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Zurück im etwas anderen Tunesien

Zurück im etwas anderen Tunesien

Titel: Zurück im etwas anderen Tunesien Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J Derouich
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ich kann ihn so gerade stoppen, ehe er weitere Zutaten untermischen möchte, die in einer Tajine so gar nichts zu suchen haben. Ich will jetzt auch lieber nicht wissen, was der kleine Frechdachs da heute schon alles versenkt hat. Die Damen sind alle sehr fleißig und ich soll von jeder schöne Fotos bei der Arbeit machen. Ich schau zu Fausia rüber, die zwischen drei besonders großen Töpfen steht, in denen sie Zwiebeln und Fleischstücke für Marga anbrät. Ich fass es nicht, jetzt gießt sie noch literweise Tomatenpüree in die Töpfe und rührt alles mit einem XXL-Lattenzaunbrett unter. Ein Anblick für die Götter, denn der Spezialkochlöffel ist fast größer als Fausia selber. Wenn ich diese Mengen so betrachte, dann kann ich schon grob ahnen, wie viele Gäste heute Abend erscheinen werden. Leila's kebira Einladungsliste hat also doch gestimmt.
    Es ist kurz vor 14 Uhr, doch Leila und Noura, mit denen ich zum Frisör möchte, sind noch nicht so weit. Leila flitzt schnell zum Frisörsalon hinüber und gibt dort Bescheid, dass wir zirka eine Stunde später kommen werden. Super, tagelang hatte sie sich bemüht und organisiert, dass wir drei einen Termin für 14 Uhr bekommen, damit wir nicht warten müssen. Und nun war ihre ganze Mühe vergebens. Ich kann es jetzt nicht ändern und muss geduldig abwarten, bis die beiden startklar sind. Beide Cousinen springen schnell unter die Dusche und in mir kommt ein leiser Verdacht auf, dass es heute noch zu einigen Komplikationen kommen wird. Beide waschen sich die Haare und ich frage mich, ob man hier in Tunesien die Haare zu Hause waschen muss, bevor man zum Frisör geht! Beide sind überfragt und können mir keine Antwort geben. Ich bin selbstverständlich davon ausgegangen, dass das dort gemacht wird, und habe meine Haare natürlich nicht extra gewaschen. Die Beiden meinen, dass wir das gleich beim Frisör klären müssen und ich bin leicht verwirrt. Meine Laune klettert mal wieder Richtung Keller und ich bin ganz gespannt, was das heute noch geben wird.
    Gegen 15 Uhr gehe ich mit Leila endlich rüber. Noura ist immer noch nicht fertig, aber auf die können wir jetzt nicht länger warten. Da es gleich lustig wird, nenn ich die Inhaberin und ihre Mitarbeiterin ab jetzt einfach mal Friseuse und Frisöschen.
    Vor diesem Termin sind wir schon einige Male, zwecks Terminabsprache, in diesem Saunafriseurladen gewesen und irgendwie war dieser immer proppenvoll mit vermeintlichen Kundinnen. Schon beim letzten Besuch hatte ich allerdings das Gefühl, das es immer dieselben Gesichter waren und ich konnte mir nicht vorstellen, dass die sich tagtäglich dort die Haare richten lassen. Auf jeden Fall rechne ich durch unsere Verspätung nun mit einem überfüllten Laden und bin erstaunt, dass keine weiteren Kundinnen anwesend sind. Der Laden ist recht klein und nur spärlich eingerichtet. Rechts zwei Frisierplätze, links ein Sofa und hinten, hinter einem Vorhang, gibt es eine Beautyecke mit einer Liege. Der Laden wirkt verlassen und Friseuse und Frisöschen sitzen auf dem Sofa in der Ecke.
    Oh, da haben sie wohl wirklich viel Zeit für uns drei eingeplant und vermutlich allen anderen Kundinnen abgesagt. Wie peinlich, aber dann kann es wenigstens jetzt gleich losgehen.
    Falsch gedacht! Ich glaube sie nehmen uns die Verspätung etwas übel, denn Friseuse und Frisöschen bleiben seelenruhig auf dem Sofa sitzen. Friseuse packt ein Harkousfläschchen aus und fängt in aller Ruhe an ihrer Mitarbeiterin ein Tattoo auf die Hand zu malen. Strich für Strich, Punkt für Punkt. Gaaaaaaanz laaaaaangsam!
    Ich glaub es jetzt nicht, die lassen uns einfach stehen und strafen uns mit Nichtbeachtung?
    Leila scheint das nicht zu stören und gibt mir einen Stuhl, auf den ich mich setzen soll. Frisöschen strahlt mich an und beginnt wieder mit ihrem Lieblingsthema. Immer wenn sie mich sieht, fragt sie mich, ob ich in Deutschland keinen reichen alten Rentner kenne, der sie vielleicht heiraten würde. Es wäre ihr auch egal, wie dieser aussieht. Er muss nicht schön sein, nur etwas Geld haben. Na die haben hier Vorstellungen, da kann man nur mit dem Kopf schütteln. Sie erzählt von ihren Traumvorstellungen, während Friseuse nun die andere Hand verziert. Die Zeit schreitet weiter voran, und da der Bogen noch nicht genug überspannt ist, malt sie jetzt noch Tattoos auf beide Beine.
    Normalerweise wäre ich spätestens jetzt geplatzt, aber ich lehne mich ganz entspannt in meinem Plastikstuhl zurück und denke

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