Zurueck Aus Afrika
machen wir einen Lunchstopp. Ich bin froh, eine Pause einlegen zu können, denn nun spüre ich extrem, dass wir mittlerweile auf 4.500 Höhenmetern angekommen sind. Es weht ein kalter Wind. Wieder sitzen wir im Windschatten großer Felsen an dem uns inzwischen vertrauten Tisch, als sich plötzlich ein Eisregen über uns ergießt. Die Führer mahnen zur Eile, da das Wetter sehr schnell übel werden kann und wir im Nebel nicht mehr viel sehen könnten. Ich fühle mich etwas erschöpft, doch insgesamt für diese Höhe noch einigermaßen gut. Franz geht es immer schlechter. Er und auch sein Sohn haben starke Kopfschmerzen. Der Führer fragt uns, ob wir noch bis zum Lava Tower hochsteigen wollen oder lieber den kürzeren Weg zu unserem nächsten Camp nehmen möchten. Franz entschließt sich für den unteren Weg. Ich überlege kurz, ob ich mit ihm gehen soll. Als sich jedoch das junge Paar voller Energie für den Aufstieg entscheidet, schließen wir anderen uns an.
Tatsächlich wird das Wetter wieder besser und nach einer kurzen Wanderung stehen die großen, bizarren Felsen des Lava Towers vor uns. Der Führer gratuliert jedem zum Erreichen der 4.600-Meter-Marke. Endlich geht es mir besser und ich verspüre so etwas wie Euphorie, verbunden mit der Zuversicht, dass dieses Abenteuer doch noch auf den Gipfel führen könnte. Nach einer kurzen Fotopause beginnen wir den Abstieg. Hinunter läuft es sich in dieser Höhe natürlich dreimal schneller. Bald schon führt uns der Weg durch wunderschöne Lobelien und Senecien. Diese Pflanzen wachsen zwischen den dunklen Steinen mehrere Meter in die Höhe und passen irgendwie nicht hierher. Manchmal sehen sie in der Ferne fast wie ein Palmengarten aus. Je weiter wir absteigen, desto mehr beleben Erikagewächse wie silberweiße Tupfen den dunklen Steinboden.
Kurz vor vier Uhr blicken wir von oben auf unser Camp hinunter. An den verschiedenfarbigen Zelteinheiten erkennt man die jeweiligen Gruppen. Außer uns sind noch zwei weitere unterhalb des Kilimandscharo-Südgletschers auf 3.950 Meter angekommen. Es ist sehr kühl. Im Küchenzelt herrscht emsiges Treiben. Immer wenn wir im Camp ankommen, steht alles schon bereit. Jeder hat sein eigenes Zelt und darin befindet sich die jeweilige Reisetasche. Wir treffen wieder auf Franz, dem es nach wie vor nicht gut geht. Er hat Fieber und überlegt, ob er sich auf der Safari eventuell eine Malaria geholt haben könnte, da er keine Prophylaxe eingenommen hat. Doch mit meinen früheren Malaria-Erfahrungen decken sich seine Symptome längst nicht, was einigermaßen beruhigend ist. Hans hat durch den schnellen Abstieg noch stärkere Kopfschmerzen bekommen, möchte aber keine Tabletten nehmen.
Zum wiederholten Mal stelle ich mein Handy an und bemerke nun hocherfreut, dass ich hier Empfang habe. Sofort melde ich mich bei meinen Lieben zu Hause. Endlich höre ich Markus’ Stimme. Als er besorgt nachfragt, wie es mir denn bis jetzt ergangen ist, schießen die Tränen aus meinen Augen. Erschrocken über meine Reaktion antworte ich, dass es mir körperlich ganz gut geht, ich mich aber irgendwie fehl am Platze fühle. Das Reisen in Gruppen kenne ich nicht und habe mir das völlig anders vorgestellt. Außerdem zweifle ich an meiner Kondition. Markus versucht mich aufzumuntern und als ich höre, dass mit Napirai alles bestens läuft, werde ich ruhiger. Kurz darauf habe ich sie selbst am Telefon. Sie meint locker: »Mama, mach dir keine Gedanken, du schaffst das schon, und hier ist eh alles in Ordnung!« Ich merke, wie mein Herz schmilzt, und gleichzeitig spüre ich intensiv, dass diese zwei Menschen das Wichtigste in meinem Leben sind.
Das Telefonat hat mir viel Kraft gegeben. Endlich kann ich wieder lachen. Selbst der Führer merkt, dass es mir seelisch viel besser geht. Pessimistische und depressive Phasen sind mir eigentlich fremd. Mir ist auch nicht klar, was die Ursache war: Die ungewohnte Höhe, die Tabletten gegen die Menstruation oder gegen die Malaria oder einfach diese ganze komische Gruppensituation. Nur beim Abendessen kann ich noch nicht mit Appetit zulangen, obwohl ich auch diesmal staune, was die Köche auf den Tisch zaubern: Von einer köstlichen Tomatensuppe bis hin zu Pasta mit frischem Gemüse oder wunderbarem Curryreis mit Fleisch. Ich habe nur ein großes Verlangen nach rohen Karotten und bekomme diese auch sofort mit Orangenscheiben liebevoll dekoriert. Beim Essen erklärt uns Franz, falls es ihm bis morgen gesundheitlich nicht besser
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