Zum Sterben schoen
war, besonders wenn das Pfarrhaus dringend einen frischen Anstrich benötigte. Harte Arbeit könne alles heilen, selbst Krebs, lautete sein Dogma.
Manchmal fiel es Tom richtig schwer, sich daran zu erinnern, warum er den Monsignore so sehr mochte oder eine Art Verwandtschaft mit ihm empfand. Vielleicht lag es daran, dass sie beide etwas Irisches in sich hatten. Oder daran, dass die Philosophie des alten Mannes, einem Missgeschick keine Träne mehr hinterherzuweinen, ihn mehr Schicksalsschläge als Hiob hatten ertragen lassen. Toms Kampf war im Vergleich zu McKindrys Leben ein Kinderspiel.
Er würde tun, was immer er konnte, um McKindry seine Last zu erleichtern. Monsignore freute sich darauf, seine alten Freunde wiederzusehen. Einer von ihnen war Abt James Rockhill, Toms Ordensoberer in der Assumption Abbey, der andere, Vincent Moreno, ein Priester, den Tom nie kennen gelernt hatte. Weder Rockhill noch Moreno würden bei McKindry und Tom im Mercy House übernachten, weil sie die Annehmlichkeiten der Holy-Trinity-Gemeinde bei weitem bevorzugten – Luxusartikel, wie heißes Wasser, das länger als fünf Minuten vorhielt, und eine zentrale Klimaanlage. Die Dreifaltigkeitsgemeinde befand sich im Herzen einer Wohngegend, die auf der anderen Seite der Staatsgrenze zwischen Missouri und Kansas lag. McKindry nannte sie scherzend »Heilige Muttergottes des Luxus«, und nach der Anzahl der Designerautos zu urteilen, die jeden Sonntagmorgen auf dem Parkplatz der Kirche standen, traf diese Bezeichnung den Kern der Sache. Die meisten Gemeindemitglieder von Mercy besaßen überhaupt kein Auto und gingen zu Fuß zur Kirche.
Toms Magen begann zu knurren. Ihm war heiß, er fühlte sich klebrig und hatte Durst. Er sehnte sich nach einer Dusche und einem kalten Budweis Light. Während der ganzen Zeit, in der er jetzt hier saß und wie ein Truthahn grillte, war kein Einziger zur Beichte gekommen. Vermutlich war jetzt außer Lewis, der sich gerne in der Garderobe hinter dem Vestibül versteckte und heimlich aus der Flasche in seinem Werkzeugkasten einen Schluck Whiskey kippte, überhaupt niemand in der Kirche. Tom warf einen prüfenden Blick auf seine Armbanduhr, sah, dass nur noch wenige Minuten verblieben waren und entschied, dass er genug hatte. Er knipste das Licht über dem Beichtstuhl aus und griff gerade nach dem Vorhang, als er hörte, wie zischend die Luft aus der lederbezogenen Kniebank entwich, weil ein Gewicht darauf platziert wurde. Auf dieses Geräusch folgte ein diskretes Hüsteln aus der Kammer des Beichtenden neben ihm.
Sofort richtete Tom sich auf seinem Sitz auf, nahm den Kaugummi aus dem Mund, tat ihn in das Papierchen zurück, beugte den Kopf im Gebet und schob das Holzpaneel auf.
»Im Namen des Vaters und des Sohnes …«, begann er leise, während er das Kreuzzeichen machte.
Etliche Sekunden verrannen in tiefem Schweigen. Entweder sammelte der Sünder sich oder nahm all seinen Mut zusammen, bevor er seine Missetaten beichtete. Tom rückte die Stola um seinen Hals zurecht und wartete weiter geduldig.
Der Duft von Calvin Kleins Obsession drang durch das Gitter, das sie trennte. Es war ein charakteristischer, schwerer, süßlicher Geruch. Tom erkannte ihn, weil seine Haushälterin in Rom ihm zu seinem letzten Geburtstag eine Flasche dieses Eau de Colognes geschenkt hatte. Ein wenig von diesem Zeug reichte sehr lange, und der Sünder hatte es stark übertrieben. Der Beichtstuhl stank jetzt danach. Dieser Geruch in Verbindung mit Moder und Schweiß gab Tom das Gefühl, durch eine Plastiktüte zu atmen. Sein Magen machte einen Satz, und er zwang sich, nicht zu würgen.
»Sind Sie da, Pater?«
»Ich bin da«, flüsterte Tom. »Wenn Sie bereit sind, Ihre Sünden zu bekennen, können Sie anfangen.«
»Das … fällt mir schwer. Meine letzte Beichte war vor einem Jahr. Mir wurde damals keine Absolution erteilt. Werden Sie mir jetzt die Absolution erteilen?«
Die Stimme erklang in einem seltsamen Singsang und hatte einen spöttischen Unterton, der Tom warnte. War dieser Fremde bloß nervös, weil so viel Zeit seit seiner letzten Beichte vergangen war, oder war er absichtlich respektlos?
»Ihnen wurde keine Absolution erteilt?«
»Nein, Pater. Ich erzürnte den Priester. Ich werde auch Sie erzürnen. Was ich Ihnen beichten werde, wird … Sie schockieren. Dann werden Sie wütend werden wie der andere Priester.«
»Nichts, was Sie mir sagen werden, wird mich schockieren oder erzürnen«, versicherte Tom
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