Zurueck Aus Afrika
Haus. Der ganze Garten und alle Fenstersimse sind mit Zwergen dekoriert. Bei diesem Anblick muss ich schmunzeln und trete in gebückter Haltung in das niedrige Wohnzimmer, das mit Fotos, künstlichen Blumen und sonstigem Kitsch überladen ist. Ich setze mich der alten Frau gegenüber an den Stubentisch und bin sehr neugierig, was nun geschehen wird. Zwar bin ich durchaus skeptisch, doch ohne es auszuprobieren, möchte ich das Ganze nicht verurteilen. Während ich die Karten ziehe, setzt sich eine rötliche Katze auf meinen Schoß, und ich habe nun wirklich den Eindruck, in einem Hexenhäuschen zu sitzen. Ich ziehe Karten, eine um die andere, und die Frau beginnt mit der Deutung. Ohne dass ich ihr etwas erzählt hätte, stellt sie als Erstes fest, dass ich wohl mit einem Kind alleine lebe und dies auch noch länger so bleiben wird. Na ja, wegen der Liebe bin ich ja auch nicht gekommen. Ich will wissen, wie es mit einer Arbeit weitergeht und in welche Richtung. Sie schaut immer wieder auf die Karten und bemerkt sachlich, aber doch erstaunt, dass ich eine verrückte Vergangenheit im Ausland gehabt haben muss, die mich bis heute außergewöhnlich stark beschäftigt. Sie schaut mich an und fragt, ob ich viele Briefe schreibe oder auf andere Weise mit der Vergangenheit nicht abschließen könne. Ich antworte kurz, dass ich gerade dabei sei, mein Leben, das ich mit dem Vater meiner Tochter in Afrika geführt habe, aufzuschreiben. »Möchten Sie denn ein Buch schreiben?« »Ja, aber ob ich es veröffentlichen will, weiß ich noch nicht«, antworte ich ehrlich. Sie hört, wie mir scheint, nicht sehr interessiert zu, sondern mischt noch einmal die Karten, worauf ich wieder welche ziehen soll. Nun wird sie lebendig und meint: »Ich kann nur sagen, machen Sie unbedingt weiter so! Das wird ein großer Erfolg werden, ja, ich sehe sogar, weit über unsere Schweizer Grenzen hinaus!« Lachend wende ich ein: »Ja, ja, kann schon sein, aber das ist noch ein langer Weg. Wie sieht es denn mit einem greifbaren Job in unmittelbarer Zukunft aus?« »Es wird alles gut werden«, erwidert sie, »nur dürfen Sie nichts überstürzen und müssen etwas Geduld haben.«
Auf der Heimfahrt habe ich den Eindruck, nicht viel schlauer geworden zu sein. Das mit dem Buch mag ja vielleicht stimmen, schön wäre es, doch erst muss ich es fertig schreiben. Jeden Abend, wenn Napirai schläft und ich ungestört bin, tauche ich in meine Erinnerungen ein und versuche sie festzuhalten. Dieses Ritual ist mittlerweile fast zu einem Zwang geworden. Daheim angekommen rufe ich sofort Hanni an, die mein Schreiben mit großem Interesse verfolgt. Ich teile ihr die Neuigkeiten von der Kartenlegerin mit. Sie ist hocherfreut und lacht: »Ich sage dir das schon seit Jahren! Und du wirst sehen, am Ende gibt es auch noch eine Verfilmung!« Wir müssen beide lachen. Ansonsten vermisst sie sowohl meine geschäftlichen als auch privaten Besuche. Ich gehe nämlich nirgendwo mehr hin, da ich jeden Franken zweimal umdrehen muss, um nicht in Schulden zu geraten.
Nach dreimonatiger Arbeitslosigkeit nehme ich einen neuen Job an, obwohl ich von ihm nicht überzeugt bin. Immerhin ist das besser, als jeden Feitag mit meinem Arbeitslosenblatt bei der Gemeinde anzustehen. Es handelt sich dabei um den Vertrieb von Haarschmuck in Drogerien und Warenhäusern. Bald merke ich, dass mein vorgeschriebenes Kundenpensum so hoch ist, dass ich, wenn ich die Arbeit vollständig erledigen will, selten vor sieben Uhr zu Hause bin und deshalb meine Tochter höchstens noch eine Stunde pro Tag sehen kann. Selten habe ich Zeit, mittags überhaupt noch richtig zu essen und sehe bald wieder krank aus, wie meine Mutter besorgt feststellt. Noch während der Probezeit gebe ich den Job auf, weil ich mit den Nerven am Ende bin.
Außerdem nimmt mich das abendliche Schreiben immer mehr in Anspruch, da ich viele Situationen noch einmal intensiv physisch und psychisch durchlebe. Es kommt vor, dass ich mich nach dem Beschreiben eines Krankheitsverlaufes erneut elend und krank fühle. Bei anderen Situationen muss ich mit dem Schreiben aufhören, weil mir die Tränen über die Wangen laufen. Ab und zu muss ich sogar einige Abende eine Pause einlegen, um neue Kräfte zu sammeln, da ich nun mit dem Schreiben nach etwa acht Monaten allmählich zum Ende komme, ohne aber eine genaue Vorstellung zu haben, wo ich aufhören werde.
In einem neuerlichen Brief bedankt sich James für die Fotos von Napirai. Mama und auch
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