließ dann die Bombe platzen.
    Welche Erleichterung, die Bekanntschaft von Stephen zu machen, einem Mann, der im Gegensatz zu Paul bisher nicht ein einziges Mal zu spät oder gar nicht an meinen Geburtstag gedacht hat (dank der Erinnerungsfunktion in seinem E-Mail-Programm). Außerdem unterstützt er mich bei meiner Karriere nach Kräften. Vor meinem Bewerbungsgespräch bei Carmichael Music war ich ein einziges Nervenbündel, dabei hatte Stephen dafür gesorgt, dass ich gründlich vorbereitet war. Er fabrizierte Lernkärtchen mit Schlüsselzahlen über die Top-Performer der letzten vier Jahrzehnte. Als ich nach den wichtigsten Trends in der Plattenindustrie gefragt wurde, konnte ich fünf Minuten, ohne zu stocken oder abzuschweifen, über digitale Download-Technik sprechen. Nach drei Minuten stoppten sie mich. Donny Osmond absolvierte übrigens seinen ersten Fernsehauftritt im zarten Alter von vier Jahren mit dem Song »You Are My Sunshine«.
    Rein äußerlich wirkt Stephen wie ein etwas weltfremder Gelehrter oder, sagen wir lieber, wie ein Intellektueller. Er ist groß, fast einen Meter dreiundachtzig, was, wie ich finde, einem Mann gut zu Gesicht steht. Er ist außerdem
sehr schlank und hat feines, sandfarbenes Haar, das er im Nacken länger trägt, wie Andrew Ridgeley, die eine Hälfte des mittlerweile ausgemusterten 80er-Pop-Duos Wham! Außerdem hat er eine meines Erachtens sehr markante Adlernase. Teresa sagt, mit Kontaktlinsen und einem anständigen Haarschnitt würde er zehn Jahre jünger aussehen, aber er geht nun schon seit einer Weile immer zum Junior-Stylist-Abend beim Friseur um die Ecke und sieht keinen Grund, daran etwas zu ändern.
    Draußen ziehe ich zum Schutz vor dem rauen Märzwind, der durch die Straßen pfeift, den Reißverschluss bis zum Kragen hoch. Ungefähr die Hälfte der dreistöckigen Häuser hier ist in Eigentumswohnungen umgewandelt worden, der Rest ist bei Familien heißbegehrt. Alle Häuser haben hübsche Haustüren mit Buntglasfenstern sowie Blumenkästen, die im Sommer ein geschmackvolles Sortiment von Geranien ziert. Im Augenblick enthalten sie nichts außer kahler Blumenerde. Unsere Nachbarn in Southfields sind verheiratet und haben pro Paar zwei Kinder und einen Hund. Die Mütter fahren Volvo-Kombis, die Väter diese Audi-Geschosse. Die Hunde sind entweder Labradors, Scotchterriers oder Spaniels. Wir winken uns zur Begrüßung zu, aber mehr an gesellschaftlichem Kontakt gibt es nicht, weil Stephen und ich kinder- und hundelose Lebensabschnittsgefährten sind.
    Ich biege in die Replingham Road ein, gehe an dem großen Lebensmittelladen und schnell auch

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