Zum Heiraten verfuehrt
noch nicht zu vermissen, in ein paar Jahren jedoch würde sich unweigerlich eine Lücke auftun, die zu füllen ihr Probleme bereiten dürfte. Jetzt hatte Sander diese Ängste, die sie mehr oder minder erfolgreich verdrängte, wieder an die Oberfläche gezerrt. Für Ruby gab es nichts Wichtigeres, als ihren Söhnen eine gute Mutter zu sein. Sie wollte ihnen das Gefühl geben, dass sie in jeder Sekunde ihres Lebens um ihrer selbst willen geliebt wurden und in Ruhe und Geborgenheit aufwachsen konnten, ohne sich über die Probleme der Erwachsenen den Kopf zerbrechen zu müssen. Deshalb war sie auch fest entschlossen, sich nie mit einem Mann einzulassen. Weil sie ihren Söhnen eventuelle Enttäuschungen mit einem Ersatzvater ersparen wollte.
Jetzt aber wurde sie von Sander gezwungen, über all diese Fragen nachzudenken. Darüber, dass ihre Söhne ihr eines Tages Vorwürfe machen könnten, weil sie ihnen den Vater vorenthalten hatte. Über die Tatsache, dass sie keinen Vater hatten, der sie liebte.
Wut, mit Panik vermischt, stieg in ihr auf.
„Was soll das?“, fragte sie. „Die Zwillinge bedeuten dir nichts. Sie sind fünf Jahre alt, und du wusstest bis vor Kurzem nicht einmal, dass sie existieren.“
„Letzteres stimmt. Aber wenn du behauptest, dass meine Söhne mir nichts bedeuten, irrst du dich ganz gewaltig. Vor allem fühle ich mich verpflichtet dafür zu sorgen, dass sie in meiner Familie aufwachsen.“
Natürlich hatte er nicht vor, ihr von diesem seltsamen Sog zu erzählen, von diesem Urinstinkt, den er beim ersten Anblick der Zwillinge verspürt hatte. Er verstand ja selbst nicht, was da mit ihm passiert war. Er wusste nur, dass dieser Urinstinkt ihn angetrieben hatte, nach England zu fliegen, und dass er entschlossen war, das Land nicht ohne seine Söhne zu verlassen.
„Es fällt dir doch bestimmt nicht leicht, für sie zu sorgen … so ganz ohne Einkommen, meine ich.“
Sander machte sich Gedanken darum, wie sie zurechtkam? Ruby schüttelte gereizt den Kopf. Sie hätte ihm gern erzählt, dass es viel schlimmer gewesen war, mit siebzehn entdecken zu müssen, dass sie Kinder von einem Mann unter dem Herzen trug, der sie benutzt und weggeworfen hatte, aber sie sagte nichts.
„Selbst angenommen, deiner älteren Schwester gelingt es, die Hypothek abzutragen und das Haus hier zu halten“, er blickte sich vielsagend um. „Hast du dich schon mal gefragt, was passiert, wenn eine deiner Schwestern heiraten möchte und auszieht? Oder vielleicht sogar beide? Du bist finanziell im Moment vollkommen von ihnen abhängig. Eine gute Mutter wie du wünscht sich natürlich, dass ihre Kinder möglichst sorgenfrei aufwachsen können und die beste Ausbildung erhalten. Bei mir wäre ihnen beides garantiert, außerdem bin ich bereit, dir großzügig Unterhalt zu zahlen, damit du ein eigenständiges Leben führen kannst. Wenn man so jung ist wie du, ist es doch bestimmt kein Vergnügen, ständig zwei kleine Kinder am Hals zu haben.“
Ihr Argwohn war also begründet gewesen. Ruby presste die Lippen zusammen. Glaubte er wirklich allen Ernstes, sie könnte bereit sein, ihm ihre Söhne zu verkaufen? Begriff er denn gar nicht, wie unmoralisch dieses Angebot war? Oder war ihm das schlicht egal, Hauptsache, er bekam seinen Willen?
Andererseits fühlte sie sich angesichts seiner Entschlossenheit aufgefordert, ihre Reaktion sorgfältig abzuwägen. Auf jeden Fall war es nicht ratsam zuzugeben, dass sie nicht gerade auf Rosen gebettet war, weil zu befürchten stand, dass er diese Information zu einem späteren Zeitpunkt gegen sie verwenden könnte. Deshalb versuchte sie ihre Wut in Zaum zu halten und erklärte mit erzwungener Ruhe: „Die Zwillinge sind erst fünf. Jetzt wo sie zur Schule gehen, kann ich meine Ausbildung beenden. Und um mein Vergnügen brauchst du dir keine Gedanken zu machen, das habe ich nämlich reichlich mit meinen Söhnen.“
„Das kann ich mir offengestanden nur schwer vorstellen, wenn ich daran denke, unter welchen Umständen wir uns kennengelernt haben“, konterte Sander maliziös.
„Das war vor sechs Jahren, außerdem war ich damals …“ Ruby unterbrach sich. Sie war ihm keine Rechenschaft schuldig. Die Menschen, die sie liebten – ihre Schwestern – wussten und verstanden sehr gut, was sie damals zu ihrem unverantwortlichen Verhalten getrieben hatte. Ihre Liebe und Unterstützung für sie hatten niemals nachgelassen. Sie schuldete Sander gar nichts und schon gar keine Erklärung für jenen
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