Zurueck Aus Afrika
Brief. Ich bitte ihn, all die vielen Fragen, so gut es geht, zu beantworten und sein Schreiben, falls möglich mit Schreibmaschine, von der Mission bestätigen zu lassen. Ich erkläre ihm noch, wie Leid es mir täte, so viel Aufregung ins Dorf bringen zu müssen, aber für Napirai und mich sei dies alles sehr wichtig. Ohne viel Hoffnung schicke ich den Brief ab. Es wird sicher mehr als zwei bis drei Monate dauern, bis ich Bescheid bekomme, da James um diese Zeit in der Schule ist und erst zu Weihnachten nach Hause kommen wird. Napirais Geburtsurkunde und die Heiratsurkunde werden vom Konsulat nach Kenia geschickt, um sie beglaubigen zu lassen. Auch das wird eine Ewigkeit dauern.
Trotz dieser Aufregungen kehrt langsam der Alltag zurück und ich verdränge mögliche schlechte Nachrichten. Irgendwie wird sich auch dieses Problem lösen lassen.
Ein paar Wochen vor Weihnachten laufen meine Personalverkäufe prächtig, da sich die Produkte hervorragend als Geschenke eignen. Mein Chef ist mit mir sehr zufrieden und least für mich einen schönen neuen Wagen, weil mein alter Ford immer häufiger mitten in der Stadt stehen bleibt, wodurch sich schon etliche Terminprobleme ergeben haben. Bei jeder Autopanne jedoch bin ich beeindruckt, wie schnell und unkompliziert geholfen wird. Entweder hält ein anderer Autofahrer oder man ruft den Pannendienst und erhält innerhalb kürzester Zeit Hilfe. Wie anders waren doch die Probleme in Kenia! Da standen wir oft stunden-, wenn nicht tagelang draußen im Busch und niemand kam vorbei, um zu helfen. Mit der Zeit musste ich lernen, allein am Motor herumzubasteln oder die ewigen Reifenpannen selbst zu reparieren. Nur wenn der Landrover einmal im Schlamm oder in tiefem Sand stecken blieb, konnten mir die Einheimischen helfen, indem sie im Busch Holz für eine harte, griffige Unterlage schlugen.
Stolz fahre ich mit dem neuen Wagen zu meiner Arbeitsstelle. Über Nacht hat es geschneit und die Straßen sind voller Matsch. Ich fühle mich sicher, da mir mein Chef beteuert hat, dass ich mit den Allwetter-Reifen auch bei winterlichen Verhältnissen fahren könne. Dennoch fahre ich vorsichtig und langsam. In einer Rechtskurve jedoch gehorcht mir der Wagen nicht mehr, rutscht auf dem matschigen Schnee einfach geradeaus und bleibt erst nach dem Aufprall auf ein geparktes Autos stehen. Ich bin geschockt. Noch nie in meinem Leben hatte ich einen Unfall. Dabei bin ich weiß Gott in Kenia die verrücktesten Wege gefahren, auf die sich sonst kaum jemand wagte. Ich kann mir nicht erklären, wie das passieren konnte, zumal ich um die Kurve förmlich geschlichen bin. Das schöne neue Auto ist an der vorderen Seite schwer beschädigt und das geparkte Auto sieht auch nicht besser aus. Es öffnen sich verschiedenen Wohnungstüren und Fenster und bald steht eine aufgebrachte Frau vor ihrem neuen, nun aber demolierten Auto. Alles tut mir schrecklich Leid und ich muss ständig daran denken, dass mir mein Chef den Kopf abreißen wird. Als der Mann der Geschädigten erscheint, der sich, welch eine Ironie, als Karosseriespengler erweist, sieht er gleich, dass ich keine Winterreifen auf dem Wagen habe. Ich glaube, ich höre nicht richtig und werde langsam hysterisch. Er beruhigt uns zwei Frauen und meint: »So schlimm, wie alles aussieht, wird es schon nicht sein.« Auch mein Chef reagiert am Telefon gelassen und sagt, er schicke einen Abschleppwagen vorbei. So endet meine erste Woche mit dem neuen Wagen. Ich erhalte einen Ersatz, bis mein Auto repariert ist. Den Rest würden die Versicherungen erledigen, beruhigt mich mein Chef. So einfach geht das hier.
Beim Organisieren und Durchführen der Personalverkäufe komme ich immer mehr mit anderen Menschen zusammen. Auch werde ich öfter von dem einen oder anderen Mann zum Essen oder auf einen Drink eingeladen. Bisher habe ich immer abgelehnt. Doch nun habe ich jemanden getroffen, der mir gefällt, und ich nehme seine Einladung an. Wir verabreden uns zum Essen und so gehe ich zum ersten Mal seit meiner Rückkehr aus Kenia mit einem Mann aus, während Napirai bei meiner Mutter übernachtet. Schon während des Essens, beim Erzählen, merke ich, dass mein Vorleben nicht auf allzu viel Begeisterung stößt. »Ach, du hast auch schon ein Kind?«, ist eine der spannenden Bemerkungen seinerseits, wobei der Tonfall alles sagt und der Abend entsprechend schnell endet. Ein anderes Mal muss ich mir anhören: »Aha, du stehst wohl eher auf Schwarze?« Auch wenn ich erzähle,
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