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Zum Krieger geboren: Mein Leben als Navy Seal (German Edition)

Zum Krieger geboren: Mein Leben als Navy Seal (German Edition)

Titel: Zum Krieger geboren: Mein Leben als Navy Seal (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Chuck Pfarrer
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ausgefahrene und arretierte Position zu bringen.
    Als sie ausgefahren war, wurde an ihren Metallstufen ein Drahtseil befestigt, mit dem sie nach unserem Absprung wieder geschlossen werden konnte. Hoser stellte sich mit dem Gesicht zu uns auf die unterste Stufe und hielt sich links und rechts am Geländer fest. Er würde in dieser Position als Erster springen, auf mein Signal. Wir standen alle dicht an dicht auf der Treppe. Ich war der letzte Mann in der Reihe und wartete auf der obersten Stufe in der Küche neben dem Combat Controller. Der Mann sah mit seinem Helm aus wie ein Insekt. Er drehte sich zu mir um und hielt drei Finger hoch. Ich gab das Signal an Hoser weiter, und er nahm eine Hand vom Geländer und gab ein dreifingriges »Macht euch bereit« an die Rastas weiter. Wir hatten noch drei Minuten.
    Ich warf einen Blick auf meinen Höhenmesser. Er zeigte 1500 Meter und schnellen Sinkflug. Durch die offene Heckluke und die Regenwände konnte ich in eineinhalb Kilometer Entfernung die Scheinwerfer der Autos auf dem Chesapeake-Bay-Bridge-Tunnel sehen. In dem starken Regen zuckten Blitze aus der Wolkendecke. Die See in der Bucht war rau, die Wolken hingen tief und der Gewittersturm toste. Ich sah Regentropfen im stroboskopischen Licht der Positionslichter des Flugzeugs gefrieren. Die 727 machte einen großen, langsamen Bogen über der Chesapeake Bay und ging tiefer wie beim Landeanflug auf den Norfolk International Airport.
    Mit der Übung wollten wir klären, ob eine Gruppe Kampfspringer vom Radar eines Flughafens erfasst werden konnte. Nachdem Assailant 26 SEAL DZ umkreist hatte, holte er sich beim Tower des Norfolk International die Genehmigung für eine Landung mit anschließendem Durchstarten. Es war geplant, dass die Boeing die Landeklappen öffnen, das Fahrwerk ausfahren und zum Landeanflug ansetzen würde. Unsere Absprungzone lag etwa 4 Kilometer vom Tower des Flughafens entfernt zwischen der Küste der Chesapeake Bay und den Rollbahnen. Meine Crew würde während des Landesanflugs abspringen, wenn das Fußballfeld in Sicht kam.
    Wir sollten das Flugzeug in nur 200 Metern Höhe verlassen, verdammt niedrig für einen Freifallsprung. Nach dem Absprung würde die Heckgangway zugezogen. Danach würde Assailant 26 in Norfolk kurz aufsetzen und wieder durchstarten und dann auf der Naval Air Station Oceana, einem Flugplatz der Navy in Virginia Beach, landen. So war es jedenfalls geplant. Augenblicke später sollte dieser Plan, wenigstens was mich betraf, komplett aus dem Ruder laufen. Der Combat Controller hob die rechte Hand; Daumen und Zeigefinger waren etwa 1 Zentimeter voneinander entfernt. Ich gab das Signal an Hoser weiter: »Noch 30 Sekunden bis zum Absprung.« Ich schaute auf meinen Höhenmesser: Wir passierten gerade die 300-Meter-Marke. Der Combat Controller schlug mir auf den Schenkel. Ich brüllte »GO! GO! GO!« in mein Headset. Am Fuß der Gangway ließ Hoser das Geländer los und wurde sofort von der Treppe gesaugt. Ich sah zu, wie er in der Wand glitzernder Regentropfen verschwand. Auch die anderen Springer klapperten die Treppe hinunter und sprangen in die Nacht hinaus. Ich war der Letzte, der das Flugzeug verließ. Beim Absprung spürte ich die heiße Abluft der Turbinen und roch den sauren Gestank verbrannten Kerosins.
    Als mich der Sog erfasste, bog ich den Rücken. Der Absprung von einer Passagiermaschine gleicht in mancher Hinsicht dem Surfen auf einer riesigen Welle. Der Sprung ist so ähnlich, wie wenn man eine Welle annimmt. Man muss einen steifen runden Rücken machen, damit man nicht anfängt, Saltos zu schlagen. Ich wartete drei Sekunden, dann zog ich die Reißleine. Ich spürte, wie sie durch ihre Kanäle schoss und sich der Container auf meinem Rücken öffnete. Der Hilfsschirm wurde von seiner Sprungfeder weggeschnellt und zog den Hauptschirm und seine Tasche nach oben. Ich wappnete mich für den Ruck, wenn sich der Hauptschirm öffnete und sich meine Fallgeschwindigkeit von etwa 200 Kilometern auf eine Sinkgeschwindigkeit von 6 Metern pro Sekunde verlangsamte. Ich holte tief Luft und hielt den Atem an.
    Doch der Schirm ging nicht auf. Virginia kam immer noch rasend schnell auf mich zu. Ich hatte vielleicht noch zehn Sekunden zu leben.
    Ich habe oft gehört, dass man in Todesgefahr sein ganzes Leben noch einmal wie im Zeitraffer ablaufen sieht. Ich war an vielen schlimmen Orten und habe viele blutige, potenziell tödliche Augenblicke erlebt, in denen ich nicht wusste, ob ich

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