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Zungenkuesse mit Hyaenen

Zungenkuesse mit Hyaenen

Titel: Zungenkuesse mit Hyaenen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Else Buschheuer
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nicht!«
    »Du denkst, sie haben ein Verhältnis? Glaub ich nicht. Big Ben macht so was nicht!«
    »Nein, ich denke eher, sie haben gedealt. Bobito, enttäuscht von Müller, weil der ihr die Rolle nicht gegeben hat, läuft zu Big Ben über und packt aus. Der spielt die Informationen dem unabhängigen Stadtmagazin zu und bedankt sich mit einer Titelgeschichte.«
    An dieser Stelle erlitt ich einen kleinen paranoiden Schub. Hatte Gritli mich aus dem Weg geräumt, um sich an meine Stelle zu drängen, meinen Ruhm zu stehlen, meinen Fall zu lösen? Offenbar knackte sie die Nüsse, die ich bisher nur herumgewälzt hatte, mit nahezu spielerischer Leichtigkeit.
    »Jetzt habe ich mir das angeblich neutrale Stadtmagazin mal genauer angeschaut. Und rate mal, wer dafür schreibt?«
    »Keine Ahnung!«
    Ihr Finger landete auf Hanna. »Miss Piggie!«
    »Das leuchtet ein«, sagte ich. »Sie hasst Müller. Was ist mit den anderen?«
    Gritli zeigte auf Teuben: »Mitwisser, Giftmischer, verstoßener Kronprinz, korrupt bis auf die Knochen. Seit Müller wackelt, ist er verunsichert und schaut sich nach einem neuen Herrn um. Ich halte ihn für verdächtig.«
    »Und David?«
    »Denk mal, neuerdings macht er sich an mich ran, und ich scheiß drauf! Wegen der Schwuchtel bin ich mal aus dem Fenster gesprungen, ich fass es nicht! David macht nicht nur die Ringe, er akquiriert die lebensmüden Kunden. Der Teuben beschafft das Gift, und David beschafft die Lebensmüden. Er könnte was mit dem Tod der Müllerin zu tun haben.«
    »O. K., was ist mit Veronika?«
    »Abserviert, aber harmlos.«
    »Klarhabbisch ist aber sauber?«
    »Nicht nur sauber, sondern rein. Vermutlich ist er der einzige gute Mensch in Rizz.«
    »Und welche Rolle hat der Cellist gespielt?«
    »Der war nur ein Statist. Ein hübscher Statist, eine arme Sau.«

POLKAHAFTE LIBIDO
    Dass Béla Schlosser aufs Cello kam, ist dem Tod seiner Mutter geschuldet, wonach er zur Untermiete wohnte, auf ganz und gar altmodische Art, Schuhe aus, Radio in Zimmerlautstärke – und kein Damenbesuch. Frau Medizinalrat Hippe, seine Vermieterin, nannte ein Stradivari-Cello ihr Eigen, das eine magische Anziehungskraft auf Béla ausübte. Es stand im Esszimmer in einer großen Panzerglasvitrine und durfte nur von ferne betrachtet werden. Frau Hippe selber spielte nicht, und auch ihr verstorbener Mann, der Medizinalrat, war trotz einer gewissen Unermüdlichkeit des Übens kein großer Streicher gewesen.
    Manchmal saß Béla nachts im dunklen Esszimmer und starrte in die Glasvitrine, über der ein gerahmtes Rilke-Gedicht hing: »Ich bin die Laute. Willst du meinen Leib beschreiben, seine schön gewölbten Streifen, sprich so, als sprächest du von einer reifen gewölbten Feige.«
    Er sah sich, wie er, unrasiert, mit Pferdeschwanz, auf David-Garrett-Art, umringt von Kameras, das Cello lässig auf einer großen Bühne herumwirbelte. Ein Popstar, Béla Schlosser, Frauenschwarm und weltberühmt, so würde es sein, so würde es werden, wenn er nur dieses Cello hätte. Es war wie im »Schweigen der Lämmer«, wo Hannibal Lecter sagt: »Was tut dieser Mann? Er begehrt. Und wie beginnen wir zu begehren? – Wir begehren das, was wir sehen.« Béla begehrte das Cello, und er war zu jedem Opfer bereit.
    Antonio Stradivari hatte das Instrument 1694 in Cremona gebaut, es war gut erhalten und hatte mittlerweile einen Wert von knapp zwei Millionen Euro. Als er sie bat, das Instrument einmal halten zu dürfen, nur einmal halten, verlangte sie im Gegenzug einen Walzertanz zu Klängen ihres alten Plattenspielers. Als er fragte, ob er darauf spielen dürfe, musste er Frau Hippe auf den faden, alten Tabaksbeutelmund küssen, und als er den Wunsch äußerte, Cello-Unterricht zu nehmen, verpflichtete ihn das direkt in Frau Hippes Pflegebett. Sechs lange Jahre ging das so, tagsüber hielt Béla das Cello im Arm, nachts seine säuerliche Vermieterin, zwei Antiquitäten von Wert, und er wusste, er müsste bei ihr bleiben, bis sie stürbe, denn er zahlte ja durch seine Liebesleistungen nicht etwa das Instrument ab, so dass es eines Tages wie selbstverständlich in seinen Besitz übergehen würde, sondern er müsste es rechtmäßig erben, er müsste sie zu einem Testament ermutigen und bei ihr bleiben, um beim Cello zu bleiben.
    Sein Ruhm ist jung, er hat ihn einer Affäre mit Benedikt von Rubes persönlicher Assistentin zu verdanken. Die wiederum hat ihn für eine Veranstaltung verpflichtet, eine Preisverleihung des Mittagskuriers

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