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Zuckerpüppchen - Was danach geschah

Zuckerpüppchen - Was danach geschah

Titel: Zuckerpüppchen - Was danach geschah Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heidi Hassenmüller
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Außerirdische.” Er lachte, freute sich, daß sie auch laut lachte. Sie lachte und lachte. Eine außerirdische Mutter war gut, Mütter waren zu ersetzen, niemand war unersetzlich. Dann gingen sie essen. Hamburger. Was liebte sie diesen Jungen, mit seinen großen fragenden Augen, den vollen Lippen, die er erst in den letzten Monaten so oft wütend aufeinanderpreßte. Er sollte nicht mit einer labilen Mutter großwerden. Er sollte sie lachend in Erinnerung behalten. “Bestell dir noch einen Milchshake”, ermunterte sie ihn. “Du nimmst doch so gerne den Erdbeermilchshake.”
    Während Daniel in der Schule war, versuchte sie, Dr. Rolveld zu erreichen. “Ich kann nicht mehr”, klagte sie. “Ich kann nicht mehr weiter.” Sie erzählte ihm von Ruth, daß Hubert ihr Vertrauen schon wieder mißbraucht hatte, noch bevor sie richtig zur Tür hinaus war. “Es hat alles keinen Sinn mehr...” Sie brach ab, wartete auf ein tröstliches Wort.
    “Versuchen Sie nicht, mich zu erpressen”, sagte ihr Therapeut. “Sie sehen die Dinge im Moment überspitzt.” Sie legte auf.
    Nach einer Woche kam Hubert zurück. Sie hatte eine Woche nichts von ihm gehört, wußte nicht, wohin er mit wem und wann gefahren war. Iris wußte auch nichts. “Sie sind weg, das kann ich dir sagen. Mehr weiß ich nicht.”
    Gaby hörte seinen Wagen. Sie ging zur Tür. Alex flog ihr entgegen. “Ich habe dich so vermißt, Mammi. Obwohl, Tante Iris ist ganz nett. Ich durfte auch immer mit den Fingern essen, und auch vorm Fernseher, und jeden Tag gab es etwas Leckeres, das ich mir wünschen durfte.” Andere können auch gut für meine Kinder sorgen. Kinder vergessen schnell. “Mein lieber kleiner Schatz!” Sie ging in die Knie, schloß ihn fest in ihre Arme.
    “Und hier ist dein großer Schatz!” Sie sah von ein Paar handgeflochtenen braunen Schuhen hoch zu einer tadellos gebügelten Hose, zu einem lässigen Leinenoberhemd, einer aparten neuen Krawatte, einem leicht gebräunten Gesicht. Er lächelte strahlend. Langsam stand sie auf, sah ihn einen Moment an, drehte sich dann um und ging in die Küche. “Keinen Willkommenskuß?” Er stand hinter ihr. “Nein”, sagte sie, “keinen Willkommenskuß.” Sie wandte sich an die Kinder. “Kommt zu Tisch. Ich habe eine frische Gemüsesuppe gemacht. Mit Hackklößchen”, fügte sie für Alex hinzu. Alex liebte selbstgemachte Hackklößchen in frischer Gemüsesuppe. “Fein”, sagte er und sah abwartend von Hubert zu ihr. Sie füllte die Teller, legte ihre Serviette ordentlich auf ihren Schoß. “Also dann, guten Appetit, ihr Lieben”, sagte Hubert. Niemand sagte etwas, niemand aß. “Gut”, sagte er und schlürfte die Suppe übertrieben laut, “wirklich gut.” Er wandte sich direkt an Gaby. Spott funkelte in seinen Augen. “Eins muß man dir lassen, kochen kannst du.” — “Ja”, sagte sie, “wahrscheinlich.” Sie rutschte ein wenig mit ihrem Stuhl nach hinten. “Du kannst meine Suppe auch noch haben”, sagte sie und schlug mit der flachen Hand so unter ihren Teller, daß er zu ihm flog. Suppe und Hackklößchen flogen mit, auf den Tisch, auf seine tadellos gebügelte Hose, gegen seine aparte Krawatte. Die Kinder saßen wie erstarrt. “Ich habe die Nase voll”, schrie Gaby. “Endgültig und gestrichen. Ich will, daß du gehst.”

    “Ja, ich gehe”, sagte er am nächsten Morgen. “Ich suche mir ein Zimmer, dann gehe ich.” Sie hatte die ganze Nacht wieder nicht geschlafen. Ihre lodernde Wut war zusammengefallen zu einem Häufchen Asche. Als er weg war, räumte sie die Kinderzimmer auf. Die Wäsche hatte sie gewaschen, ordentlich zusammengefaltet in die Schränke gelegt. Sie wischte den Kühlschrank sauber, kontrollierte die Vorräte. Für die nächsten Tage war genug zu essen da. Bis dahin hatte er jemanden gefunden, der ihm den Haushalt führen konnte. Sie setzte sich auf Alex’ Bett, drückte sein Kopfkissen vor ihr Gesicht. Ich muß es tun, dachte sie. Hubert hatte recht, sie war schwach, labil, hysterisch. Hysterisch, das hatte Mutti früher auch immer gesagt.
    Hysterisch war schlecht für heranwachsende Kinder. Labil auch. Sie brauchten eine starke Mutter. Hubert würde dafür sorgen, daß sie alles bekamen. Das hatte er heute nacht auch gesagt. “Du glaubst doch nicht, daß du unentbehrlich bist? Du mit deinen Szenen, du bist Gift für die Kinder. Du vergiftest hier die Stimmung.” Er hatte recht. Jetzt wollte sie nicht mehr. Jetzt war der Punkt gekommen, an dem sie

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