Zurueck Aus Afrika
Siedlung bei uns, was für wunderbare Fröhlichkeit sorgt. Wenn es regnet, ziehen wir Gummistiefel an und streifen durch den nahe gelegenen Wald. Meistens schließen sich ein oder zwei andere Kinder an. Ich sauge den Duft nasser Erde förmlich in mich hinein und freue mich über die grünen Wiesen und Wälder. Bei schönem Wetter bauen wir eine Feuerstelle im Wald und grillen mitgebrachte Würste. Das mögen alle Kinder. Ich selbst liebe den Geruch des Feuers, denn er erinnert mich an das Manyattaleben in Kenia. Meine Gedanken drehen sich jedes Mal um eines meiner vielen Erlebnisse an der Feuerstelle.
Oft grille ich auch zu Hause auf dem neuen Holzkohlengrill. An den Wochenenden ist immer etwas los. Entweder fahren wir mit Madeleine oder mit anderen Frauen aus der Gruppe an einen See zum Baden und Picknicken, oder wir gehen in die Berge und unternehmen kleine Wanderungen. Da immer mehrere Kinder und Frauen dabei sind, macht es allen Freude, und so manche wird von dem einen oder anderen Problem abgelenkt. Schon lange habe ich keine so schöne Sommerzeit mehr verbracht. Alles hat sich sehr schnell zum Guten gewendet. Der einzige Wermutstropfen ist, dass ich nicht weiß, wie es Lketinga geht, denn James hat nichts mehr von ihm gehört, seit er den Shop endgültig aufgegeben hat.
Über die Hürden der Bürokratie
Anfang September werde ich aus meinem euphorischen Hochgefühl abrupt herausgerissen. Es geht um meinen Antrag auf ein Familienstammbuch, den ich schon ganz vergessen hatte. Was ich nun lesen muss, zieht mir fast den Boden unter den Füßen weg. Nach deutschem Recht gelte ich noch als verheiratet, was bedeutet, dass Napirai den Familiennamen des Vaters tragen muss, es sei denn, beide Eltern hätten sich auf einen anderen Namen geeinigt. Außerdem ist der Name erst rechtsgültig, wenn er in einem deutschen Familienstammbuch oder in einem Personalausweis eingetragen ist. Zusätzlich soll ich die Geburtsurkunde meines Ehemannes vorlegen. Wie, um Gottes Willen, soll ich eine Geburtsurkunde herbeizaubern, die es gar nicht gibt? Auf einem Formular muss ich tausend Fragen über Lketingas Eltern beantworten. Wie soll ich mir nur all die nötigen Informationen beschaffen von einem Ehemann, von dem mir nicht einmal bekannt ist, wo er sich zur Zeit aufhält?
In meinem Kopf dreht sich alles und mir wird schlecht. Niemals würde Lketinga sein Einverständnis geben, dass Napirai meinen Namen trägt. Die Aufenthaltsgenehmigung in der Schweiz habe ich aber nur auf Grund der Tatsache erhalten, dass wir beide den gleichen Namen und die gleiche Nationalität haben. Ich drehe fast durch vor Angst, dass man mir Napirai wegnehmen könnte. Sollte unsere schöne neu aufgebaute Welt nur wegen ein paar idiotischer Paragraphen einstürzen? Oder sollte Lketinga, der mit unbekanntem Aufenthalt 10.000 Kilometer von uns entfernt lebt, etwa der gesetzliche Vertreter von Napirai sein?
Ich kann es kaum glauben, gehe die Fragen wieder und wieder durch und weiß nicht, wie ich sie jemals beantworten soll. Am liebsten würde ich alles in den Papierkorb werfen. Aber Napirai wird irgendwann einmal einen Personalausweis brauchen und dafür benötigt sie eine anerkannte Geburtsurkunde. Die aber muss in Kenia bestätigt werden. Mein Gott, wie kann das gehen? Langsam weiß ich überhaupt nicht mehr, was ich tun soll. Völlig verzweifelt rufe ich bei meiner Mutter an, die mich zwar zu trösten versucht, mir aber auch nicht weiterhelfen kann.
Da keiner meiner Bekannten über einen solchen Fall Bescheid weiß, rufe ich beim deutschen Generalkonsulat in Zürich an und vereinbare einen Termin. Der zuständige Herr empfängt mich freundlich und zuvorkommend, doch er kann mir auch nicht viel dazu sagen. Die Gesetze seien eben so. Ich solle versuchen, über Lketingas Bruder mehr über die Familie zu erfahren. Dann würde er sehen, was er mit den Angaben anfangen könne und wie weit sie reichen würden.
Erschöpft und schwitzend verlasse ich das Konsulat und weiß im Moment nur, wie schwer alles sein wird. Ich denke an meine geliebten kenianischen Verwandten und daran, wie einfach und archaisch sie leben. Wie kann ich diesen Menschen erklären, dass wir das alles in unserer zivilisierten Welt brauchen? Sie, die nicht einmal ihren Geburtstag kennen und nicht verstehen, warum dieser überhaupt gefeiert wird, sollen nun sogar Angaben über Tote machen! Mir erscheint das absurd.
Weil ich aber keine andere Möglichkeit sehe, schreibe ich James einen langen
Weitere Kostenlose Bücher