Zur Sache, Schätzchen (German Edition)
Meinung von Toms Mutter.
Es war eine Sache, das Kind in die Obhut von jemandem zu geben, der ihn besser aufziehen konnte als sie. Etwas völlig anderes aber war es, ihn völlig der Obhut des anderen zu überlassen, selbst wenn dieser andere der Padre war. Ein Kind musste wissen, dass es von der Mutter geliebt wurde.
Tom wandte den Blick von der Straße und sah sie an. “Mach kein Drama daraus, Slim. Das ist es nämlich nicht. Sie hat getan, was sie tun musste, für sich und für mich, und wir beide können so damit leben. Sie hasst diesen Ort einfach.” Er streckte den Arm aus und tätschelte ihren Oberschenkel. “Und das ist für mich auch okay.”
“Ich sage dir, was sie noch hasst”, sagte Roxanne. “Mich.”
“Wie kommst du darauf?”
“Oh, bitte.” Roxanne verdrehte die Augen. “Sie hält mich für ein lockeres Frauenzimmer, das sich ihren kleinen Jungen schnappen will. Und das gefällt ihr überhaupt nicht.”
Tom schüttelte den Kopf. “Irgendetwas, was sie gesagt hat, musst du falsch verstanden haben.”
“Oh, es war nicht was sie
gesagt
hat. Nicht direkt. Eher, wie sie mich angesehen hat. Als käme ich von der Straße.”
Er legte eine Hand auf ihre Stirn. “Hast du Fieber?”
“Ich meine es ernst.” Sie nahm seine Hand zwischen ihre Hände. “Deine Mutter meint, ich würde dich verderben.” Sie hob seine Hand an ihren Mund, nahm seinen Zeigefinger zwischen die Lippen und saugte daran. Dann zog sie ihn sehr langsam wieder hinaus. “Meinst du, es gelingt mir?”, fragte sie und grinste ihn an.
12. KAPITEL
Zwei Tage später – drei volle Tage vor dem eigentlichen Termin und gegen den Rat des Arztes – verließ der Padre auf eigene Verantwortung das Krankenhaus. Er wollte nach Hause. Tom war damit nur einverstanden, wenn eine Krankenschwester zumindest für die drei Tage, die er normalerweise noch im Krankenhaus geblieben wäre, engagiert wurde. Der Padre knurrte und erklärte, die Jungen könnten sich um ihn kümmern, doch Tom blieb standhaft, und eine Schwester quartierte sich mit der notwendigen Ausrüstung auf der Second Chance Ranch ein.
Und Roxanne war immer noch auf der Ranch. Wider bessere Einsicht und die Entscheidung, die sie damals in der Nacht getroffen hatte, als Tom in sein eigenes Zimmer zurückgeschlichen war. Und da es unhöflich war, vor der Begrüßungsparty für den Padre zu verschwinden – geplant für drei Tage nach seiner eigentlichen Rückkehr auf die Ranch –, entschied sie, bis zu dieser Feier zu bleiben. Außerdem würde auch Rooster zu der Party kommen, und sie wollte sich gern persönlich von ihm verabschieden. Auf den langen Fahrten zwischen den einzelnen Rodeos hatte sich eine echte Freundschaft zwischen ihnen entwickelt.
Aber dann würde sie auf jeden Fall verschwinden.
Sie hatte bekommen, was sich gesucht hatte. Sie hatte ihren gut aussehenden verwegenen Cowboy gefunden und hatte ihr Wildwestabenteuer erlebt. Solange der Willkommensteppich ausgerollt war, konnte sie sich mit Würde zurückziehen. Sie wollte nicht bis zum Ende warten, erleben, wie er darauf lauerte, dass sie endlich packte, damit er das Leben in Angriff nehmen konnte, das er für sich geplant hatte. Sie wollte nicht warten, bis er genug von ihr hatte. Sie wollte gehen, solange sie noch das Verlangen in seinen Augen lesen konnte, solange dieses Leben mit Kindern und Kühen – und einer Frau, ich darf die Frau nicht vergessen, sagte sie sich – noch etwas war, an das er als etwas Zukünftiges dachte.
Ihr Herz würde nicht mehr ganz sein, wenn sie ging – diese Möglichkeit war irgendwo auf dem Weg zwischen einem Rodeo und dem nächsten verloren gegangen –, aber sie würde stilvoll verschwinden. Hoch erhobenen Hauptes und mit intakter Würde.
Es half ein wenig, dass die Krankenschwester des Padre während ihres Aufenthaltes auf der Ranch mit ihr in dem kleinen Dachzimmer schlafen musste. Dies schränkte die Möglichkeiten erheblich ein, in unwürdige Tränen auszubrechen und einem Mann ihre Liebe zu erklären. Denn Tom wollte diese Worte ganz bestimmt nicht von einer Frau hören, die sein letztes Abenteuer, sein Sommerflirt war.
Einige Male war sie in diesem kleinen Zimmer mitten in der Nacht kurz davor gewesen. Das Liebesspiel war in diesem Raum liebevoller, zärtlicher. Vielleicht lag es an dem schmalen Bett, das kaum Möglichkeiten zu wildem sexuellen Gerangel bot, oder an der Notwendigkeit, leise zu sein, um die Jungen nicht darauf aufmerksam zu machen, was sich über
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